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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

ziemlich dasselbe ist, den Paar im Wasser aufgelösten Salzen und andern Stoffen die gute Wirkung der Bäder vorzugsweise zuschreibt, verdiente wirklich in den Brunnengeist einer Bitterwasserquelle verwunschen zu werden. Die Geheimmittel, in welchen jetzt größtentheils Buchhändler machen, wahrscheinlich weil diese gewöhnt sind, durch ihre Bücher längstgefühlten Bedürfnissen abzuhelfen, stehen auf dem Höhepunkte der medicinischen Betrügerei, weil bei diesen Mitteln, die aus ganz billigen entweder nichtsnutzigen oder wohl auch aus giftigen Substanzen zusammengesetzt sind, dem Dummen das Geld geradezu so gut wie aus der Tasche gestohlen wird. Daß auch die Tischrückerei und die Geisterklopferei zum Heilen von Krankheiten benutzt werden müssen, versteht sich von selbst, da alle die vorher angeführten Heilmethoden so wenig im Stande sind Krankheiten zu heben.

Man sieht, es fehlt der leidenden Menschheit nicht an allen möglichen Wegen, auf welchen man ihr die Wiederherstellung ihrer Gesundheit anbietet, und dabei sind noch nicht einmal die Elektrisirer und Magnetiseurs (dynamische Heilkünstler), Barbiere, Thierärzte, Apotheker, Schäfer und Hufschmiede mit ihren Hexereien mitgerechnet. Alle stellen sich brüstend hin und rufen (oder lassen es durch Zeugnisse in den Zeitungen bekannt machen): „unsere Kranken werden durch unsere Mittel gesund.“ Natürlich! Die günstigen Resultate (sagt Steudel), die meist die unverwüstliche Natur hervorbrachte, die aber die Heilkünstler immer nur sich selbst und ihren Mitteln zuschreiben, waren von jeher das Schlagwort für jeden Unsinn, der in der Geschichte der Medicin so reichlich zu finden ist. Jede Partei behauptete immer, ihre Vorgänger seien Narren und Mörder gewesen, und sie allein habe den wahren Stein der Weisen entdeckt und wisse die Kranken zu heilen. Wir kennen das! Und wenn es auch nur ein einziges Mal wahr gewesen wäre, die Welt müßte längst ausgestorben sein, da nach diesem Grundsatz alle Aerzte bis auf die neueste Zeit Giftmischer und Todtschläger gewesen wären. Da aber von jeher das Verhältniß der Genesenden und Sterbenden bei den verschiedenartigsten Behandlungsweisen unter den Kranken im großen Ganzen so ziemlich dasselbe blieb, so kann der denkende Mensch nicht anders, als annehmen, daß zu allen Zeiten die Genesung von ganz andern Ursachen abhängig war, als von den medicinischen Lehrsätzen und ihren sich stets widersprechenden Heilmitteln und Heilmethoden. Diese Ursachen finden sich aber im menschlichen Körper selbst vor und sind die von Natur ihm inwohnenden Gesetze, durch deren Kenntnisse wir uns vor Krankheiten zu schützen und beim Kranksein selbst zu helfen im Stande sind.

Haben wir die gehörige Einsicht in die Oeconomie unseres Körpers gewonnen, was gar nicht so schwer ist, dann werden mit den Apotheken (bis auf eine Büchse mit betäubenden Mitteln) alle die angeführten Quacksalbereien und Betrügereien allmälig von selbst verschwinden und durch die richtige Anwendung der Luft, des Wassers, der Nahrung und Bewegung endlich ganz verdrängt werden. – Die Nothwendigkeit einer guten Luft und gesunder Athmungsorgane wird Dir, lieber Leser, aus den vorigen Nummern klar geworden sein; über den großen Einfluß des Wassers, der Nahrungsmittel und der Bewegung auf unsern Organismus sollst Du später unterrichtet werden. Vorläufig beschaue Dir die beiden abgebildeten Brustkasten, von denen der enge und abgezehrte durch vernünftiges Turnen allmälig zum weiten und kräftig-musculösen geworden ist. Möchtest Du nicht auch solch’ eine Brust? Nun da laß Dir doch ja von Deinem Arzte etwas Stärkendes verschreiben, wenn Du den erbärmlichen Brustkasten wünschest, und komm’ auf den Turnplatz, wenn Dir der andere und naturgemäße besser gefällt.

(B.)  




Lebens- und Verkehrsbilder aus London.

In Briefen von einem in London lebenden Deutschen.
III.
Die Geld-Post in England.
(Post-Office-Money-Orders.)

Als vor 60 Jahren der englische Marine-Soldat für 30 Schillinge monatlich den Franzosen auf beiden Theilen der Erdkugel zum Kampfe herausforderte und die Landarmee für 1 Schilling täglich in Indien um’s Leben spielte, fing man an, einzusehen, daß die Soldaten ihre Ersparnisse nicht sicher und rasch genug an ihre Liebchen oder Frauen senden konnten, nicht einmal innerhalb des engern, vereinigten Königreichs. Die Regierung, die Gefahr sehend, wenn sie ferner zugäbe, daß die Ueberschüsse der Löhnungen Löcher in die Taschen der Soldaten brennen, war damals schon so gütig, ein recht sicheres Mittel gegen diese Verbrennungen in der Tasche zu erfinden. Das Monopol, Geld von einem Orte zum andern zu befördern, ward an drei Gentlemen, in Verbindung mit der Post, zugestanden. Sie durften – acht Pence für jedes Pfund und ein Schilling Stempelsteuer für die Regierung, wenn die Summe über zwei Pfund betrug – höchstens fünf Pfund auf je eine Person oder Sendung – Gelder von Privatleuten befördern. Der Brief selbst mußte außerdem mit einen Schilling frei gemacht werden. Die Tage dieses Monopols sind nun Gott sei Dank vorüber. Was früher einen Schilling kostete, wird jetzt viel pünktlicher und profitabler für alle Theile à ein Penny gethan, wobei die Regierung blos etwa 50,000 Thaler jährlich gewinnt, natürlich abgesehen von dem Gewinne, welchen sie durch die fabelhafte Summe von Briefen für Geldaufträge genießt. Als das Privilegium von Marine- und Landsoldaten, Geld unter obigem Monopole schicken zu dürfen, auf das Publikum

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_194.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2020)