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Die Friedenskonferenz v. 1899.

Die erste Friedenskonferenz vom Jahre 1899, an der die Bevollmächtigten von 26 Staaten teilnahmen, ist bekanntlich auf Veranlassung der russischen Regierung zusammengetreten; ihre Beratungen dauerten 11 Wochen (von Mitte Mai bis Ende Juli). Denselben lag ein von der russischen Regierung entworfenes Programm zugrunde, das ein dreifaches Ziel verfolgte:

1. Vereinbarung einer Frist, während welcher die gegenwärtigen Effektivstärken der Land- und Seestreitkräfte, sowie die Kriegsbudgets nicht erhöht werden dürfen und Anstellung einer Untersuchung, um in der Zukunft eine Verminderung der Kriegsbudgets und der Effektivstärken zu erreichen.

2. Kodifikation des Landkriegsrechts durch Revision der auf der Brüsseler Konferenz vom Jahre 1874 ausgearbeiteten, aber nicht ratifizierten Deklaration über die Kriegsgebräuche und Gesetze.

Im Zusammenhang damit waren verschiedene Milderungen des Kriegsrechts überhaupt vorgeschlagen. a) Vor allem sollte die zunächst für den Landkrieg berechnete Genfer Konvention vom Jahre 1864 über die Behandlung der Verwundeten und die Unverletzlichkeit der Feldlazarette und ihres Personals auf den Seekrieg übertragen und demselben angepaßt werden. b) Sodann war vorgeschlagen ein Verbot der Einführung neuer Feuerwaffen und Explosivstoffe in den Landheeren und Flotten und der Anwendung stärker wirkender Pulversorten als der gegenwärtig in Gebrauch befindlichen für Gewehre und Kanonen, ferner die Einschränkung der Verwendung schon vorhandener Explosivstoffe von verheerender Wirkung für Landkriege, und ein Verbot, Geschosse oder irgendwelche Explosivstoffe von einem Luftballon aus oder durch Benutzung ähnlicher Mittel zur Verwendung zu bringen, endlich ein Verbot, in Seekriegen unterseeische Torpedoschiffe oder andere Zerstörungsmittel gleicher Art zu benutzen und in Zukunft Kriegsschiffe mit Rammsporn zu bauen.

3. Die grundsätzliche Annahme der guten Dienste, der Vermittlung und des fakultativen Schiedsverfahrens, um bewaffnete Zusammenstöße zwischen den Völkern zu vermeiden, sowie eine Verständigung betreffs der Anwendung dieser Mittel und Aufstellung eines einheitlichen Verfahrens für diese Anwendung.

Gegenüber diesem reichhaltigen Programm war das Ergebnis der Konferenz ein ziemlich dürftiges. Was nämlich zunächst die sog. Abrüstungsfrage anlangt, so einigte sich die Konferenz lediglich auf eine Resolution dahingehend, daß eine Einschränkung „der gegenwärtig die Welt bedrückenden Kriegslasten im Interesse des materiellen wie moralischen Fortschritts der Menschheit“ sehr wünschenswert wäre. Im Anschlusse an diese Resolution wurde der Wunsch ausgesprochen, daß die Regierungen neuerlich die Möglichkeit einer Verständigung über eine Beschränkung der Land- und Seestreitkräfte und der Kriegsbudgets in Erwägung ziehen möchten.

Anlangend sodann die Regelung des Kriegsrechts und die Milderungen desselben, so wurde in der Tat eine, die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges betreffende Vereinbarung festgestellt.

Ferner wurde eine Vereinbarung über die Anwendung der Genfer Konvention auf

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 328. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/344&oldid=- (Version vom 31.7.2018)