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angesehene Einwohner und deren Dienstleute, mit Gewalt aus den Häusern zu holen und zum Kampfe auf die Barrikaden zu führen: ein eigenthümlicher Widerspruch mit der proklamirten Freiheit, mit der Abwerfung jedes Zwanges, mit der Herabwürdigung des angeblich durch knechtische Furcht in den Kampf getriebenen Militairs.

Hand in Hand mit diesem Pressen von Freiheits-Kämpfern ging die Verhaftung vieler der Provisorischen Regierung oder den übrigen Häuptern des Aufstandes, oft auch nur einzelnen Barrikadenkämpfern, mißliebiger oder verdächtiger Personen. Unter der Bezeichnung von Spionen traf dies Schicksal 70 bis 80 Individuen verschiedener Stände: unter Andern auch einen seit Jahren unter dem Namen eines Grafen v. Stolzenberg ruhig als Privatmann in Dresden lebenden Prinzen von Anhalt-Dessau.

Nachdem überhaupt eins der Haupt-Organe der demokratischen Parthei, die Dresdner Zeitung (in ihrem Bülletin No. 107.) es gerühmt hatte, daß man endlich den abgeschmackten gesetzlichen Boden verlasse und den revolutionären, als den allein gesetzlichen, anerkenne, nahm der Terrorismus nicht allein gegen Personen, sondern auch gegen das Eigenthum, immer mehr überhand. Nicht allein entnahmen die oft zerlumpten Barrikaden-Kämpfer auf die von der Provisorischen Regierung ausgestellten Lieferscheine, Lebensmittel und Kleidungsstücke, wo sie dieselben irgend fanden; sondern sie erbrachen unter diesem Vorwande auch mehrere Wohnungen und Läden, eigneten sich zu, was ihnen anstand und verschleuderten den Raub zu Spottpreisen[1].


  1. In öffentlichen Blättern, wie in Privat-Beschwerden ist späterhin versucht worden, den kämpfenden Truppen, besonders auch den Preußischen, die Schuld dieser Verluste aufzubürden.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Waldersee: Der Kampf in Dresden im Mai 1849. E. S. Mittler und Sohn, Berlin 1849, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_in_Dresden_im_Mai_1849.pdf/142&oldid=- (Version vom 31.7.2018)