Seite:Der Fürst (Machiavelli Regis) 121.jpg

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werde. Eben so ist es auch mit dem Glück, das seine Macht da fühlen läßt, wo keine geordnete Tugend ist, ihm zu widerstehen, und seine Stürme dahin wirft, wo es weiß daß keine Dämme noch Deiche bereitet sind, ihm Einhalt zu thun. Und wenn ihr Italien, welches der Sitz dieser Wechsel ist, betrachten wollt, und was dazu den Anstoß gegeben, so werdet ihr finden, daß es ein Feld ohne Dämme ist und ohne irgend einigen Schutz: da, wenn es durch die gebührende Tugend geschützt worden wäre, wie Teutschland, Spanien und Frankreich, diese Überschwemmung die großen Wechsel, die sie gewirkt hat, nicht hätte wirken können, oder gar nicht gekommen wär. – Und dieß möge vom Widerstande gegen das Glück im Allgemeinen genug gesagt seyn. Um aber mehr auf das Besondre mich einzuschränken, sage ich: wir sehen einen Fürsten heute glücklich seyn und morgen fallen, ohne zu sehen daß er im Mindesten seine Natur noch Art geändert hätte. Dieß liegt, wie ich glaube, zunächst in denen Gründen, die wir bisher ausführlich besprochen: daß nämlich der Fürst, der sich durchaus auf das Glück stützt, fällt, wenn dieses wechselt. Und ferner glaube ich, glücklich wird Der seyn, der seine Verfahrungsweise nach der Beschaffenheit der Zeiten abwägt, und eben so, unglücklich Der, zu dessen Verfahren die Zeiten nicht stimmen. Weil man bemerkt, daß die Menschen in Dingen, die sie zu ihren Zwecken führen (dergleichen Jeder vor Augen hat, als: Ruhm und Reichthum) verschiedentlich zu Werke gehen, der Eine mit Bedacht, der Andre mit Heftigkeit, der Eine mit Gewalt, der Andre mit List, der Eine mit Geduld, der Andre mit deren Gegentheil: und Jeder kann auf diesen verschiednen Wegen dazu gelangen; ja man sieht, von zwey Bedächtigen, den

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Niccolò Machiavelli: Der Fürst. Stuttgart, Tübingen 1842, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_F%C3%BCrst_(Machiavelli_Regis)_121.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)