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6. über gewisse Beschränkungen in der Ausübung des Beuterechts im Seekrieg[1];

7. über die Rechte und Pflichten der Neutralen im Falle eines Seekriegs;

8. über die Errichtung eines internationalen Prisenhofs, das insofern eine bedeutsame Änderung des geltenden Rechts beabsichtigt, als ein internationaler Prisengerichtshof geschaffen werden soll, der gegen die Entscheidung der nationalen Prisengerichte soll angerufen werden können, während bisher ein derartiges Anrufen einer internationalen, über dem nationalen Prisengericht stehenden Instanz ausgeschlossen war.

Außerdem sind noch zwei Vereinbarungen festgestellt worden, nämlich: 1. ein Abkommen, betreffend die Beschränkung der Anwendung von Gewalt bei der Eintreibung von Vertragsschulden, das bestimmt, daß bei der Eintreibung von Vertragsschulden, die bei der Regierung eines Landes von der Regierung eines anderen Landes für deren Angehörige eingefordert werden, nur dann zur Waffengewalt geschritten werden darf, wenn der Schuldnerstaat ein Anerbieten schiedsgerichtlicher Erledigung ablehnt oder unbeantwortet läßt oder im Falle der Annahme den Abschluß des Schiedsvertrags vereitelt oder nach dem Schiedsverfahren dem Schiedsspruche nicht nachkommt.

2. Das Abkommen zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle, das das Abkommen gleichen Inhalts vom Jahre 1899 ersetzen soll und dessen Bestimmungen in einzelnen Punkten verbessert hat. Namentlich hat eine Ausgestaltung des dritten Titels über die internationalen Untersuchungskommissionen stattgefunden, sodann sind Lücken in dem Verfahren vor dem Haager Schiedsgericht ausgefüllt worden, und endlich ist im vierten Titel ein viertes Kapitel hinzugefügt worden, durch welches ein abgekürztes Schiedsverfahren neu eingeführt wird.

Dieses Abkommen beruht ebenso wie das vom Jahre 1899 auf dem Grundsatze der fakultativen Schiedssprechung. Deshalb ist in demselben nirgends die Verpflichtung ausgesprochen, daß die Staaten ihre etwaigen Streitigkeiten lediglich im Wege der Schiedssprechung erledigen müssen. Vielmehr heißt es in den §§ 37 und 38, daß die internationale Schiedssprechung die Erledigung von Streitigkeiten zwischen den Staaten durch Richter ihrer Wahl zum Gegenstände hat, und daß in Rechtsfragen und in erster Linie in Fragen der Auslegung oder der Anwendung internationaler Vereinbarungen die Schiedssprechung als das wirksamste und zugleich der Billigkeit am meisten entsprechende Mittel anerkannt wird, um die Streitigkeiten zu erledigen, die nicht auf diplomatischem Wege haben beseitigt werden können und daß es daher wünschenswert wäre, daß bei Streitigkeiten über die vorerwähnten Fragen die Vertragsmächte eintretendenfalls die Schiedssprechung anrufen, soweit es die Umstände gestatten.

Allerdings wurde auch auf dieser Konferenz im Widerspruch mit ihrem Programme die Frage der obligatorischen Schiedssprechung aufgeworfen und sogar der Vorschlag


  1. Vgl. hierüber sowie über den Inhalt des Abkommens über den Internationalen Prisenhof. Stengel, Die Bedeutung des Seebeuterechts in der Gegenwart. Flotte vom Jahre 1911, S. 134ff.
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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/347&oldid=- (Version vom 31.7.2018)