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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

weiße Farbe wieder weg, um die Jahrringe sichtbar sein zu lassen.

Nun bekam der Holzschneider den Stock. Man muß einen bis zum Druck fertig geschnittenen Stock sehen, um das Mühsame dieser Arbeit zu begreifen; denn jeder Bleistiftstrich der Zeichnung, der also auf dem Papiere im Druck erscheinen soll, muß erhaben werden und alles Weiße wird herausgeschnitten und gestochen. Ein fertiger Holzstock ist also ein umgekehrtes Petschaft. Auf diesem ist das Bild vertieft und druckt sich im Siegellack erhaben ab; auf jenem ist das Bild erhaben. Zu dieser Arbeit wendet der Holzschneider wenigstens zwanzig verschiedene schneidende und stechende Werkzeuge an.

Nachdem die schwerere Arbeit der beiden anatomischen Figuren erledigt war, blieb dem Holzschneider nur noch die leichte Arbeit, den Stock selbst zu schneiden, um mich so auszudrücken; d. h. er grub mit einem spitzen Grabstichel eine feine Linie jeden Jahresring entlang, so daß wir nun mit Ausnahme dieser Linien das ganze Holz schwarz drucken sehen. Du wirst finden, daß dieses Stückchen Holz über 120 Jahre alt ist.

Nun will ich Dir aber auch einige Erläuterungen zu den beiden anatomischen Figuren geben. Erinnere Dich dabei immer daran, daß Du sie 400 Mal größer siehst als die Wirklichkeit. Du würdest die beiden winzigen Holzblättchen zwischen den beiden Glastäfelchen leicht übersehen haben, so klein sind sie.

Denke Dir das Holz, und das gilt von jeder Holzart, aus lauter unendlich feinen Röhrchen von verschiedener Länge zusammengesetzt. Diese Röhrchen haften in ihren Wandungen fest aneinander. Die einen sind weiter als die andern, dünnhäutiger und fast immer siebartig mit außerordentlich kleinen Löcherchen versehen. Sie sind fast immer die längeren. Man nennt sie Gefäße. Die anderen sind enger, von sehr verschiedener Länge, oft nicht viel länger als weit und selten so lang oder länger als die Gefäße. Auch sie haben fast immer kleine Löcher in ihrer Haut. Das sind die Zellen. Du wirst leicht errathen, welchen Zweck diese Löcher haben, die von je zwei aneinander liegenden Zellen oder Gefäßen immer aneinanderstoßen. Sie dienen beim Aufwärtssteigen des Frühjahrssaftes als kleine Pforten von einem Zellenraum in den andern. Der kleinste Nadelstich mit der feinsten englischen Nähnadel in ein Kartenblatt gemacht ist ein Riese gegen diese Zellenöffnungen. Außer diesem in der Längsrichtung des Stammes verlaufenden Gewebe finden wir in jedem Holze in der entgegengesetzten Richtung, d. h. strahlenförmig von dem Marke nach der Rinde verlaufende. Das sind die sogenannten Markstrahlen oder wie sie der Tischler namentlich am Eichen- und Buchenholze nennt: Spiegelfasern. Sie dienen zur seitlichen Saftverbreitung und ihre Zellenhäute, sie bestehen nur aus wenig verlängerten Zellen, sind daher auch stets durchbohrt, porös.

An dem Querschnitt, I., sehen wir links einen solchen Markstrahl, m; in dem übrigen Gewebe sehen wir die größeren Querschnitte von vier Gefäßen. Eigentlich hätte ich den großen, weißen, von ihnen eingeschlossenen Raum schwarz und darauf die weißen Linien der Jahrringe des Holzes schneiden lassen sollen, dann würde die Figur so ausgesehen haben, wie sich das Ding in der Wirklichkeit darstellt, als ein Stückchen Brüsseler Spitze auf dem Holze liegend, welches durch ihre Löcher durchblickt. Alles Uebrige sind Zellenquerschnitte. In denselben siehst Du mehrere sehr feine einander umgebende Kreislinien und im Mittelpunkte einen kleinen dunkler gesäumten Kreis. Dieser letztere ist der kleine allein übrig gebliebene Hohlraum der Zelle; zwischen ihm und der äußersten Zellenhaut liegen die verschiedenen Schichten – diese deuten eben jene einander umschließenden Kreislinien an – des sogenannten Holzstoffes, der sich nach und nach auf der innern Wand der Zellen eben so abgelagert hat, wie sich inwendig im Weinfasse nach und nach der Weinstein ansetzt. Auf diesem Stoffe beruht namentlich die Schwere und Dichtigkeit des Holzes. An einigen Zellen wirst Du ihn vermissen; sie sind dünnwandig geblieben.

In Figur II. siehst Du dies alles im Längsschnitt, und zwar gleichlaufend mit der Rinde. Daher sehen wir bei m einen Querabschnitt eines Markstrahls; g 1. und g 2. sind zwei Gefäße, an deren jedes sich in der Mitte ein anderes darüber ansetzt, welches durch eine durchbrochene Scheidewand von ihm getrennt ist. Alles übrige sind Zellen und zwar dünnwandigere als die in I., weil ich das Schnittchen von der Splintseite nahm. Daher sehen wir auch die Zellenräume größer und die allerdings schon ziemlich verdickten Wände von den zahlreichen, ebenfalls gespaltenen, Löchern unterbrochen.

Sieh, nun kennst Du das feine harte Holz, worein auch für Dich so manches belehrende und unterhaltende Bild geschnitten worden ist. Das Buchsholz steht in seiner Verwendbarkeit für die Holzschneidekunst (Xylographie) eben so einzig da, wie der Solenhofener Kalkschiefer für die Lithographie, von deren naturwissenschaftlicher Seite ich Dir ein andermal schreibe.




Blätter und Blüthen.

Der Negerkönig. Auch Afrika wird seinen Antheil an der zukünftigen Geschichte der Erdenkinder übernehmen. Die Sklaven, die es bisher auf den Weltmarkt lieferte, werden zu Hause bleiben oder wieder zurückkehren und zu Hause den Bewohnern anderer Erdtheile das Palmöl des Friedens aus ihren königlichen Bäumen pressen und dafür die Industrie, Kunst und Bildung der Weißen eintauschen. Man hat es nun seit länger als einem halben Jahrhundert von allen Seiten in Angriff genommen und bis tief in’s

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 472. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_472.jpg&oldid=- (Version vom 14.4.2020)