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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

aus ihren goldenen Hesperidenfrüchten zu und fröstelte mich an aus den laublosen Kronen ihrer Bäume. In Gracia erhielten wir zu unserm Mittagsessen eine frisch vom nahen Baume gepflückte Citrone – und jetzt vermisse ich bitter in meinem Zimmer den Ofen, denn nicht einmal Camine giebt es mehr in Barcelona. Man kann daher vielleicht eben so wie hinsichtlich der Sitten auch hinsichtlich des Klimas Barcelona einen Grenzort nennen. Wir Deutschen führen gegen den Winter den offenen Vertheidigungskampf mit allen Waffen, vom Ofen und den Winterfenstern bis zu den Pelzhandschuhen und Müffen. Der Barcelonese lebt mit ihm im Guerillakrieg der persönlichen Vertheidigung, durch seine Kleidung allein. Gegen den Sommer ist das Verhältnis umgekehrt. Die wenigen aber großen Fenster der spanischen Häuser wehren der Hitze das Eindringen durch innere Läden und äußere Jalousien; die stets mit Backsteinen getäfelten Fußböden der Zimmer und die engen dunkeln Gänge der Häuser haben denselben Zweck. Wir haben fast nur die leichten Kleider dafür, und bedürfen auch nichts weiter.

Es wird Sie wundern, wenn ich Ihnen erzähle, daß ich gestern, am Palmsonntage, in Pedralbes auf einem südlichen nicht über 400 Fuß hohen Abhange im Schatten der Häuser trotz des sonnenhellen Himmels dickes Eis auf den Pfützen fand. Ueberhaupt ergeht fast aus ganz Spanien die Klage über einen ganz ungewöhnlich strengen Nachwinter. Daher sahen mich die Catalonier eher neidisch als verwunderungsvoll im Pelze auf der Rambla muralla del mar spazieren gehen. Mag der spanische Lenz, den ich in Valencia zu finden hoffe, auch fast tropische Ueppigkeit und glühende Blüthenpracht entfalten, – ein Reiz des deutschen Frühjahrs fehlt ihm dennoch; es ist die völlige Wiedergeburt aus winterlichem Todesschlafe. Die vielen immergrünen Bäume und Sträucher lassen ihn nur Lücken ausfüllen. Es ist nur eine Vervollständigung, keine junge neue Schöpfung. Wenn die auch bei uns vorkommenden Pappeln, Ulmen, Akazien und einige andere nicht immergrünen Bäume, die jetzt hier noch so kahl und todt dastehen, maßgebend sein müssen, so ist hier heute noch Winter. Und doch blühen die Wicken- und Pferdebohnenfelder und der Weizen ist dem Schossen nahe. Es fehlt hier die Ueberraschung, das Gefühl der Erlösung aus der Fessel des Winters.




Gesundheits-Regeln.

I.
Athmungs-Diätetik.

Aus einem früheren Aufsatze über die Athmungsorgane hat der Leser ersehen, daß der Zweck des Athmens das Einführen vom Sauerstoff der atmosphärischen Luft in die Lungen und in das Blut, sowie das Ausführen von Kohlensäure aus dem Blute und aus dem Körper ist; daß ferner zur Erreichung dieses Zweckes atmosphärische Luft und Athmungsorgane nöthig sind. Dieser Austausch von Sauerstoff und Kohlensäure beim Athmen stellt nun aber blos den Anfang und das Ende eines äußerst wichtigen, das Leben unterhaltenden Prozesses dar. Denn der durch das Einathmen in das Blut eingeführte Sauerstoff, dessen erste Wirkung in einer Umänderung der dunklen Röthe des Blutes in eine helle besteht, wirkt während seines Umlaufes mit dem Blute theils auf die guten Bestandtheile desselben fortbildend, indem er dieselben zum Uebergange in die Körpersubstanz (zur Verjüngung derselben) tauglich macht, theils auf die schlechten und überflüssigen fettigen Blutbestandtheile zerstörend, verbrennend, so daß dieselben nun leichter aus dem Körper entfernt werden können. Bei dieser Einwirkung des Sauerstoffs auf die Blutbestandtheile (d. i. eine Verbrennung) entwickelt sich aber zuvörderst Wärme, welche als Eigenwärme oder thierische Wärme (28–30° R.) dem Körper zum Leben unentbehrlich ist; sodann gehen aus dieser Verbrennung Ausscheidungsstoffe hervor, unter denen Kohlensäure und Wasser obenan stehen. Stoffe, welche zum größten Theile in der Lunge aus dem Blute wieder ausgeschieden und durch das Ausathmen aus dem Körper entfernt werden. Aber nicht genug, daß durch das Athmen das Blut fortwährend in gutem Zustande erhalten wird, so wirkt dieser Prozeß auch noch befördernd auf den Blutumlauf und auf den Speisesaftfluß. Beim Einathmen wird nämlich nicht blos, wie in einem Blasebalg, Luft in die Brust hineingezogen, sondern zugleich auch Blut und Speisesaft (die Lymphe) in den großen Adern, auf ähnliche Weise etwa wie Flüssigkeit in eine Spritze beim Aufziehen des Stempels eingesogen wird. Durch das Ausathmen wird dann nicht blos ein Theil der Luft aus den Lungen heraus getrieben, sondern auch Blut aus Lunge und Brustkasten gedrückt. Ist also der Athmungsprozeß nicht in der gehörigen Ordnung, so kann das Einnehmen von Sauerstoff und Ausgeben von Kohlensäure, sonach das Verjüngen und Reinigen des Blutes, sowie die Wärmeentwicklung und der Kreislauf des Blutes, kurz der richtige Stoffwechsel im Blute und Körper, das gesunde Leben, nicht in der gehörigen Ordnung vor sich gehen. Dies ist aber leider bei den meisten Menschen der Fall und fast die Hälfte der Menschheit stirbt an Krankheiten der Athmungsorgane, besonders an Lungenschwindsucht. Forschest Du nach der Ursache dieses so verbreiteten Leidwesens, so wirst Du als solche sehr oft Verstöße gegen die Gesetze des Athmens finden, die größtentheils aus Unkenntniß des menschlichen Körpers und der in ihm wirkenden Gesetze veranlaßt werden. Wenn der Mensch sich doch selbst und seinen Wohnplatz, die Erde, gehörig kennen lernen wollte, wie anders würde es da in jeder Beziehung um uns aussehen! Lies deshalb, lieber Leser, das Folgende mit Aufmerksamkeit und nimm’ Dir’s zu Herzen.

1) Die erste Bedingung zum richtigen Athmen und Gesundbleiben der Athmungsorgane ist eine gute atmosphärische

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_184.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2020)