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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

eigenen Schultern zu liebe, daß er ein wenig größern und schnellere Schritte machte.

Herrn Phlippeau’s Plantage gibt jetzt in einem guten Jahre circa 30,000 Picol Kaffee (den Picol zu 125 Pfd.), die Pflanzungen sollen aber noch erweitert und ich glaube zwei oder drei Mühlen mehr darauf angelegt werden.

Der Kaffee ist auf Java nicht heimisch, sondern erst, wenn ich nicht irre, von Brasilien hierher verpflanzt; auf Sumatra wächst er dagegen wild, und die Eingebornen dort trinken allerdings ebenfalls Kaffee, aber nicht in unserer Art, sondern sie kochen die Blätter des Baumes und bereiten in der Art gewissermaßen einen Kaffee-Thee.




Blätter und Blüthen.

Die Hochzeit im Wirthshause. In der Nähe von Inverneß (England) wollte ein junges Brautpaar die letzten Weihnachtsfeiertage zugleich benutzen, in den Stand der Ehe zu treten. Er war Arbeiter bei einem Farmer (Besitzer eines Pachtlandgutes), und sie trug alle Morgen Milch in die Stadt. Beide hatten berechnet, daß ihre Einnahmen, zusammengethan, wohl im Stande wären, zwei und nach und nach mehr Menschen zu ernähren und auf dieses Additionsexempel ihre Liebe gegründet. Verwandte und Freunde wurden natürlich in großer Anzahl zu dem Hochzeitsfeste geladen und die Zimmer des größten Gasthauses in der Gegend gemiethet, um darin zu Abend zu schmausen und zu tanzen. Braut und Bräutigam waren überein gekommen, die Kosten gemeinschaftlich zu tragen. Schon war die Wirthin des Gasthauses in vollem Eifer, die Zimmer zu schmücken und ein mächtiges Mahl zu componiren, als sie durch folgenden lakonischen Brief darin gestört ward:

Decbr. 23, 1852. 
„Mem, Sie werden, hoffe ich, nicht so stumpfköpfig sein, als daß Sie sich inkommodiren sollten, für mich ein Hochzeits-Essen zu bereiten, indem ich für nichts stehen thue, da sie zu kostspielig ist und ich mich anders besonnen habe.
M. N. (Name des Bräutigams.)“     

Die Wirthin des Gasthauses, so erschüttert in ihren Hoffnungen auf Bezahlung einer fetten Rechnung, unterließ nun alle weiteren Vorbereitungen, und als daher Braut und Zubehör am folgenden Tage im größten Staate feierlich einrückten, fanden sie nichts vor, als den Brief des Haupthelden dieses Tages. Er war so unliebenswürdig gewesen, der Braut nicht das Geringste von der veränderten Richtung seiner Laufbahn auf Freiers Füßen mitzutheilen. Man denke sich die Ohnmacht der Braut, die Verzweiflung der Brautjungfern und Angehörigen, und man wird sich etwas denken, woran hier gar nicht zu denken war. Statt in Ohnmacht zu fallen oder nur zu weinen, verordnet die zarte Jungfrau, daß die Stärksten und Pfiffigsten ihrer Bekannten in verschiedenen Richtungen ausgehen, den Bräutigam ausspioniren und todt oder lebendig zur Stelle bringen sollen, damit er hier sein Versprechen erfülle und sich trauen lasse. Der anwesende Geistliche, der auch nicht umsonst gekommen sein will und weiß, daß der Versprochene gesetzlich zur Erfüllung seines Wortes gezwungen werden kann, giebt Beifall und Segen zu der Expedition, und diese tritt denn auch ohne Umstände ihre Entdeckungsreise und polizeiliche Liebes-Funktion an.

Inzwischen vertreiben sich Braut und Brautjungfern die Zeit mit Plaudern, wie sie den Verbrecher, nachdem er gefesselt, d. h. getraut sein werde, am Empfindlichsten bestrafen könnten. Sie, die Braut, rechnet sodann in edler Empörung ihren Zuhörern laut vor, was sie Alles sei und habe, und jeden Morgen, wenn die meisten Leute noch schliefen, schon verdiene. Dem letzten Theil der Rede schenkt besonders ein inzwischen eingekehrter Gast große Aufmerksamkeit. Er mischt sich hernach in’s Gespräch und erfährt dabei den ganzen Zusammenhang des unvollendeten Lustspiels. Den untreuen Bräutigam kennt er und verhehlt nicht, daß er bereits unterwegs nach Australien sein werde, da er der Gesellschaft, welche dort einen ganzen ungeheuren goldenen Berg gekauft habe, um ihn zerschlagen und auswaschen zu lassen, in die Hände gefallen sei. Somit werde wahrscheinlich die Gesellschaft der Einfänger sich vergebens bemühen. Jetzt ist die Noth allerdings groß; sie wird noch größer nach der Rückkehr der Expedition. Man schwatzt und schreit durch einander, die Braut weint sogar dazu, aber Niemand weiß zu rathen und zu helfen. Endlich steht der Fremde auf, gebietet Stillschweigen und spricht: „Sie müssen wissen, ich bin aus Forres (auch in der Nähe von Inverneß) und wollte drüben meine Alten besuchen. Aber das könnte ja unterbleiben, müssen Sie wissen. Sie müssen wissen, daß ich bei Mr. L. in Forres auch den Pflug führe. Auch habe ich mir schon ein Paar Pfunde erspart. Nun sehe ich hier, an was es fehlt, blos allein an einem Bräutigam. Der Geistliche ist ja noch da. Ich habe ihn gefragt, müssen Sie wissen, ob er nicht noch ein wenig warten wollte. Nun müssen Sie wissen, wo ich hinaus will. Ich habe mir es sehr sorgfältig überlegt, müssen Sie wissen, wenn auch nicht lange. Wozu denn auch? Zum Heirathen wollen muß man nicht viel Zeit vergeuden, denn ich denke, das Verheirathetsein dauert lange genug, wenn man einmal verheirathet ist. Und da ist’s ja auch noch Zeit. Also Miß, – ich weiß nicht gleich, wie Sie heißen, Sie werden mich verstanden haben. Ich denke, Sie machen keine so schlechte Partie, als Sie machen wollten.“ –

Die Gesellschaft lachte, die Braut auch, trat mit ihm 2 Minuten an das Fenster und rief dann Vater und Mutter. Diese thaten auch einige Fragen, riefen dann den Prediger, der auch noch einige Fragen that und dann sogleich an’s Werk ging, das neue Paar einzusegnen. – Man aß und trank darauf, tanzte und verlebte einen sehr heitern Abend. Ob der Abend des Lebens dieses Ehepaares auch heiter sein wird, bleibt um so mehr die Frage, als seit der Hochzeit kaum 3 Monate vergangen sind.




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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_119.jpg&oldid=- (Version vom 16.4.2020)