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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

Fern doch sind die Würdenträger,
Und die Höflinge sind fern,
Nur das Volk – so will’s die Sitte –
Steh’ um seinen todten Herrn.

45
Jeder soll es hier verkünden,

Dem er Leides zugefügt;
Seine Mängel, seine Sünden
Werden schonungslos gerügt.

Und versteckt in naher Kammer,

50
Hör’ sein Erbe das Gericht,

Höre auf das strenge Urtheil,
Das der Mund des Volkes spricht.
Was er irrend auf dem Throne
Fehlte und im Frevelmuth,

55
Komm’ dem Erben seiner Krone

Und dem ärmsten Knecht zu gut. –

Selbst will ich mein Urtheil hören,
Wie mein Volk es arglos spricht,
Daß ich selbst mein Fehlen sühne,

60
Eh’ der Tod mein Auge bricht.

Drum noch heut von dir entsendet
Ruf im Land der Herold aus:
„Unser König hat geendet!
Eilet in sein hohes Haus!“ –

65
Und der Sohn vollzieht gehorsam,

Was begehrt der edle Greis.
Dumpf erschallt die Trauerkunde
Durch des Reiches weiten Kreis.
Ungezählte Schaaren wallen

70
Weinend zu dem Schloß hinauf,

Und es füllen sich die Hallen
Schnell und wie noch nie zu Hauf.

Auf dem Lager in der Halle,
Mit dem Purpur zugedeckt,

75
Auf dem Haupt die goldne Krone,

Liegt der König ausgestreckt.
Und der Katafalk umflossen
Rauscht von düsterm Trauerflor.
Mund und Auge sind geschlossen,

80
Aber offen ist das Ohr.


Reiche, Arme, Kinder, Greise
Nahen dem verehrten Leib:
„Unser Vater ist gestorben!
Weh uns!“ klagen Mann und Weib.

85
Und das Alter und die Jugend

Gießen Thränenbäche hin.
Jeder rühmt des Königs Tugend,
Jeder seinen edeln Sinn.

Immer neue Klagen stimmen

90
Die verwaisten Kinder an.

Alle preisen seine Güte,
Allen hat er wohlgethan.
Und die einzige Beschwerde,
Die ertönt im weiten Saal,

95
Daß er scheidend von der Erde

Sie betrübt zum ersten Mal.

Weinend ziehen sie von dannen,
Und das Schloß ist wieder leer. –
Und der Sohn tritt selig lächelnd

100
Zum geliebten Vater her.

Doch die Lippen sind entröthet
Und die Wangen starr und kalt.
Ach! den Glücklichen getödtet
Hat der Freude Allgewalt.

 Ludw. Storch.




Friedrich Fröbel und seine Kindergärten.

(Briefe an eine Mutter.)
II.

Es ist mir jetzt Leid, verehrte Frau, daß ich Ihren Wünschen zu gewissenhaft nachgekommen bin und für den Rückblick auf Friedrich Fröbel’s Leben und Wirken nicht gleich im Anfange einen weiter reichenden Standpunkt eingenommen habe. So leicht es ist, über das Leben eines unbedeutenden Menschen viele Worte zu machen, – geschieht’s nicht oft genug? – so schwer ist es, in der Schilderung des Charakters und Lebens eines Mannes sich kurz zu fassen, der durch seltene und wohlbenützte Gaben des Geistes und Herzens wie durch gute, für die Menschheit nützliche Handlungen gleich sehr vor seinen Zeitgenossen sich ausgezeichnet hat. – Aber Sie verlangen ja daß ich mich beschränke; und in der That wollte ich ganz so mich aussprechen, wie es mir je länger ich schreibe immer mehr Bedürfniß wird, dann würden Ihre Kinderchen wohl noch lange auf den Feiertag warten müssen, der sie in Vater Fröbel’s heitere Kindergärten einführen soll. – Es ist namentlich Eins, worüber ich gern recht ausführlich zu Ihnen gesprochen hätte. Die Vorträge Fröbel’s, durch welche derselbe vornehmlich die Frauenwelt für sein Werk zu gewinnen trachtete, durch welche er die Frauen auf ihren natürlichen Beruf zur Erziehung und auf die hochheilige Pflicht auch geistige Mütter der Kinder zu werden hinwies. Doch ich habe Ihnen für heute einmal die Besprechung der Kindergärten zugesagt, und so muß ich wohl Wort halten. Aber merken Sie wohl, ich thue das nur unter der Bedingung, daß Sie mir erlauben, zu andrer Zeit über ein Thema im Geiste Fröbel’s

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_080.jpg&oldid=- (Version vom 16.4.2020)