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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

zwischen ihr und Friedrich II. Er enthält neben den rührendsten Schwärmereien für die Größe ihres geliebten[WS 1] Bruders so viel Graziöses, Geistreiches und Feindurchdachtes, daß man mit hoher Achtung von dem Geist und den Kenntnissen der Prinzessin erfüllt wird.

Ihr eigenes Charakterbild leuchtet aus ihren Memoiren deutlich hervor. Sie war geistvoll witzig, eine warme Freundin der Kunst und der edeln Genüsse, welche sie gewährt. In der Herstellung derselben ging sie bis zur Verschwendung. Geselliger Verkehr mit geistvollen Leuten war ihr, der trotz steter Kränklichkeit so lebenslustigen Dame, unbedingtes Bedürfniß. Trotz allen Drangsalen ihrer Jugend, den Kümmernissen ihres spätern Lebens ist sie stets geneigt, die flüchtige Freude rasch zu fassen, im frohen und graziösen Tanze alle finstern Gedanken zu vergessen. Oft tritt ein kleiner verzeihlicher Stolz auf ihre königliche Abstammung und auf die vier Kronen hervor, die ihr in der Jugend bestimmt waren, aber sie ist zu edel und zu gebildet, um übermäßigen Werth auf diese Zufälligkeiten zu legen; auf der andern Seite hält sie fest an der Würde ihrer Stellung. Sie selbst sagt von sich: „Ich bin weder stolz noch ränkesüchtig, aber ich will, daß mir ein Jeder das Meinige zugestehe und tritt man mir zu nahe, so weiß ich so gut wie eine Andere auf mein Recht zu halten.“

Ganz vortrefflich ist ihre Ansicht über die Ehe: „Ich wollte einen Prinzen, den ich aus wirklicher Achtung heirathen, den ich als wahren Freund ansehen könnte. Ich wollte, daß gegenseitige Achtung und Zärtlichkeit die Richtschnur unserer Handlungen sei, und aus diesen Empfindungen sollten meine Gefälligkeit und mein Bemühen, ihm zu gefallen, entstehen. Der Begriff Pflicht schließt bei einer Frau alle Freundschaft für ihren Mann aus. Wenn man wahrhaft und aus Grundsätzen liebt, wird nichts mehr schwer, um dem geliebten Gegenstand zu gefallen.“ Das liebenswürdige Bild der geist- und gemüthvollen Dame zu vervollständigen, spreche schließlich ihre Ansicht über das Höchste im Geistesleben der Menschen aus, die Religion. „Der blinde Glaube ist nicht einem Jeden gegeben, ja man wird sogar finden, daß die am moralischsten leben, die am wenigsten glauben; allein ein schiefer Kopf, der keinen Glauben hat, ist ein sehr gefährliches Glied der Gesellschaft. Die meisten Menschen wissen gar nicht, was sie glauben, sie verwerfen die Religion, weil sie ihren Leidenschaften widerspricht; andere, um nach der Mode zu sein, noch andere, um sich den Ruf von gescheidten Leuten zu verschaffen. Diese starken Geister mißbillige ich sehr, aber die kann ich nicht verdammen, welche sich bemühen, die Wahrheit aufzusuchen, um die Vorurtheile los zu werden; ich bin sogar überzeugt, daß Menschen, die sich an’s Nachdenken gewöhnen, tugendhaft sein müssen; indem man die Wahrheit sucht, lernt man richtig räsonniren, und indem man richtig räsonniren lernt, muß man die Tugend lieb gewinnen.“

Um das geistige Wesen der Markgräfin auch von anderer Seite, als aus ihren Memoiren kennen zu lernen, und ihr Charakterbild zu vervollständigen, muß man die schönen und geschmackvollen Straßen Bayreuths durchwandern, die ihr Gemahl, der Markgraf Friedrich (d. h. sie) angelegt und die Schlösser und Häuser besuchen, die sie gebaut hat. Das prachtvolle Opernhaus in Bayreuth, würdig einer Königsresidenz, und das Lustschloß Eremitage sprechen am deutlichsten.

Die Prinzessin starb im Jahre 1758, in der Nacht des Ueberfalls von Hochkirch. Wir führen zum Schluß noch Friedrich des Zweiten eigenes Urtheil an, welches er in seiner Geschichte des siebenjährigen Krieges über sie fällt: „Ihr Geist war gebildet und geschmückt durch die schönsten Kenntnisse; sie hatte Anlagen zu Allem und ein vorzügliches Talent für alle Künste. Diese glücklichen Gaben der Natur waren aber der geringste Theil Dessen, was man zu ihrem Lobe sagen konnte. Ihre Herzensgüte, ihre Neigung zum Wohlthun, der Adel und die Hoheit ihrer Seele, die Sanftheit ihres Charakters verriethen in ihr die glänzenden Vorzüge des Geistes mit einem Kerne solider Tugend, die sich nie verleugnete. Die zarteste und festeste Freundschaft vereinigte den König mit dieser würdigen Schwester. Diese Bande hatten sich seit ihrer ersten Kindheit gebildet; dieselbe Erziehung und dieselbe Empfindung hatten sie fester gezogen, eine unerschütterliche Treue von beiden Seiten machte sie unauflöslich. Sie nahm sich die Gefahren, welche ihre Familie bedrohten, so zu Herzen, daß sie von diesem Grame zu Grunde gegangen ist.“




Die Leber und die Leberleiden.
(Fortsetzung.)

Kann denn der Arzt wirklich ganz sicher wissen, wenn die Leber krank ist? Nur wenn er durch genaues Befühlen und Beklopfen derjenigen Bauchgegend, in welcher die Leber liegt, eine krankhafte Veränderung dieses Organs wahrzunehmen im Stande ist, darf er mit Sicherheit von einer Leberkrankheit sprechen. Dagegen werden widernatürliche Empfindungen und Schmerzen in der Lebergegend oder Störungen in der Verdauung, so wie in Bildung und Ausfuhr der schon gebildeten Galle, einen wissenschaftlich gebildeten und gewissenhaften Arzt niemals veranlassen, mit Bestimmtheit eine Leberkrankheit anzunehmen, da alle diese Krankheitserscheinungen von ganz andern als von Leberleiden herrühren können. Wenn also ein Arzt einem Patienten, ohne dessen Lebergegend genau befühlt und beklopft zu haben, ein Leberleiden schon an der Nasenspitze, an braunen Flecken u. s. w. ansieht oder gar brieflich erkennt, dann kann man gerechtes Mißtrauen entweder gegen das Wissen oder gegen die Gewissenhaftigkeit dieses Arztes fassen. Vom Unterzeichneten möge ein solcher Arzt hiermit die tiefste Verachtung und die Bezeichnung eines gewissenlosen Charlatan entgegennehmen.

Leider ist nun aber der größte Theil der Leber in der rechten Oberbauchgegend (im rechten Hypochondrium) so unter den Rippen der rechten Brusthälfte verborgen, und ihre Größe und Form bietet schon im ganz gesunden Zustande so bedeutende Verschiedenheiten dar, daß in gar nicht wenig Fällen auch die genaueste Untersuchung die gesunde oder kranke Beschaffenheit der Leber nicht gehörig zu ergründen vermag. Glücklicher Weise gehen aber die meisten und wichtigeren Leiden der Leber mit Veränderung der Größe und Consistenz derselben einher und diese ist dann durch das Befühlen und Beklopfen der Oberbauchgegend ziemlich sicher zu erkennen. Denn rings um die Leber lagern lufthaltige Organe (wie Lunge, Magen und Darm), welche beim Beklopfen einen vollen (hohlen) Ton von sich geben, während die dichte luftleere Leber natürlich einen matten (dumpfen, leeren) Ton gibt, dessen Gränze auch ziemlich genau den Umfang der Leber bezeichnet; wie man ja auch durch das Klopfen an ein halbgefülltes Faß die Gränze der Flüssigkeit anzugeben vermag. Trotz dem ist es bei Frauen für den Arzt oft sehr schwierig, von der durch das Beklopfen erkannten Größe und Gestalt der Leber einen richtigen Schluß auf die Beschaffenheit dieses Organs zu machen, denn bei diesen sind in der Regel durch den Druck der Unterrocksbänder und des Schnürleibchens solche Huckel und Buckel, Rinnen und Lücken, Verlängerungen und Verkrüppelungen an der Leber entstanden, daß diese einer Leber gar nicht mehr ähnlich sieht (s. Gartenlaube 1855. Nr. 16. u. 1853. Nr. 26.).

Betrachten wir die Leberleiden nun genauer, so dürften ihres Sitzes und ihrer Krankheitserscheinungen wegen eigentlich nur die Veränderungen des wirklichen Lebergewebes (nämlich der Leberzellen, der feinern Gallengänge und Blutgefäßchen, sowie des diese Theile verbindenden Zell- oder Bindegewebes) als solche bezeichnet werden, nicht aber die Krankheiten des Bauchfellüberzuges der Leber und die der größern Gallenwege. – Von den wenigen Krankheiten des Leberüberzuges, welcher als eine Portion des Bauchfelles ununterbrochen mit dem Ueberzuge der benachbarten Baucheingeweide zusammenhängt, tritt am häufigsten die Entzündung, und zwar am liebsten nach Schlag, Stoß und Druck (vom Schnürleib, Unterrocksbande, Leisten beim Schuhmacher u. s. w.) auf und diese ist also keine Leber-, sondern eine theilweise Bauchfell-Entzündung. Sie macht stechende Schmerzen in der Lebergegend,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: geliebter
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 391. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_391.jpg&oldid=- (Version vom 26.12.2022)