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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

unter der oberen Oberhaut sehen wir eine Schicht länglicher, dicht aneinander liegender Zellen, welche viel Blattgrün enthalten. Unter dieser Schicht liegt eine andere, deren Zellen nur wenig Blattgrün enthalten, klein, rund und so locker verbunden sind, daß sie viele leere Räume zwischen sich lassen.

Wie die grüne Farbe, so findet sich auch die gelbe, die mennig- und die zinnoberrothe Farbe fast immer in der Form von Kügelchen im farblos bleibenden Zellsafte; während mit wenigen Ausnahmen die karminrothe, violette und die blaue Farbe im Zellsafte stets chemisch gelöst sind, so daß der Zellsaft selbst gefärbt ist. Für dieses Verhalten habe ich die Fig. 5 und 6 gezeichnet. Erstere stellt ein kleines Schnittchen aus einem Apfel dar, senkrecht durch die Schale. (Wie bei allen Figuren, so giebt auch hier das schwarze Fleckchen unter der Zahl die natürliche Größe des Stückchens an.) Auch hier sehen wir zu oberst die Oberhaut, deren Zellen nach außen eine sehr verdickte Haut haben. Die darunter liegenden rundlichen Zellen enthalten theils körnigen gelben, theils wässrigen karminrothen Farbstoff, letzteren in hellerer und in dunklerer Färbung. Fig. 6 stellt einige gestreckte Zellen aus einem Tulpenblumenblatte dar, an denen Du dasselbe Verhältniß siehst. Die Zelle, welche ich durch ein * bezeichnet habe, enthält sogar zwei Farbstoffe zugleich, nämlich zinnoberrothe Farbkügelchen in karminrothem Zellsafte. Diese Verbindung und die Ueberlagerung von Zellen mit verschiedenen Farbstoffen giebt den Tulpen die braune Farbe. Links daneben und gerade darüber liegen Zellen mit verschieden dunkelem karminrothen und rechts darüber zwei andere mit körnigem gelben Farbstoffe; die Zelle, die ich durch ein Δ bezeichnet habe, enthält sogar Blattgrün. Die beiden Figuren 5 und 6 zeigen Dir recht deutlich, daß jede Zelle eine eigene kleine chemische Werkstatt ist.

Endlich muß ich Dir noch die Balsame und sogenannten Milchsäfte nennen, von denen viele theils als kräftige Heilmittel, theils als Gifte, theils auch in anderer Weise für uns von der erheblichsten Bedeutung sind. Du kennst den weißen Saft der Wolfsmilchpflanzen, des Mohns und den pommeranzengelben des Schnittkrautes. Diese Milchsäfte finden sich meist nicht in einzelnen Zellen, sondern in einem zierlichen Geflecht, zwischen gewöhnlichem Zellgewebe verlaufender, verästelter, zarter Schläuche, wie Dir dies Fig. 7 aus einer Wolfsmilch zeigt. Die in dem Milchsafte schwimmenden Körper sind die sogenannten Amylumstäbchen, denn sie bestehen wesentlich aus Stärkemehl. Fig. 8 zeigt Dir ein einzelnes aus einer Zellenreihe bestehendes Haar von der Oberfläche einer Pflanze. Auf seiner Spitze trägt es ein aus Zellen zusammengesetztes Knöpfchen, eine Drüse, welche ein balsamreiches Harz ausscheidet. Hierher gehören die klebrigen Knopfhaare an den Kelchen der Centifolie.

Dieses wird Dir aus diesen wenigen Beispielen klar geworden sein, daß die Pflanzenzelle eine kleine Vorrathskammer ist, aus der wir die mannichfaltigsten Stoffe für unseren häuslichen, gewerblichen und ärztlichen Bedarf entnehmen. Große Wirkungen werden auch hier durch Vereinigung vieler kleinen Kräfte hervorgebracht.




Blätter und Blüthen.

Eine Schleichhändlergeschichte. Die nachfolgenden Mittheilungen geben ein Blld von dem Leben der Mexikanischen „Contrabandistas“ oder Schleichhändler, deren Zahl dort sehr bedeutend ist.

In dem niedrigen und nur aus zwei Gemächern bestehenden Rancho des Contrabandistas Antonio Pulf war lustige Zeit. Eine große Tafel nahm den größten Theil des Gemachs ein und an dieser saßen mehr als ein Dutzend schwarzbraune Abenteurer in der ungezwungensten Stellung und mit verschiedenen Graden von Lustigkeit in den rauhen Gesichtern. Die Tafel war reichlich mit Gefäßen von Aguardiente und Pulque, mit Fleischtellern und Tortillakuchen besetzt; letztere kamen heiß aus der Backpfanne und die anderen Gerichte waren, wie sich von selbst versteht, tüchtig mit Chilepfeffer gewürzt. Es war gerade große Festlichkeit; die Bande hatte schon lange Zeit der Regierung zum Trotz und Hohn ihr ungesetzliches Gewerbe getrieben und eben ein ungewöhnlich großartiges Geschäft gemacht. Die Waaren waren fast unmittelbar nach der Ankunft des Schleichhändler-Schiffes abgesetzt worden, die Schleichhändler hatten das Geld und einen großen Vorrath von einheimischem Branntwein erhalten und waren jetzt zusammengekommen, um die Früchte ihres glücklichen Unternehmens zu genießen.

Das Gemach, in welchem diese Leute sich versammelt hatten, war groß, aber bis zur Unbequemlichkeit mit Tauwerk und Spieren von Küstenfahrzeugen, Fäßchen, Tonnen, Kisten und Ballen angefüllt, welche die Schleichhändler hier theils als verborgene, theils als erklärte Vorräthe bewahrten. Auf einigen zerbrochenen Gestellen standen mehrere große Packtuchsäcke von zweifelhaftem Ansehn, die nur zum Theil mit darüber geworfenen Netzen und Segelüberresten bedeckt waren. Auf der einen Seite des Gemaches stand eine ungeheuere Kiste, unter deren halbgeöffnetem Deckel die Spitze eines Säbels und ein Flintenlauf hervorschauten; sie enthielt außer Waffen verschiedene Kleidungsstücke, drei bis vier Bootshaken, eine gleiche Anzahl von Taurollen und einige schwärzliche Laternen, die selten benutzt wurden. An der Mauer des Gebäudes standen einige Fäßer, die bei gegenwärtiger Gelegenheit als Seitentische dienten, obgleich ihr verdächtiges Ansehn auf den unter den vernagelten Deckeln verborgenen Inhalt schließen ließ. In den Winkeln waren Kisten und Ballen aufgehäuft und selbst der Raum unter dem großen Tische, an welchem die Eigenthümer saßen, war damit angefüllt, denn das Geschäft ging sehr schwunghaft und es waren gewöhnlich bedeutende Waarenvorräthe vorhanden. Das Hinterzimmer war nur eine Wiederholung des anderen, aber noch gedrängter mit ähnlichen Gegenständen angefüllt.

Die Fröhlichkeit der festlichen Versammlung hatte eben ihren Höhepunkt erreicht und der Capitaz Pulf, ein stämmiger großer dunkelfarbiger Mann mit haarigem Gesicht, erhob eben einen vollen Becher zum Munde, um auf den glücklichen Erfolg ihrer Unternehmungen zu trinken, als eilig ein junger Contrabandista in das Gemach trat und die Nachricht brachte, daß die Zollbeamten in geringer Entfernung unten an der Küste wären und mehrere Oxhofte,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_261.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2020)