Seite:Die Gartenlaube (1860) 111.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1860)

lieber widerstandslos sich erstechen lassen, als fechtend fallen oder sich retten wollte. Nur siebzehn Gefangene waren in allen diesen Gefechten am Pfingstfest angenommen worden.

Das bündische Heer „hatte an diesem Tage mehr Leute verloren, als je bisher an einem Tag, die Böblinger Schlacht ausgenommen,“ und bei Königshofen und Ingolstadt hatten die Pferde so sehr gelitten, daß sie nachher im Lager zu Heidingsfeld in solcher Anzahl fielen, „daß man vor dem Geruch fast nicht bleiben konnte und das Lager verrückte.“ Der Truchseß ließ das Lager schlagen eine Viertelmeile vom Schloß, „in einem Moos, bei einem rinnenden Wasser, daselbst die Nacht Ruhe zu haben,“ während die Dörfer Bütthard, Sulzdorf, Ingolstadt und Giebelstadt mit ihren Flammen als Wachtfeuer leuchteten. Sie alle waren umstellt und angezündet worden; was von Bauern darin blieb, kam durch’s Feuer um; was herausfloh, durch die Reisigen. In Giebelstadt, wo Florian Geyer’s Vaterschloß war, hart gegenüber dem Schloß der Zobel, schossen sie aus den brennenden Häusern noch auf ihre grausamen Feinde. Von allen darin waren noch sieben übrig; die krochen in’s Gesträuch am Schloßgraben. Die Reiter, die zu Roß nicht dahin kommen konnten, riefen in entsetzlichem Scherz hinüber, wer die Andern erstäche, solle begnadigt sein. Und einer erstach fünf seiner Brüder, mit dem sechsten ringend, stürzte und ersoff er im Schloßgraben; fest sich umklammernd fand man zwei Gerippe, als man später das Wasser abließ.

Bis Würzburg hin zeigten die brennenden Dörfer die Spur der Bündischen; um nach Würzburg zu gelangen, hätte Florian Geyer mitten durch das Heer der Sieger hindurchgehen müssen; er schlug den Weg zu dem Gaildorfischen Haufen ein, der sich ihm besonders verbrüdert hatte. Alle die Seinen, bis auf Wenige, hatte Florian verloren, alle waren ihm erschlagen an einem Tage des Zorns; er stand einsam, schwieg und trug’s: Zweierlei hatte er nicht verloren, sich selbst und die Hoffnung. So lang ihm Arm und Schwert blieb, blieb ihm der Wille, seinem deutschen Volke zu helfen, und der Glaube an die Möglichkeit.

Der große Gaildorf-hallische Haufe hatte noch keine Verluste erlitten. Gegen 7000 hatten sich zuletzt noch im Lager bei Thann zusammengezogen. Eine Abtheilung zu Roß und zu Fuß war vom Bundesheer schon bei Neckargartach seitwärts in’s Kocherthal entsandt worden und hatte sich mit dem Kriegsvolk der Stadt Hall vereinigt. Den Gmünder Wald hatten sie gebrandschatzt und geplündert, in der Stadt Gmünd den neuen Rath abgesetzt und um Geld gebüßt, den alten wieder eingesetzt, das Haus des Pradicanten niedergerissen. Dieser und die meisten Goldschmiede waren entwichen. Die Gerüchte von den Niederlagen rings umher, des Truchseß, Drohbriefe, des obersten Hauptmanns der Gaildorfer Einverständniß mit den Herren hatten die Folge, daß der Haufe sich auflöste, namentlich die hallischen Bauern den Winken ihres Raths folgten und, ehe sie gestraft wurden, über Nacht neu huldigten. Die bündischen und die hallischen Knechte zogen gegen den Rest des Haufens, der 2000 Mann stark noch bei Thann lagerte, und gedachten ihn zu überfallen. In Thann aber fanden sie keine Seele. Durch Feuerzeichen auf den Bergen und durch Warnschüsse von der Absicht ihrer Feinde benachrichtigt, hatten sich die Bauern in die Wälder zerstreut. Die grauenvollen Erzählungen von Königshofen und Ingolstadt machten auch auf dem Gmündner Wald, im Ellwangischen und Limburgischen tiefen Eindruck. Florian Geyer fand hier Alles entweder neu gehuldigt oder zerstreut, aufgelöst, entmuthigt. Noch wagte er den Versuch, die, welche noch nicht wieder gehuldigt hätten und noch nicht entwaffnet waren, die aus dem Würtembergischen hierher Versprengten, die aus dem Kocher- und Jaxtthal ohne Hoffnung der Begnadigung auf diesen Wäldern Versteckten wieder zu versammeln, und den Wald, das Ries, den Virngrund und die Rotenburger Landschaft im Rücken der Fürsten neu zu bewegen. Aber er war am Ziel. Am 9. Juni wurde Florian Geyer mit seinem Anhang auf dem Speltich, „einer Waldhöhe zwischen den Schlössern Vellberg und Limburg unweit Hall,“ von seinen Verfolgern aufgespürt. Es war sein eigener junger Schwager, Wilhelm von Grumbach, der ihn überfiel. Er sank fechtend, und fast alle die Seinen mit ihm im hoffnungslosen Kampfe.

Der Tod im Felde rettete ihn vor dem Schaffote und half ihm zur ewigen Freiheit. Noch über der gefallenen Sache des Volks hielt er ungebrochen verfechtend den Ritterschild: nicht gegen den Lebenden sollten sie sich des Sieges rühmen, kaum gegen seine Leiche.

Er war auf den sonnigen Bergen, auf den freien Höhen des Lebens geboren: am Kaiserhof der Hohenstaufen glänzten schon in ritterlichen Ehren seine Ahnen. Aber den Armen in der Niederung, den Gedrückten im Thale schlug sein Herz. Er hat dem Volke gelebt und ist dem Volke gestorben; „fromm und treu bis an’s Ende dem Evangelium seiner Ueberzeugung, dem Worte Gottes“ in allen seinen Folgen; ergeben der christlichen Freiheit, nicht der einseitigen falschen, sondern der ganzen und wahren. Wie seinem Vorbilde Ulrich von Hutten, war ihm im Leben Beides gegeben, das Wort und das Schwert; und Zweierlei wurde ihm voraus im Sterben, ein ehrlicher Reitertod im Kampf für die von ihm heilig erkannte Sache, und das, daß auch die Verleumdung nicht wagte, auf sein weißes Gewand einen Flecken zu werfen. Das Volk büßte es, daß es ihn hintan setzte; er büßte seinen, aus seiner eisernen Consequenz hervorgegangenen falschen Rathschlag mit dem Frauenberg und, neben dem Verrathe des Götz, die Ungeschicklichkeit seiner Mithauptleute, die ihn ohne alle Kunde ließen, daß er im freien Felde überfallen wurde. Nicht Geiz nach Ehre, Einfluß oder Beute war’s, was ihn handeln ließ; auch der Feinde keiner hat ihm dies nachgeredet; und ruhmlos fiel er, und schlief lange fast vergessen. Einst wird auch seine Zeit und sein Lohn mit ihr kommen, wenn auf der ganzen befreiten deutschen Erde der Vater den Söhnen und Enkeln erzählen wird von denen, die mit ihrem Blute den Baum gepflanzt haben, in dessen Schatten der Landmann und der Bürger ein schöneres, ein würdigeres Dasein genießen; dann wird man auch reden und sagen von Florian Geyer, dem Hauptmann der schwarzen Schaar.“



Blätter und Blüthen.

Der Singschwan. Es hat sich in unserer Zeit überall die Liebhaberei für neues, schönen oder sonst interessanten Geflügel verbreitet. Alle Länder Europa’s, alle übrigen Welttheile werden durchstört, auf Schiffen, Posten, Eisenbahnen gehen die Transporte von Eiern und lebenden Vögeln hin und her; auf den Höfen der Gutsbesitzer, der Bauern, der Städter sieht man winzige Zwerghühner, riesige Cochinchina’s, elegante Goldbantam’s, neue Racen prachtvoller Vollblut-Tauben, in bisher unbekannter Weise quakende und trommelnde Tauben, in purpur-, grün- und blauschillernden Gewand gekleidete Enten, und auch die berühmten pommerschen Gänse haben einen Versuch zu weiterer Ausbreitung gemacht, indem gütige, deren Heimath bewohnende Freunde mir Eier und lebende Exemplare dieser großen, schönen und nützlichen Vögel zugesandt haben.

Während in solcher Art sich ein neues, munteres, bunten Leben entfaltet, während überall neumodische Hähne krähen und kämpfen, neue Tauben ihre Fiderpracht entfalten oder ihre Anwesenheit mit Trommelschlag kund thun, fremdartige Enten schnattern und quaken, und neue stattliche Gänse ihrem Besitzer durch Geschrei und Attake Schutz vor Dieben, durch Federn Schutz vor Kälte, durch Fleisch und Fett Schutz vor Hunger gewähren, – während Pfauen, Fasanen, Perl- und Truthühner durch Geflügel verdrängt oder doch beschränkt werden, das nützlicher und dabei leichter zu er ziehen ist, – während aller dieser Umwandlungen hat der stumme Schwan sich unangefochten im Besitze unserer Parkteiche erhalten, ergötzt unser Auge durch seine stolze, majestätische Haltung, durch die Pracht seines schneeweißen Gefieders, beleidigt aber unser Ohr, indem er uns wie eine Schlange anzischt und wie ein boshafter Hund anknurrt.

In Rußland achtet man, wie der große Naturforscher Peter Pallas schon im Jahre 1811 von dort berichtet, den stummen Schwan wenig, hält dagegen viele zahme Singschwäne, weil sie einerseits eben so schön sind, wie jene, andererseits durch den weithin tönenden Silberklang ihrer Stimme ergötzen. – Die Zeit ist nicht mehr fern, wo man die neuen, großartigen Verkehrsmittel auch dazu benutzen wird, diesen seit Menschengedenken von Allen, die das Glück hatten, ihn zu sehen und zu hören, bewunderten und gepriesenen Vogel aus Deutschlands Gewässer zu versetzen. Es möge mir daher gestattet sein, eine kurze Uebersicht dessen zu geben, was bis auf den heutigen Tag über ihn beobachtet und geschrieben worden ist.

Die ersten Nachrichten über den Singschwan haben wir durch Homer, welcher um’s Jahr 1000 vor Christo lebte, ganze Schaaren von Schwänen am Kaystros und Peneios fand, und ihren Gesang als ein dem

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_111.jpg&oldid=- (Version vom 21.8.2021)