Seite:Der Ritualmord vor den Gerichtshöfen (1902).djvu/4

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und komme zu dem Resultate, daß es weder einen christlichen noch jüdischen Ritualmord jemals gegeben habe, und daß alle Gründe, die man auch in der Gegenwart noch für den jüdischen Ritualmord geltend gemacht habe, vor der Leuchte der Wissenschaft in Nichts zerfielen, so daß dem Apostolischen Stuhle in Rom, der schon vor sechshundert Jahren und in der Folgezeit öfters die Anklage wegen Ritualmords als eine falsche Beschuldigung der Juden verboten habe, eine Rechtfertigung in dieser Schrift zu teil geworden sei.“ Dann wird aber, wie in den „Historisch-politischen Blättern“, noch beigefügt: „Freilich wird wohl zu unterscheiden sein zwischen „Ritualmord“ und zwischen einem in jüdischen Volkskreisen vielleicht existierenden Aberglauben, der da und dort zu auffallenden Vorkommnissen geführt haben mag.“ Augsburger Postzeitung Nr. 113 v. 19. Mai 1901. Beil. Nr. 27 (S. 216.)

Ebenso hat auch ein hochstehender Beamter, der die wissenschaftliche Gründlichkeit und volkstümliche Darstellung meiner Schrift gelobt hat, zum Schlusse doch gemeint: „Immerhin bleibt noch die Frage offen, ob es nicht Fanatiker und geheime Sekten giebt, die das Menschenopfer als ein Gott wohlgefälliges Werk betrachten.“

So verwandelt sich im Handumdrehen der christliche Aberglaube vom jüdischen Ritualmord in einen jüdischen Aberglauben vom Blutgenuß, und nachdem sich der christliche Aberglaube vom Ritualmord vor meiner Schrift in der Öffentlichkeit nicht mehr halten kann, zieht er sich, in einen jüdischen Aberglauben verwandelt, in die Schlupfwinkel „geheimer Sekten“, „jüdischer Volkskreise“, „einzelner Judengemeinden“ zurück, um dort ein Versteck zu finden, wo er sein Leben noch einige Zeit fristen kann.

Das ist übrigens nichts Neues, denn so hat der Aberglaube es stets gemacht. Ich will versuchen, in Kürze den Nachweis hierfür zu liefern, und hoffe zuversichtlich, daß es mir dabei auch gelingen wird, den christlichen Aberglauben vom jüdischen Ritualmord aus seinen letzten Schlupfwinkeln zu vertreiben und ihm das Lebenslicht vollends auszublasen.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Frank: Nachträge zu „Der Ritualmord vor den Gerichtshöfen der Wahrheit und Gerechtigkeit“. Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz Buch- und Kunstdruckerei A.-G. München-Regensburg, Regensburg 1902, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Ritualmord_vor_den_Gerichtsh%C3%B6fen_(1902).djvu/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)