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Anonym: Edda

Wölundur.
25
Ich beßre dir so   den Bruch am Goldring,

Deinen Vater   dünkt er schöner,
Deine Mutter   merklich beßer;
Aber dich selber   noch eben so gut. —

26
Er betrog sie mit Meth,   der schlauere Mann;

In den Seßel sank   und entschlief die Maid.
„Nun hab ich gerochen   Harm und Schäden
Alle bis auf Einen,   den unheilvollen.

27
„Wohl mir,“ sprach Wölundur:   „wär ich auf den Sehnen,

Die mir Nidudurs   Männer nahmen.“
Lachend hob sich   in die Luft Wölundur;
Bödwild wandte   sich weinend vom Holm
Um des Friedels Fahrt sorgend   und des Vaters Zorn.

28
Außen stand Nidudurs   arges Weib,

Ging hinein   den ganzen Saal entlang;
— Auf des Saales Sims   saß er, und ruhte —
„Wachst du, Nidudur,   Niaren-Drost?“ —


Nidudur.
29
Immer wach ich,   wonnelos lieg ich,

Mich gemahnts   an meiner Söhne Tod.
Das Haupt friert mir   von deinen falschen Räthen:
Nun wollt ich wohl   mit Wölundur rechten:

30
Bekenne mir, Wölundur,   König der Alfen,

Was ward aus meinen   wonnigen Söhnen?


Wölundur.
31
Erst sollst du alle   Eide mir leisten,

Bei Schwertes Spitze   und Schiffes Bord,
Bei Schildes Rand   und Rosses Bug,

32
Daß du Wölundurs   Weib nicht tödtest,

Noch meiner Braut   zum Mörder werdest,
Hätt ich ein Weib auch   euch nah verwandt,
Oder hätte hier   im Haus ein Kind. —

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/139&oldid=- (Version vom 31.7.2018)