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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

vor innerem Gelächter, als der Irländer gar nicht müde werden konnte, die Bettstelle zu betrachten und zu untersuchen.

Auf wiederholtes Fragen, was er an ihr Merkwürdiges finde, antwortete er nur: „Ich denke nicht so gemein von meiner Bildung, sie unter die Geistesgaben einer Bettstelle zu stellen; deshalb stelle ich den Antrag, diese Bettstelle für unbedingt verrückt zu erklären. Außerdem bitte ich nur noch um etwas Opodeldock zum Einreiben.“




Kampf mit Wölfen. Die Jagd der Rinder in den mexicanischen Prairien ist oft mit großen Gefahren verknüpft. Einer der tüchtigsten unerschrockensten Büffelfänger hätte vor Kurzem seine Jagdlust fast mit dem Leben gebüßt. Er war am Abend hinaus in die Prairie geritten und hatte sich matt und müde in ein Gebüsch gelagert, während sein Pferd in einer Vertiefung ruhig graste. Es mochte nach Mitternacht sein, als er erwachte. Plötzlich hört er in seiner Nähe ein schauerliches, durch alle Nerven gehendes Geschrei, dessen Bedeutung er recht wohl kennt.

Es ist sein Pferd, das von einer Schaar von Wölfen umgeben ist.

Es ist zu spät, das arme Thier zu retten. Vom Hunger getrieben sind die Wölfe bei Nacht ungewöhnlich verwegen. Sie sind in großer Anzahl versammelt und sie streiten sich um jeden Bissen der Beute, denn sie reicht nicht zu, den Hunger der ganzen Schaar zu befriedigen. Mehre derselben wenden sich mit gereiztem Appetit hinweg und nähern sich dem Jäger, während ihre Gefährten um die Gebeine des Pferdes streiten. Mittlerweile ist der Jäger aufgesprungen und hat seine Doppelbüchse ergriffen – außer dem Lasso, die einzige Waffe, die er bei sich führt – entschlossen, sich so lange als möglich zu wehren und sein Leben so theuer als möglich zu verkaufen.

Die Wölfe haben ihn jetzt umringt, aber sie zögern noch, ihn anzugreifen. Wölfe dieser Art ziehen sich gewöhnlich beim Anblicke eines Menschen zurück, außer wenn sie der Hunger zur Verzweiflung treibt; aber jetzt ist es Nacht; sie sind in großer Anzahl versammelt, ihr Appetit ist durch das Blut ihrer Beute gereizt worden – sie haben es nur mit einem einzigen Manne zu thun und sie kommen näher. Sie sind ihm endlich so nahe gerückt, daß er das Sternenlicht in ihren glühenden Augen funkeln sieht, während der Dunst ihres Athems ihn umhüllt. Von einer plötzlichen fast verzweifelten Regung erfaßt, richtet er seine Büchse auf die nächste Gruppe seiner Feinde und schießt. Einer der Wölfe liegt todt auf dem Boden, ein anderer ist verwundet und die anderen weichen erschrocken etwas zurück.

Das Schreckmittel wirkt jedoch nur einige Augenblicke; die Wölfe sehen, daß nichts weiter erfolgt und kommen wieder näher. Sie haben ihn wieder dicht umringt; die Lage des Jägers ist im höchsten Grade bedenklich; aber es tritt zu seinem Gunsten ein kleiner Aufenthalt ein, indem die Thiere gemeinschaftlich über ihre Kameraden herfallen, die eben getödtet worden sind. Diese zweite Mahlzeit bringt eine fast eben so große Verwirrung hervor, wie die erste; der Jäger benutzt sie und versucht es, sich langsam und vorsichtig aus der unmittelbaren Nähe seiner Feinde zu entfernen.

Bald folgen sie ihm auf’s neue und es scheint jede Schranke zwischen ihm und einem entsetzlichen Tode gefallen zu sein. Noch immer zieht er sich langsam und halb bewußtlos zurück; sie sind ihm jetzt ganz nahe; jetzt macht einer von ihnen einen Sprung, um ihn anzufallen und der zweite Lauf der Büchse entladet sich im Kampfe; glücklicher Weise hat der Schuß den verwegenen Wolf getödtet; die übrigen weichen wieder zurück und verzehren wie vorher ihren todten Gefährten.

Wenn er nur den tiefen Fluß erreichen kann, den er zu seiner Rechten schimmern sieht, dann hat der bedrängte Jäger Aussicht auf Rettung. Das Wasser wird ihn jedenfalls schützen, da er ein ausgezeichneter Schwimmer ist. Dieser Gedanke gibt ihm neue Hoffnung und neuen Muth; er schreit und wehrt bei jedem Schritte seine Feinde ab und erreicht endlich nach mancher drohenden Gefahr glücklich das Ufer des Flusses. Die Wölfe scheinen jedoch die Wichtigkeit des Augenblicks zu erkennen und unternehmen, als er eben im Begriffe ist, in den Fluß zu springen, einen wüthenden gemeinsamen Angriff.

Für einen Augenblick ist nichts zu erkennen als Schaum und aufgespritztes Wasser, indem die Angreifenden sowohl als auch der Angegriffene in den Fluß stürzen. Der Jäger hat sich, indem er unter die Oberfläche taucht, fast dem Bereiche der Wölfe entzogen, während viele von den letzteren ertrunken sind und als todte Körper um ihn herumschwimmen. Schon glaubt er mit dankbarem Gefühle der Gefahr entronnen zu sein, indem er seine Feinde heulend und die Zähne knirrschend am jenseitigen Ufer stehen sieht, da fühlt er sich plötzlich von zwei Thieren gepackt, die größer und kräftiger sind als die übrigen. Ihre Zähne schließen sich fast in seinem Fleische und er wird trotz aller verzweifelten Gegenwehr allmälig in’s Wasser hinabzogen. Vergebens faßt er mit aller Kraft der Verzweiflung ihre Kehlen; aber sie wollen ihre Beute nicht aufgeben und der Fluß färbt sich mit seinem Blute. Plötzlich verliert der kleinere der beiden Wölfe seinen Halt, er wird vom Strome hinweggeführt und ertrinkt.

Der Jäger hat es jetzt nur noch mit einem Gegner, einer großen Wölfin, zu thun. Er ringt verzweiflungsvoll, aber vergebens, um sich von ihr zu befreien; aber er bemerkt eine Art von Steifheit in ihren Bewegungen, die er vorher nicht wahrgenommen hat, und indem er noch einmal seinen Arm ausstreckt und seine Hand auf ihren Kopf und ihre Schnauze legt, entdeckt er, daß sie todt ist. Dennoch zieht ihn ihr Gewicht noch immer niederwärts; plötzlich fühlt er sich von einer Ohnmacht befallen – er verliert das Bewußtsein und versinkt unter die Oberfläche des Wassers, während der todte Wolf ihn noch immer gepackt hält. Aber während beim Untersinken des Jägers und seines Gegners das Wasser in heftige Bewegung geräth, verliert das todte Thier plötzlich seinen Halt. Der Jäger erhebt sich wieder zur Oberfläche und indem sein Kopf mit einem scharfen Felsen in Berührung kommt, kehrt auch das Bewußtsein zurück. Er öffnet seine Augen, sammelt seine ganze Kraft und erklimmt endlich völlig erschöpft das Ufer. Als die ersten Strahlen des friedlichen Morgenlichtes erschienen, erkannte er den ganzen Umfang der Gefahr, in welcher er geschwebt hatte; er wendete sich um und sah am jenseitigen Ufer die letzte Schaar seiner blutgierigen Gegner davon ziehen, und andächtig seine Hände über seine Brust faltend, dankte er dem Himmel inbrünstig für seine Rettung.



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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_228.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2020)