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verschiedene: Die Gartenlaube (1860)

Galle, Schleim, Wasser, sauren oder dunklen Stoffen, Blut; nach Magenüberladung, übermäßigem Trinken, Aerger, Schreck, Schlag oder Fall auf den Kopf, im Fahren oder Schaukeln, in Folge von Husten, von Würmern, Schwangerschaft, Tabakraucher, u. s. f. – Aus diesen wenigen Angaben wird Jeder, der denken kann, sich denken können, welchen Werth die homöopathische Heilkünstelei für denkende Menschen haben kann.

Kurze Uebersicht der Verdauung.

Das Leben kann uns nur dann erhalten werden, wenn unserm Körper fortwährend solche Stoffe zugeführt werden, aus welchen er selbst aufgebaut ist, also: Wasser, Eiweißsubstanzen (mit Kalk, Schwefel, Phosphor), Fette oder fettähnliche Stoffe (Zucker, Stärke), Salze und Eisen. Alle solche Stoffe enthaltende Nahrungsmittel müssen nun aber nach ihrem Genusse, bevor sie in unsere Körpersubstanz übergehen können, erst in den Blutstrom eintreten und deshalb vorher noch für diesen Eintritt vorbereitet, geschickt gemacht werden. Der Proceß, durch welchen dies geschieht, heißt der „Verdauungsproceß“ und die dabei thätigen Theile die „Verdauungsorgane“.

a) Zunge. b) Schlundkopf (Rachen). c) Kehldeckel. d) Kehlkopf. e) Luftröhre. f) Speiseröhre. g) Zwerchfell. h) Rechte und i) Linke Lunge. k) Magen. l) Magenmund. m) Pförtner. n) Zwölffingerdarm. o) Leber (nach oben umgelegt). p) Gallenblase. q) Gallengang. r) Bauchspeicheldrüse. s) Milz. t) Gekrösdarm (Leer- und Krummdarm). u) Uebergang des Dünndarms in den Dickdarm. v) Blinddarm. w) Wurmfortsatz. x) Aufsteigender, y) querer und z) absteigender Grimmdarm. tz) Mastdarm.

Die einzelnen Theile des Verdauungsapparates, dessen Eingang der Mund, der Ausgang der After ist, reihen sich von oben nach unten in folgender Ordnung an einander: die Mund- und Rachenhöhle mit ihren Gebilden (a. b.), die Speiseröhre (f.), der Magen (k.), der Dünndarm (mit dem Zwölffinger- und Gekrösdarme, n. t.) und der Dickdarm (mit dem Blind-, dem aufsteigenden, queren und absteigenden Grimm- und dem Mastdarme, v. x. y. z. tz.). Die Leber (o) und Bauchspeicheldrüse (r.) befinden sich, erstere über, letztere hinter dem Magen.

Die Verdauung beginnt mit der Vorverdauung, deren erster Act, nach Aufnahme der Speisen in die Mundhöhle, im Zerkauen und Einspeicheln (d. h. Vermischen mit Speichel) der festen Nahrungsmittel und sodann, nach Bildung des Bissens, im Hinabschlucken desselben in die Speiseröhre (f) und bis zum Magen hinab besteht. Beim Hinterschlucken des Bissens aus dem Munde über die Zungenwurzel in die Rachenhöhle, rutscht derselbe über den Kehldeckel (c.) hinweg, welcher den Eingang in den Athmungsapparat (Kehlkopf) verschließt und so das Eindringen von Speisepartikelchen in die sogen, falsche Kehle (Luftröhre e.) verhindert. – Im Magen (k.) findet nun die „Magenverdauung, Speisebreibildung oder Chymification“ statt. Während des Verweilens der Speisen im Magen nämlich, welches nach der Löslichkeit des Genossenen längere oder kürzere Zeit (etwa 2 bis 6 Stunden) dauert, wird ein Theil des Flüssigen (Wasser, flüssiges Eiweiß, aufgelöste Salze, Zucker u. s. f.) von den Saugadern und Blutgefäßen der Magenwand aufgesogen und sofort in das Blut geschafft. Das Feste wird dagegen zum Speisebrei (Chymus) umgewandelt und hierbei löst der saure (Milchsäure und Pepsin enthaltende) Magensaft nur die genossenen Eiweißsubstanzen und Leimstoffe, so wie die im Munde noch nicht gelösten Salze und den Zucker auf, während ein Theil der in pflanzlichen Nahrungsmitteln enthaltenen Stärke durch den mitverschluckten Mundspeichel in Zucker umgesetzt wird, das Fett aber noch unverändert bleibt oder höchstens durch die Wärme des Magens flüssiger gemacht wird. Die Luft im Magen besteht hauptsächlich aus atmosphärischer Luft, die mit dem Mundspeichel verschluckt wurde, sodann aus einer geringen Menge von Kohlensäure (aus dem Blute) und von Wasserstoff. – Ist der Speisebrei fertig und das Flüssige desselben zum Theil von Gefäßen der Magenwand aufgesogen, so wird der Rest mit Hülfe wurmförmiger Zusammenziehungen (peristaltischer Bewegung) der Magenwand in den Darmcanal und zwar zunächst in den Zwölffingerdarm (des Dünndarms) geschafft, wo nun die „Dünndarmverdauung“ beginnt.

Im Dünndarme (n. t.) wird der durch den Pförtner (d. i. der Ausgang des Magens, m.) aus dem Magen gedrückte saure Speisebrei, welcher noch ungelöste Eiweißstoffe, unveränderte Stärke und Fette enthält, mit Galle (aus der Leber, o.), Bauchspeichel (aus der Bauchspeicheldrüse, r.) und Darmsaft durchzogen. Der Darmsaft löst nun die noch festen Eiweißstoffe auf, der Bauchspeichel und ebenfalls der Darmsaft verwandeln die Stärke in Zucker (der nach und nach in Milch- und Buttersäure übergeht), während die Fette durch alle drei Verdauungssäfte milchähnlich fein zertheilt und dadurch zur Aufsaugung geschickt gemacht werden. Mittels der wurmförmigen, von oben nach unten fortschreitenden Zusammenziehungen der Darmwand rückt der Speisebrei allmählich durch den Gekrös-(Leer- und Krumm-) Darm (t.) herab und wird, da das Flüssige immer mehr herausgesogen wird, nach und nach trockner und gelangt nun in den Dickdarm, um hier der „Dickdarm- oder Nachverdauung“ zu unterliegen, bei welcher der Rest des Speisebreies allmählich die Beschaffenheit des Kothes annimmt. Die Gase im Dünndarm (Kohlensäure und Wasserstoff) sind größtentheils Producte der chemischen Umsetzung der Nahrungsmittel.

Der Dickdarm (v. x. y. z. tz.) empfängt vom Dünndarme einen Speisebrei, der allerdings noch unverdaute Nahrungsstoffe enthält, aber, da das aufgelöste Gute zum allergrößten Theile schon herausgesogen

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verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_104.jpg&oldid=- (Version vom 21.8.2021)