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verschiedene: Die Gartenlaube (1860)

bemerkte die Katze und fuhr wüthend auf sie los. Augenblicklich erhob sich der Haushund zum Schutze seiner Freundin, griff den fremden Ruhestörer ingrimmig an und biß sich so heftig mit ihm herum, daß die beiden Hunde kaum auseinander zu bringen waren. Im Verlauf einer Viertelstunde fing der fremde Hund zwei Mal die Feindseligkeiten mit der Katze wieder an und wurde zwei Mal von dem Haushunde tüchtig mitgenommen und von seinem Herrn mit Mühe zur Ruhe gebracht. Da er aber fortwährend knurrte und mit grimmigem Blicke nach der Katze hinsah, lief der Haushund nach der Mütze des Fremden, faßte sie mit der Schnauze und brachte sie demselben, um ihn auf eine verständliche Weise zum Fortgehen zu bewegen. Die drei Anwesenden freuten sich sehr über die Klugheit des treuen Thieres; der Fremde ging, und der Haushund begleitete ihn mit deutlichen Zeichen der Freude bis an die Thüre.

Ich selbst besaß einen Hund und eine Katze, welche Beide weiblichen Geschlechts und so vertraut mit einander waren, daß sie ihre Wochenbetten neben einander aufschlugen. Bald krochen die Jungen beider sonst einander feindseligen Thiere unter einander herum und wurden abwechselnd von dem Hunde und der Katze erwärmt und gesäugt.

Auch unser jetziger Hund hat viel Verstand. Er ist sehr klein, aber so muthvoll, daß er selbst sehr große Thiere, wie Pferde und Ochsen, anbellt. Er ist sehr wachsam; sobald aber ein Fremder einmal im Zimmer Platz genommen hat, ist er zutraulich gegen ihn und beweist ihm volles Vertrauen, indem er auf seinen Schooß springt. Sehr gern geht er mit mir aus und merkt es sogleich, wenn ich zum Weggehen Anstalt mache. Sobald dies geschieht, sucht er zu entkommen, um mich außerhalb des Hauses zu erwarten, weil es ihm auf diese Art doch zuweilen gelingt, daß ich ihn noch mitnehme. Sage ich ihm aber, während er noch unter dem Ofen liegt: „Du kommst mit!“ dann ist er ganz außer sich vor Freude. In fremden Häusern bekommt er oft Langeweile und dann freut er sich sehr, wenn er sieht, daß ich mich zum Weggehen anschicke. Vorigen Herbst suchte er mich auf eine deutliche Weise dazu zu bewegen. Ich befand mich mit ihm in dem Hause eines benachbarten Freundes, von welchem ich gegen Abend wegzugehen pflege. Als diese Zeit kam, bemerkte ich bald, daß der Hund Langeweile hatte. Er sah mich an und dann nach der Thüre, um mich an das Weggehen zu erinnern. Als diese Mahnungen vergeblich waren, sprang er an den Tisch, auf welchem meine Mütze lag, warf sie herunter und da er an das Apportiren nicht gewöhnt ist, schob er sie mit den Vorderfüßen fast über die ganze Stube nach mir hin, hierdurch allgemeine Heiterkeit erregend. Ich hob die Mütze auf und als ich ihm zurief: „Du hast Recht, wir wollen nach Hause,“ war seine Freude, welche er auf alle Art äußerte, sehr groß.

Der verstorbene Steuereinnehmer L. in A. hatte einen Hund, welchen er sehr liebte. Der Hund erwiderte diese Liebe auf alle Weise. Sein Herr wurde krank; der Hund wich nicht von seinem Krankenlager; sein Herr starb, und der Hund würde dessen Leiche nicht verlassen haben, wenn er nicht mit Gewalt davon entfernt worden wäre. Als der Herr begraben wurde, folgte der Hund dem Leichenzuge und gab Achtung, wo der Sarg mit der Leiche seines lieben Herrn eingesenkt wurde. Nach Beendigung der Leichenfeier legte er sich auf das Grab und besuchte dieses lange Zeit täglich.

Aber auch gegen andere Hunde zeigen diese treuen Thiere oft eine große Liebe. Wir hatten früher zwei Haushunde, welche, weil sie beide männlichen Geschlechts waren, nicht immer in großer Freundschaft mit einander lebten, sondern sich oft mit einander herumbissen. Allein die Gewohnheit hatte doch ein gewisses Band um sie geschlungen. Denn als der Eine von ihnen gestorben und in meinem Hofe begraben worden war, scharrte der noch lebende täglich auf dem Grabe des Andern, um ihn wieder an das Licht zu bringen; er hatte ihn also trotz der öftern Kämpfe doch lieb gehabt.

Ein anderes Beispiel von brüderlicher Liebe gaben zwei Hunde im Altenburgischen. In einem Dorfe, nicht weit von Altenburg, wenn ich mich recht erinnere, in Treben, wurden von einer Familie junger Hunde zwei männliche behalten. Der eine blieb in Treben, der andere kam in ein anderes, nicht weit von Treben entferntes Dorf und wurde verschnitten. Diesen besucht der andere Hund täglich, bleibt einige Zeit bei ihm und kehrt dann zurück. Um ihn zum Besten zu haben, versperrte man ihm den Weg und trieb ihn mit Gewalt zurück. Allein er ließ sich dadurch nicht abhalten, er machte einen großen Umweg und kam von einer andern Seite glücklich zu seinem Bruder, welchen er auch später täglich besuchte.

Die Gemüthlichkeit des Hundes zeigt sich auch besonders bei der Erziehung seiner Jungen. Er pflegt, beleckt und säugt sie mit einem wahrhaften Wohlbehagen. Wenn eins derselben fehlt, sucht er überall darnach und freut sich ungemein, wenn er es gefunden hat. Wir besaßen einst eine Hündin, welche davon ein merkwürdiges Beispiel gab. Von den Jungen, welche sie hatte, wurde eins einem Bauer in Kleinebersdors, einem achtzehn Minuten von hier entfernten Dorfe, übergeben. Der alte Hund war außer sich, lief schnuppernd im ganzen Hause herum, um sein Kind zu suchen, und als er es da nicht fand, verließ er das Haus und brachte kurze Zeit darauf das Junge, welches er mit vieler Mühe hierher geschleppt hatte, indem er es mit der Schnauze an dem einen Beine faßte und theils forttrug, theils fortzog. Der junge Hund wurde wieder zum Bauer gebracht und von dem alten wieder geholt. Dies ging so lange fort, bis der junge Hund der mütterlichen Pflege entwachsen war.

Als Hauslehrer besaß ich einen Hühnerhund, Namens Waldmann, welcher so klug und gemüthlich war, daß ich ihm in diesen viel gelesenen Blättern ein Denkmal setzen muß. Mit dem frühesten Morgen stand er vor der Thüre meines Zimmers, um das Oeffnen derselben zu erwarten, weil er wußte, daß ich früh an meinem Schreibtische saß. Sobald mir der Kaffee gebracht wurde, kam er herein und blieb vor mir stehen, um seinen Morgengruß zu empfangen. Es kam nicht selten vor, daß ich, mit einer alle meine Gedanken in Anspruch nehmenden Arbeit beschäftigt, ihn nicht sogleich bemerkte. Das störte ihn aber gar nicht, er wartete ruhig viertelstundenlang, bis ich ihm zurief: „Nun, Waldmann, bist Du da? Du bist ein guter, lieber Hund.“ Jetzt streichelte ich ihm mit der Hand den Kopf und Nacken und bezeigte durch Blick und Gebehrde meine Liebe. Während er diese Liebkosung empfing, sah er mich mit einem ganz eignen Blicke, in welchem sich Freude und Dankbarkeit aussprach, eine Zeit lang an und ging dann unter den Ofen, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort, um sich dort niederzulegen. Er verstand meine Sprache vollständig. Wenn ich im Begriff war wegzugehen und zu ihm sagte: „Waldmann, Du kannst nicht mit,“ ging er betrübt unter den Ofen. Sprach ich aber: „Waldmann, Du kannst mit,“ dann war er ganz außer sich vor Freude, sprang hoch empor und eilte nach der Thüre.

Seine Anhänglichkeit an meine Person war sehr groß. Einst mußte ich eine Reise unternehmen, welche ich zu Fuße machte. Ich ging früh weg und bat, den Waldmann nicht aus dem Hause zu lasten. Als ich vier Stunden weit gegangen war, kam mein Waldmann hinterdrein, ganz ermattet, mit weit vorgestreckter Zunge lechzend, denn er war ohne Frühstück entwischt und sehr schnell gelaufen. So ärgerlich mir seine Ankunft war, so freundlich begrüßte ich ihn und um ihn zu erquicken, theilte ich meinen Reiseproviant redlich mit ihm. In meinem Nachtquartiere sollte er vor meiner Kammerthüre schlafen, allein er sah mich mit einem so traurigen und flehentlichen Blicke an, daß ich ihn mit in die Schlafkammer nahm. Darüber war er sehr erfreut und legte sich nahe an meinem Bette nieder.

Seine Anhänglichkeit an mich war um so anerkennungswerther, da ich ihn nicht fütterte, und er gegen einen andern Bewohner des Hauses, welcher ihn auch mit auf die Jagd nahm, sich sehr widerspenstig zeigte. Dieser scheinbare Widerspruch läßt sich aber daraus leicht erklären, daß er viel Ehrgefühl und Empfindlichkeit besaß. Ich behandelte ihn stets mit großer Liebe und gab ihm nie einen Schlag, auch dann nicht, wenn er, von seiner Hitze verleitet, mir auf der Jagd einen Verdruß gemacht hatte. Der Andere aber fuhr ihn an und züchtigte ihn, wenn er nicht folgen wollte. Dies empörte ihn so sehr, daß er sich niederlegte und ruhig prügeln ließ, ohne aufzustehen, was er sollte. Ich glaube gewiß, er hätte sich todtschlagen lassen, ehe er Gehorsam geleistet hätte.

Auch auf der Jagd zeigte es sich, daß er mich vollkommen verstand und mir willig folgte. Einst schoß ich auf einem mit Kalmus und Riedgras bewachsenen Teiche ein gepaartes Paar Kräckenten. Das Männchen war auf der Stelle todt; das flügellahme Weibchen hatte sich in dem tiefen Grase meinen Blicken entzogen. Waldmann brachte mir jenes und sah mich gewissermaßen forschend und fragend an, was er weiter thun sollte. „Such’! such’!“ war meine Antwort. Sogleich lief er wieder in den Teich nach der Stelle hin, welche ich ihm mit dem Finger zeigte, und durchstöberte Alles weit und breit, ohne die Ente zu finden. Schon

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verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_299.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)