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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

die n beim Druck, Tiefathmen, Niesen, Husten und Bauchpressen heftiger werden und sich auch ohne Arzt und Arzneimittel (auch ohne Blutegel), am schnellsten bei warmen Breiumschlägen verlieren. Daß gewöhnlich nach solcher Entzündung zeitlebens Verdickung des Leberüberzuges oder Verwachsung der Leber mit einem Nachbartheile zurückbleibt, hat gar nichts oder wenigstens nicht viel zu sagen, läßt sich übrigens auch nicht ändern, ja ist sogar in manchen Fällen von Vortheil. – Unter den Krankheiten der größern Gallenwege, die sich zum größten Theile gar nicht innerhalb der Leber befinden, sondern nur der untern Fläche dieser anliegen, werden diejenigen am störendsten und auffälligsten, welche mit einer Verengerung und Verstopfung dieser Gänge einhergehen (wie der Katarrh und die Gallensteine), weil dadurch die Ausfuhr der in der Leber bereiteten Galle teilweise oder gänzlich gehemmt ist und diese nun als solche in das Leberblut aufgenommen wird. Der Farbstoff dieser stockenden und in das Blut geschafften Galle färbt endlich alles Blut des Körpers gelb und erzeugt so die sogen. Gelbsucht (Icterus), welche übrigens fast stets eine Erscheinung gestörter Gallenausfuhr (also ein Zeichen von Hindernissen in oder an den größern Gallenwegen), nicht aber ein Symptom gehemmter Gallenbildung (also nicht einer wirklichen Leberkrankheit) ist. Was hierbei mit den übrigen Bestandtheilen der in das Blut getretenen Galle wird, ist noch nicht genau ermittelt. Bisweilen scheinen sich einzelne derselben so zu zersetzen (vielleicht das Glycin und Taurin der Glyco- und Taurocholsäure zu kohlensaurem Ammoniak?), daß eine, mit nervösen Erscheinungen einhergehende tödtliche Gallenvergiftung des Blutes zu Stande kommt. Auch bei diesen Uebeln macht die äußere und innere Anwendung der Wärme, neben milder und leicht verdaulicher Kost, jede Arznei entbehrlich.

Was nun die eigentlichen, wahren Leberkrankheiten betrifft, so ist der größte Theil derselben, wie früher schon gesagt wurde, erst die Folge einer andern wichtigern, und zwar entweder einer örtlichen (besonders einer organischen Herz- und Lungen-) oder einer allgemeinen (Blut-)Krankheit und dann ohne große Bedeutung und Beschwerden; alle sind aber von langwierigem Verlaufe. Hierher gehört: die Speckleber, eine Vergrößerung der Leber durch widernatürliche Anhäufung einer eiweißartigen Substanz in den Leberzellen und wahrscheinlich hervorgegangen aus Blutüberfüllung (Anschoppung) der Leberadern; die Fettleber, eine, oft sehr bedeutende, Vergrößerung der Leber durch widernatürliche Anhäufung von Fett in den Leberzellen, bei Säufern, Fettsüchtigen und Leberthran-Consumenten; der Leberkrebs, welcher in Gestalt runder Geschwülste von der verschiedensten Größe, gewöhnlich erst in dem höheren Lebensalter, ebenso mit wie ohne Vergrößerung der Leber auftritt, vielleicht manchmal eine rein örtliche, ein anderes Mal aber die Folge einer Blutkrankheit, übrigens unheilbar ist; die Blutanschoppung der Leber, eine mäßige Vergrößerung dieses Organes durch angehäuftes, mehr oder weniger stockendes Blut in den Leberadern, welches entweder in Folge mechanischen Hindernisses (meistens im Herzen oder in der Lunge) nicht gehörig aus der Leber nach der untern Hohlader hin abfließen kann, oder von der Pfortader aus nicht kräftig genug durch die Leber hindurchgeschoben wird. Die letztere Ursache, auch mit den Namen „Pfortaderstockung, Unterleibsbeschwerden, Abdominalplethora, Unterleibsanschoppung mit Hämorrhoidalbeschwerden“ belegt, die ist es, welche der armen Leber vorzugsweise ein schlechtes Renommee bei aller ihrer Unschuld verschafft hat und der Reinigung und Verjüngung des Blutes durch die Leber hinderlich ist. Wer sich hierüber genauer unterrichten und seine Unterleibsbeschwerden los sein will, der lese in Gartenlaube 1854 Nr. 18.[WS 1] meinen Aufsatz über Unterleibsbeschwerden]] und handele danach.

Welche Krankheiten bleiben denn nun schließlich der Leber ganz eigenthümlich? Außer dem Leberkrebse nur noch: die Leberentzündung (mit Absceß- oder Schwielenbildung im Gefolge), welche stets auf eine kleine Stelle der Leber beschränkt, eine der seltensten Krankheitsformen und fast nie mit Sicherheit zu erkennen ist, übrigens von selbst heilt, wenn sie überhaupt heilt; die unheilbare Schuhzweckenleber oder die körnige Verhärtung mit Verschrumpfung, welche wohl nur bei Säufern (besonders Schnapssäufern) vorkommt und Bauchwassersucht nach sich zieht; die Hülsenwurmblase (Echinococcussack), ein thierischer Parasit, in oder an der Leber, welcher aber auf die eigentliche Leberfunktion keinen nachtheiligen Einfluß ausübt, höchstens bei bedeutender Größe die Lebergegend sehr auftreibt und durch Druck auf den Gallenglanz und die Pfortader Gelbsucht mit Bauchwassersucht erzeugt.

Nach dieser Revue der Leberleiden wird es dem Leser vielleicht klar geworden sein, wie gering die Anzahl derjenigen Uebel ist, welche wirklich den Namen eines Leberleidens verdienen, wie so schwer es oft ist, dieselben mit Sicherheit zu ergründen und wie bequem es sich die Aerzte machen, welche in den meisten über Unterleibsbeschwerden Klagenden sofort Leberleidtragende finden wollen. Sie thun mir leid! Die Aerzte wie die Kranken.

Bock. 




Ein Riesenthier der Vorwelt.

Die Natur scheint in frühern längst vergangenen Zeiten gewissermaßen eine Vorliebe für die Bildung riesenhafter, elephantenartiger Thiere gehabt und jedem Lande eine besondere Art dieser nichts weniger als schönen Geschöpfe zugetheilt zu haben; denn während Asien und Afrika heut zu Tage noch ihre Elephanten haben, lebten solche Geschöpfe, größer als die jetzigen, durch ihr mit Wolle und grobes Haar bekleidetes Fell dem gemäßigten und kalten Klima angepaßt, in Menge in den nördlichen Breiten Asiens, Europa’s, Amerika’s, ja Australiens. Es beweisen dies die zahlreichen Knochenüberreste, die man in allen den genannten Ländern, bis nach Sibirien, findet und die von den Gelehrten einigen vorweltlichen Thieren zugeschrieben werden, welche sie Mammuth, Mastodon u. s. w. nennen, und welche nahe Verwandte unsers wohlbekannten Elephanten waren.

Einzelne Knochen dieser Thiere und mehr oder weniger vollständige Sammlungen aller Knochen eines solchen Geschöpfes kannte man schon längst, und namentlich machte das riesige Geripp eines solchen Aufsehen, das Koch vor etwa fünfzehn Jahren in allen größern Städten Europa’s sehen ließ, und das sich jetzt in London befindet. Koch hatte die ungeheuern, lose gefundenen, Stoßzähne an seinem Exemplar, welchem er den Namen Missurium theristocaulodon gab, falsch eingesetzt, so daß dieselben wie zwei Sicheln horizontal nach rechts und links auswärts gerichtet waren. Wir erwähnen dies deshalb, weil dieser Koch’sche Irrthum durch seine Abbildung in viele andere Werke übergegangen ist. Von größter Merkwürdigkeit ist aber das Gerippe, das man im August 1845 in einer Mergelgrube bei Newburgh in Nordamerika fand und das unsere Abbildung zeigt, weil bei demselben nicht nur alle Knochen in der natürlichen Lage beisammen, sondern sogar Ueberreste der Nahrung vorhanden waren, die das Thier zu sich genommen hatte.

Die Arbeiter in der Mergelgrube stießen auf etwas Hartes. Sie gaben sich Mühe, dasselbe unverletzt zu Tage zu bringen, und bald lag ein riesiger massiver Thierschädel mit zwei langen weißen Stoßzähnen vor ihnen. Der Kopf fand sich nur fünf Fuß tief unter der Erdoberfläche. Nachdem man den Schädel und den Unterkiefer weggenommen hatte, kamen die Halswirbel zum Vorschein und ihnen folgten in natürlicher Lage die Rückenwirbel. Man fand ferner die Rippen, die Schulterblätter und die Knochen der Vorderbeine, die wie zum Gehen nach vorn ausgestreckt waren; endlich das Becken und die Knochen der Hinterbeine, die am tiefsten im Mergel lagen. Kurz, das ganze Geripp des Ungethüms aus der Vorzeit kam nach und nach zu Tage bis zu dem letzten kleinsten Knochen der Schwanzspitze. Der Fund machte großes Aufsehen, und da sich der Ort dicht an einer Straße befand, wurde er von Tausenden betrachtet und bewundert.

Aber nicht nur das vollständige Gerippe eines und desselben Mastodon wurde herausgegraben, nebst der ganzen Zahnreihe des Thieres, sondern auch die Nahrung, die es zuletzt zu sich genommen, ließ sich unzweifelhaft in einer Masse von zermalmten

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 1855 Nr. 18.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 392. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_392.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)