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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

mit Sanddorn und unserem deutschen Flieder, waren das einzige Grün. Käfer sammelnd und Eidechsen fangend, woran Spanien sehr reich ist, suchte ich mir die sonst für meine wissenschaftlichen Zwecke durchaus unergiebige Gegend wenigstens in etwas fruchtbar zu machen. Doch nach langer Fahrt in der öden breiten Rambla senkte sich endlich der Weg, entgegentretende Thonschieferfelsen durchbrechend, und nahm einen von der Sierra Nevada herkommenden schäumenden Gebirgsbach auf, den früher die Mauren in kühnen Bogen an den Felsen hineingeleitet hatten, von denen hier und da noch einige Ueberreste zu sehen waren. Nun kamen auch die Feigenbäume, Agaven und Granatbüsche wieder, und nachdem meine Tartana und meine Knochen

Ein spanisches Hôtel.

eine glänzende Probe ihrer Haltbarkeit auf dem Wege, der oft lange Zeit mit dem Rinnsal des Gebirgsbaches eins und dasselbe war, abgelegt hatten, sah ich vor mir auf einem den Weg versperrenden Hügel einen Haufen ruinenartigen Gemäuers. Es war Ihrer Maj. Doña Isabel II. reyna de las Españas Städtlein Ocaña. Das Herz fiel mir vor die Füße, denn hier sollte und mußte ich ja Nachtquartier machen! Nachdem ich mich in den zwei oder drei gebirgigen Gäßchen des Ortes vergebens nach einem wenigstens einigermaßen verheißungsvollen Gebäude umgesehen hatte, hielt meine Tartana am andern Ende Ocaña’s vor dem Hôtel des Ortes. Meine erste Frage, ob un quarto con una cama (Zimmer mit Bett) zu haben sei, wurde von dem Mozo selbstgefällig mit „si Señor!“ bejaht; und nachdem ich mir den ungeheuerlichen, schwarzgeräucherten, von den Spinnen reich decorirten Raum, den ich Ihnen in einem schwachen Konterfei beilege, besehen hatte, bezog ich mit meinen Siebensachen mein quarto. Ich hätte den Hexenmeister sehen mögen, der die Treppe zu diesem Himmelreiche gefunden hätte! Sie lag verborgen hinter der Hausthüre in einem kleinen staubigen Winkel. Mein Bildchen zeigt Ihnen denselben. Ich trat in ein großes, einen Winkel bildendes Gemach, in welchem ich die zwei äußeren Wände entlang 24 Schritte machen konnte. Mit Bequemlichkeit sind darin 100 Menschen zu placiren. Trotzdem hat es nur ein einziges Fenster, oder vielmehr eine Fensterthüre, in deren jedem Flügel ein kleines Fenster, natürlich ohne Glas, ist. Das Parket wird von großen und kleinen unregelmäßigen Steinen gebildet, wie man sie auf reinlichen deutschen Bauerhöfen weit besser findet. Die Wände sind roh mit Kalk beworfen und nach der Erbauung des nicht mehr jugendlichen Hauses weiß angestrichen worden. Ich halte es wenigstens dafür.

Hunger hatte ich hier nicht und auch zu dem Bett kein sonderliches Zutrauen, obgleich nach der anstrengenden Tartanafahrt – meine Tartana steht im Vorgrunde meines Bildchens – mein Schlaf stets gut beschaffen zu sein pflegt.

Sie sehen, daß in dem großen Raume außer meiner Tartana noch eine vierrädrige Galera steht, deren

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_414.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)