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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

Bauern viel zu wenig, manche sind ganz theilnahmlos darin und überlassen es dem Yankee, ihr Beamter zu sein.

Diejenigen unter den Einwanderern, welche in den Städten ohne Geld und Kenntnisse sitzen bleiben, fangen ärmlich an; sie finden zwar bald Verdienst und haben reichlich zu leben, bequemen sich aber auch zu den schmutzigsten Arbeiten und kaufen die schlechtesten Lebensmittel. Auch die Dienstboten bestehen aus Irländern oder Deutschen, letztere werden natürlich bei weitem vorgezogen. Diese Leute, welche ein gutes Dritttheil der deutschen Bevölkerung ausmachen, sind es, von denen englische Amerikaner am liebsten ihre Mißachtung gegen die Deutschen hernehmen; denn die englischen sind der Regel nach entweder Loafer[WS 1] oder sie betreiben ein größeres Geschäft, zu den kleinen schmutzigen Arbeiten können sie sich nur schwer verstehen. Für Kirchen- und Stadtangelegenheiten lassen diese ärmern Deutschen sich dann und wann in Bewegung setzen. Es giebt eine Menge Wirthshaushelden unter ihnen, jedoch sehr selten einen bloßen Herumstreicher. Manche, welche in Deutschland mäßig waren, verfallen hier in die Gewohnheit des Trinkens. Wegen der Giftstoffe aber, die den gebrannten Wassern und eingebrachten Weinen beigemischt sind, sowie des Wechsels und scharfen Eindrucks des Klimas wegen, entsittlicht das Trinken in Amerika viel mehr, als in Deutschland, und bringt Manchen in ein frühes Grab. Einige der ärmeren Deutschen verheirathen sich mit englischredenden Mädchen. Es soll aber der Regel nach nicht gut thun, weil der Deutsche zu viel Thätigkeit von der Frau und sie von ihm zu viel Feinheit und Vergnügen verlangt. Die Amerikanerin heirathet aber gern den Deutschen, weil er brav und warmherzig ist und ihr und den Kindern ein sicheres Fortkommen bereitet.

Selten ist es, daß unsere Landsleute auf dieser niedrigen Stufe, über welche der gewöhnliche Irländer nicht hinweg kommt, mehr als ein paar Jahre bleiben. Sie erwerben sich bald etwas Geld und gehen dann entweder mit Ansiedlungsgesellschaften, die sich fortwährend in den Städten bilden, nach dem Westen, oder fangen ein größeres Geschäft an. Letzteres wird ihnen nicht schwer gemacht, da in Gewerben unbeschränkte Freiheit herrscht und der Amerikaner in Geschäften großes Zutrauen schenkt und nimmt. Nächst dem Landmann geht es nun diesen Städtern am besten. Höhere Anregung fühlen sie nicht besonders in sich, und ihre Geschäfte gehen gut und ohne viel Sorge und Arbeit. Die jüngeren unter den Deutschen fangen indessen schon an, verwegener in ihren Unternehmungen zu sein, und tummeln sich in allen Arten von Geschäften umher. Freudig zu sehen ist es insbesondere, wie männlich und anständig sich hier die jungen Handwerker entwickeln, welche in Deutschland oft so erniedrigend behandelt werden. So klug und ehrenwerth aber auch dieser mittlere Bürgerstand, wie man in Deutschland sagt, in Amerika ist, so schwer ist er für eine allgemeine Sache zu begeistern. Erst allmählig fangen sie an, um die Politik sich gleich den übrigen Amerikanern zu kümmern. Weil sie aber in ihren Häusern deutsches Familienleben und deutsche Geselligkeit rein und gemüthlich erhalten und mit dem Yankee nur in Geschäften zu thun haben wollen, so geben sie dem Deutschgesinnten die sicherste Hoffnung.




Blätter und Blüthen.

Auch ein Diebsfänger. Constantinopel besitzt einen geheimen Polizeimann, der sich an Schlauheit und Kühnheit mit den berühmtesten seiner deutschen und französischen – Kunstgenossen sehr wohl messen kann. Er heißt Dindar Aga und war, gleich manchem andern gefürchteten Diebsjäger, in früherer Zeit selbst ein Uebelthäter. Während er aber Strafe für seine kühnen Griffe im türkischen Arsenal auf Cypern erlitt, erkannte er plötzlich das Unrecht, das er bis dahin sich hatte zu Schulden kommen lassen, wie er gleichzeitig einsah, der mahomedanische Glaube habe – für ihn – Vorzüge vor dem christlichen, in welchem ihn seine christlichen Aeltern hatten erziehen lassen. Er bekehrte sich deshalb zu den Lehren Mahomed’s und ward unter der Bedingung aus dem Gefängnisse entlassen, daß er seine vielfachen Erfahrungen zu Gunsten des Rechts und der Gerechtigkeit verwende. Hier unter tausenden ein Beispiel, wie er dabei zu Werke ging.

Vor mehreren Jahren wurden der Gemahlin des österreichischen Gesandten Diamanten von großem Werthe durch einige ganz besonders schlaue und freche Diebe gestohlen. Für die Wiedererlangung des Schmuckes setzte man eine bedeutende Belohnung aus und unser Herr Dindar erhielt Auftrag die Diebe zu ermitteln. In den nächsten acht Tagen schon hatte der Polizeimann, dem die Natur eine ungemein feine Nase gegeben, eine Spur von den Thätern ermittelt. Es waren mehrere und da sie die Juwelen nicht wohl in Constantinopel zum Verkaufe ausbieten konnten, hatten sie sich vorgenommen dieselben nach Teheran (in Persien) zu bringen, wo sie den Schmuck bald und zu hohem Preise zu verwerthen hofften. Dindar erfuhr, welchen Weg die Diebe auf dieser Reise nehmen wollten und als dieselben in Kars angekommen waren, erschien – ein Handelsmann aus Kurdistan in hoher Mütze von schwarzem Schaffell und langem Kaftan, in dem Caravanseraï, in welchem sie ausruheten, und wußte im Gespräche ihnen pfiffig das Geständniß abzulocken, daß sie Diamanten zu verkaufen hätten. Der angebliche Handelsmann, der kein anderer war als unser Freund Dindar, bot für die Edelsteine eine hübsche Summe, um den Verkäufern die beschwerliche weitere Reise nach der Hauptstadt des Schahs zu ersparen. Nach langem Feilschen willigten die Diebe ein, die Diamanten für neunzigtausend Piaster (etwa sechstausend Thlr.) zu verkaufen; unter scheinbarem Zögern brachte der Handelsmann einen schweren Lederbeutel hervor und zählte daraus die Summe auf. Das Geld aber war von Falschmünzern in England oder Rußland fabrizirt und vor einiger Zeit in Constantinopel weggenommen worden; der schlaue Dindar hatte sich mit einem großen Vorrathe solchen falschen Geldes versehen und war sonach im Stande die Diamanten sehr billig zu kaufen.

Die Diebe verließen Kars seelenvergnügt und traten

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_042.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2016)