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Shiga und Kruse 1898 nach, daß für die meisten Formen unserer einheimischen Ruhr ein wohl charakterisiertes Stäbchen von geringer Resistenz als Ursache der Krankheit zu betrachten ist, Pfeiffer entdeckte den Erreger der Influenza. Als Ursache der Genickstarre wurde von Weichselbaum im Jahre 1887 ein Diplokokkus erkannt, der auch in dem Rachen von Gesunden vielfach konstatiert wurde. In einer kurzen Spanne Zeit war eine wichtige Entdeckung der anderen gefolgt, nachdem in den vorhergehenden Jahrzehnten nur die Ätiologie des Rückfallfiebers und der Malaria geklärt war. Aber auch zur genaueren Kenntnis dieser Erkrankungen trugen Kochs und seiner Schüler Arbeiten und Anregungen wesentlich bei. Dagegen sind die Erreger von Tollwut, Masern, Scharlach und Pocken bisher nicht mit Sicherheit bekannt.

Die neuen Funde ließen die Möglichkeit einer rationelleren Bekämpfung der übertragbaren Erkrankungen erhoffen, als sie seither möglich war. Auf diesen Erwartungen aufbauend entstand das Reichsgesetz betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten, das am 30. Juni 1900 Gesetzeskraft erlangte.

Dieses bestimmt, daß jede Erkrankung und jeder Todesfall an Aussatz (Lepra), Cholera (asiatischer), Fleckfieber (Flecktyphus), Gelbfieber, Pest (orientalischer Beulenpest), Pocken, sowie jeder Fall, welcher den Verdacht dieser Krankheiten erweckt, unverzüglich der zuständigen Polizeibehörde anzuzeigen ist. Diese Anzeigepflicht ist durch Bekanntmachung des Reichskanzlers auch auf den Milzbrand ausgedehnt worden.

Nach den meisten landesrechtlichen Gesetzen sind außerdem jede Erkrankung und jeder Todesfall an Diphtherie, Genickstarre, Kindbettfieber, Körnerkrankheit, Rückfallfieber, übertragbarer Ruhr, Typhus, Scharlach, Rotz, Tollwut, Fleisch-, Fisch- und Wurstvergiftung sowie Trichinose möglichst umgehend nach erlangter Kenntnis anzuzeigen. In einzelnen Bundesstaaten sind auch Fälle von Masern, Röteln, Mumps, Keuchhusten, Beri-Beri und Skorbut sowie Todesfälle von Kehlkopf- und Lungentuberkulose anzeigepflichtig.

Die Cholera. – Hamburg 1892.

Die erste Seuche, welche den Regierungen Veranlassung gab, energischere Maßnahmen zu ergreifen und ihre Wirksamkeit zu erproben, war die Cholera, welche 1892 vermutlich von Havre in Hamburg eingeschleppt wurde und dort fast explosionsartig zum Ausbruch kam. Als Herd der Infektion war die Elbe zu betrachten, deren Wasser infolge des trockenen Sommers mit Ebbe und Flut in dem Elbbecken hin und her wogte und direkt, nach Klärung in einigen Bassins, in die Wasserleitung Hamburgs übergeführt wurde. Die erste wichtige Tatsache, welche die Studien in der Hamburger Epidemie lehrten, war die Bestätigung der Entdeckung von Robert Koch. In jedem Fall typischer Cholera asiatica wurden die Komabazillen gefunden; aber noch eine weitere Beobachtung wurde gemacht. Nicht allein bei Cholerakranken, sondern auch bei Menschen, welche keine Erscheinungen von Cholera darboten, aber mit Kranken in Berührung gekommen waren, ließen sich längere Zeit Cholerabazillen im Stuhlgang nachweisen. Diese Beobachtung war geeignet, viele seither merkwürdige Fälle von Choleraverschleppung zu erklären. Die gleiche Beobachtung wurde in der Folge

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/285&oldid=- (Version vom 31.7.2018)