Seite:Die Gartenlaube (1860) 544.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1860)


der französische Akademiker Littré in der Revue des deux mondes einen interessanten Aufsatz veröffentlicht, in welchem er die Frage, ob schon vor der letzten geologischen Epoche Menschen gelebt haben, behandelt. Die in den letzten Jahren gemachten Funde machen eine Bejahung der Frage nach ihm sehr wahrscheinlich und beurkunden zum Wenigsten ein sehr hohes, weit über die historische Zeit hinausreichendes Alter des menschlichen Geschlechts. Auch besteht nach ihm, trotz einzelner nicht übereinstimmender Thatsachen, ein Gesetz allmählicher Vervollkommnung und Stufenfolge, von welchem der Mensch keine Ausnahme gemacht haben wird.

Die interessanten Folgerungen, welche aus dieser wichtigen Entdeckung von dem hohen Alter des menschlichen Geschlechts im Verein mit anderweitigen Aufklärungen der Wissenschaft für die Culturgeschichte, wie für die Entwickelungsgeschichte des menschlichen Körpers und Geistes gezogen werden müssen oder können, sind theils zu offenkundig, theils schon früher oft genug geltend gemacht worden, als daß man nöthig hätte, näher darauf einzugehen. So sind diejenigen, welche sich auf das Zeugniß der Bibel für Adam als den ersten und ältesten der Menschen berufen, auch abgesehen davon, daß dieses Buch in wissenschaftlichen Dingen keine Autorität beanspruchen will, schon oft vergeblich darauf hingewiesen worden, daß das Zeugniß der Bibel selbst ganz im Gegentheil die Existenz von Menschen schon vor Adams Zeit bekundet, da dieselbe im vierten Capitel der Genesis selbst sagt, Kain (der Sohn Adams) sei aus dem Lande geflohen und habe ein Weib genommen, jenseit Eden, in dem Lande Nod! Aber wie oft mögen solche oder ähnliche Enthüllungen noch wiederholt werden, bis vor dem Zeugniß der Wahrheit die Nebel Jahrtausende alter Finsternisse oder Vorurtheile verschwinden werden?!

Dr. L. Büchner in Darmstadt.


Aus dem Leben des Haushundes. Unter dieser Rubrik befindet sich in Nr. 19 der Gartenlaube ein Aufsatz, welcher in seiner Einleitung Aufforderung zu weiteren, entsprechenden Mittheilungen enthält. Ich liefere hiermit einen Beitrag zur Characteristik des Hundes, welcher in diesem Blatte, als Fortsetzung des von Herrn Dr. Brehm eingesandten Artikels, Aufnahme finden möge.

„Ich habe,“ erzählte mir der Besitzer eines bei Neustadt in Westpreußen gelegenen Gutes, bei dem ich zu Tische geladen, „lange Jahre einen Pudel besessen, den ich und meine Familie niemals vergessen werden. Die Treue und Anhänglichkeit, der bis zur menschlichen Vernunft heranstreifende Scharfsinn des Thieres überstieg Alles, was man bis dahin im Kreise meiner zahlreichen Bekanntschaft gesehen hatte. Früher in der Gegend von Garz in Pommern ansässig, wurde von mir auch jährlich der Stettiner Wollmarkt besucht, und auch dorthin begleitete mich stets mein Pudel, welcher zwar in der Jugend seinen Namen erhalten hatte, doch ersichtlich gern „Pudel“ genannt wurde.

„Pudel hatte sich einer großen Bekanntschaft zu erfreuen, und war zu einer gewissen Berühmtheit gelangt. Der Wollmarkt war in einem Jahre besonders glücklich für mich ausgefallen. Schon am ersten Tage war meine Wolle verkauft, und ich beschloß, die Zeit meiner Anwesenheit in Stettin lediglich dem Vergnügen zu widmete. In einer Weinhandlung, im Herzen der Stadt gelegen, hatte ich mit meinen Freunden beschlossen, meines Pudels Scharfsinn auf die Probe zu stellen. Zu dem Ende versteckte ich mein Taschentuch tief zwischen Sitz und Rückenkissen des Sophas, während Pudel Siesta hielt. Wir brachen auf, begaben uns auf manchen Umwegen nach dem Bahnhofe, und hier angelangt, sprach ich: „Pudel! mein Taschentuch ist fort, geh, hole es mir.“ Pudel zog unverweilt ab, doch setzte mich sein ungewöhnlich langes Fortbleiben in Besorgniß und wir begaben uns auf demselben Wege, welchen wir nach dem Bahnhofe eingeschlagen hatten, zur Stadt zurück, alle diejenigen Orte berührend, welche wir absichtlich das erste Mal betreten hatten. Pudel war richtig an jedem Orte gewesen, hatte Nachsuchung gehalten, das Vergebliche derselben aber erkennend, sich bald wieder auf die Socken gemacht. So erreichten wir denn die oben erwähnte Weinhandlung, woselbst Pudel mit Freudensätzen, mein Taschentuch zwischen den Zähnen, mir entgegen sprang. Die Frau des Weinhändlers aber erzählte: „Um Ueberzeugung zu gewinnen, wie weit des Hundes Scharfsinn reichen werde, hatte ich, nachdem Sie das Lokal verlassen, das Taschentuch aus seinem Versteck herausgezogen und in den im Gastzimmer befindlichen, mit einer Glasthür versehenen Eckschrank, und zwar hinter eine aufrecht stehende Porzellanschüssel gelegt. Pudel stürzte urplötzlich in’s Zimmer, sofort nach dem Sopha und von dort nach kurzer Absuchung aller Plätze mit einem Satze in den Glasschrank, wie denkbar, die große Glasscheibe und Porzellanschüssel zertrümmernd, aber ersichtlich ob der veranlaßten Zerstörung für seinen Buckel fürchtend, unter das Sopha flüchtend.“

„Zu meinem Gute gehörte ein etwa eine Achtelmeile entferntes Vorwerk. Hatte ich dort eine Anordnung zu treffen, so bedurfte es nur eines Zettels, welchen ich Pudel mit der Weisung übergab, alsbald dahin abzugehen. Pudel unterzog sich stets dem ihm ertheilten Auftrage unverweilt, hierbei den gradesten Weg über Wiesen, Gräben und Felder einschlagend, und es war ganz gleichgültig, ob ich mich in meinem Hause oder auf der entferntesten Feldmark befand. Pudel überbrachte stets die Bestellung dem Vogt, welcher das Vorwerk bewirthschaftete, und nur dieser empfing den Zettel. Es bedurfte dann nur der Weisung: „Du kannst gehen!“ oder: „Du mußt warten“ Im letzteren Falle erwartete Pudel jedesmal eine Schüssel guter Milch. welche er sehr liebte, und wankte und wich nicht von dannen, bevor ihm nicht sein Botenlohn, in Gestalt seiner geliebten Milch, gezahlt war. Daß seine Rückkehr zu mir dann aber in der kürzesten Zeit erfolgte, bedarf wohl kaum der Erwähnung. Das meinem in Pommern gelegenen Gute anhängende große Dorf enthält zwei Wirthshäuser, deren Inhaber auch Materialwaarenhandel betreiben. Beide Handlungen führten diejenige Tabakssorte, welche ich stets zu rauchen pflegte, und ich entnahm grundsätzlich, gleich den anderen Waaren, meinen Tabak abwechselnd in der einen oder andern Handlung. Der Inhaber des einen Wirthshauses war Israelit und sein Name Abendroth. War ich des Tabaks bedürftig, so hatte ich an Pudel stets einen sichern Boten, und es bedurft nur der Weisung, zu Abendroth oder dessen Concurrenten zu gehen, um den Tabak von dem Händler zu erhalten, welcher diesmal beim Einkauf an der Reihe war, und niemals hat eine Verwechselung stattgefunden.

„Mit diesen Eigenschaften verband Pudel aber auch die eines trefflich geschulten Vorstehhundes, und es erregte häufig Heiterkeit, wenn ich auf Jagden in Gegenwart von Herren, welche Pudels Talent für einen dressirten Jagdhund noch nicht kannten, mit diesem auf dem Rendez-vous erschien. Dieses Talent führte des treuen Hundes klägliches Ende herbei. Eines Tages einen breiten, eben aufgeworfenen Graben besichtigend, entdeckte Pudel einen Hasen im Lager, und da in meine Küche schon mancher Lampe gewandert war, den Pudel gebracht hatte, so war ich weit entfernt, ihn abzurufen. Ich kehrte heim, doch von Pudel keine Spur. Der Tag verging, Pudel blieb aus. Boten wurden in alle Richtungen ausgesandt, sie kehrten ohne meinen geliebten Hund zurück. Erst am dritten Tage erschien Pudel, aber todesmatt und schwer verwundet. Er war von einem Jäger angeschossen, und trotz aller angewandten Heilmittel und Pflege starb das treue und seltene Thier.“

So unser freundlicher Wirth; die Mutter des Hausherrn konnte aber schon während dieser Mittheilungen den Thränen nicht mehr gebieten, und weinend verließ die würdige Matrone die Tafel. Wir aber saßen lange schweigend da. Die Rührung, welche sich unser Aller bemächtigt hatte, unterdrückte jedes Wort.

Gustav von Wallenrodt.


Auerbachs Volkskalender. Seitdem Schriftsteller von Bedeutung sich der Volkskalender angenommen, ist unbedingt ein edleres und würdigeres Streben in diesen wichtigen Zweig der Literatur gekommen. Statt der albernen Mord- und Scandalgeschichten, der vormeidinger’schen Anekdoten und Schwänke, wie sie leider noch in einigen stark verbreiteten österreichischen Kalendern erscheinen, ist ein mehr unterrichtender und in dem rein unterhaltenden Theile ein fast durchgängig anständiger Ton angeschlagen worden, der auf den Geschmack der Massen nicht ohne Einfluß bleiben kann. Den ersten Rang in dieser Beziehung stimmt zweifellos der Auerbach’sche Kalender ein, der namentlich in dem nächsten Jahrgang (erscheint den 1. September bei Ernst Keil in Leipzig) sowohl dem Inhalt wie der Ausstattung noch verdientes Aufsehen erregen wird. Auerbach selbst lieferte zwei Erzählungen: „Zwei Feuerreiter“ (aus Goethe’s und Karl August’s Leben) und „der Blitzschlosser von Wittenberg“, die erstere von Arthur von Ramberg, die zweite von Adolf Menzel sehr reich und ganz der beiden Meister würdig illustrirt. Die Holzschnitte, welche wir zu sehen Gelegenheit hatten, sind wahre Meisterstücke. Eine dritte, ebenso originelle wie schön durchgeführte Erzählung aus dem Schweizer-Leben lieferte Gottfried Keller (Verfasser des „grünen Heinrich“): „das Fähnlein der sieben Aufrechten“. Für den unterrichtenden Theil steuerte der bekannte Mediciner Professor Virchow in Berlin einen sehr interessanten Aufsatz mit 5 Abbildungen bei: „Wie der Mensch wächst“. Berth. Sigismund eine „Weltgeschichte im Dorfe“, A. Bernstein (der Redacteur der Berliner Volkszeitung) einen zeitgeschichtlichen Beitrag: „Alltägliches Gespräch“, Karl Andree einen nationalen Artikel: „Natürliche Grenze und was daran hängt“, und zum Schluß endlich ein Unbekannter: „Gut Heil! Briefe eines alten Turners aus Süddeutschland“. —- Sicher eine ebenso zeitgemäße wie reiche Auswahl, für deren innere Tüchtigkeit die bekannten Namen der Mitarbeiter die besten Bürgen sind.




Das Blut des heiligen Januarius. Bezüglich des in der letzten Nummer abgedruckten Aufsatzes: Das Mirakel des heiligen Januarius erhalten wir so eben von dem Verfasser in Neapel noch eine nachträgliche Einschaltung: Das silberne Gefäß, worin sich das angebliche Blut in zwei Phiolen befindet, hat ungefähr die Gestalt einer Wagenlaterne, ist doppelt so groß als die gegebene Abbildung, und ist an einer seidenen Schnur befestigt, die dem es zeigenden Priester um den Hals liegt, damit es ihm bei dem vielen, unaufhörlichen Umdrehen nicht zu Boden falle. An dem unteren Theile, da wo die Handhabe sich mit dem Mitteltheile verbindet, sind einige kreisrunde Löcher angebracht, wie mir scheint, um die erwärmte Luft desto besser in den innern Raum, wo die Fläschchen stehen, gelangen zu lassen. Zum Ornamente gehören dieselben entschieden nicht und umsonst werden sie wohl auch nicht da sein. In der Abbildung konnten sie natürlich nicht angedeutet werden.



Schach.
Aufgabe Nr. 5.

Stellung: Weiß. K g 6. D b 7. S c 4, d 7. B c 2. Schwarz. K e 6. T c 6. B g 7. Matt in drei Zügen; vom Anonymus von Lille.

Briefwechsel.

Plauen M–r. Das Problem ist richtig unter der Bedingung eines Bauermattes, welche freilich die Lösung leichter errathen läßt. Ohne solche Bedingung kann Weiß auch durch 3. S b 6 † S b 6 : 4. T c 5 † nebst 5. T c 5 † das Ziel erreichen. Mit nachträglichem S a 6 bleibt 3. S e 3. 4. T c 3 – c 5. 5 c 4 † möglich. — Leipzig. H. F. Richtig; wie aber lösen Sie die Aufgabe, wenn noch ein weißer Bauer auf g 5 steht? – Altona. J. H. E. Nicht richtig, da Schwarz T a 8 — a 1 † entgegnen kann. – Sebnitz. J. G. W. Das Zeichen o — o bedeutet die Rochade.




Für „Vater Arndt“

gingen bei Unterzeichnetem wieder ein: 2 Thlr. ein Verehrer Arndt’s in Fürth – 15 Thlr. 2 Ngr. Ertrag der auf dem Czernebock von den Sängervereinen aus Bautzen und Neusalza angestellten Sammlung – 3 Thr. 24 Ngr. der Sängerverein in Ilmenau 35 Thlr. einige Primaner und Lehrer des Gymnasiums zu Reval (Esthland), übersandt von M. Kimmel – 8 Thlr. Erholungsgesellschaft in Sebnitz – 11 Ngr. einige Mitglieder des Sebnitzer Liederbundes – 7 Thlr. 20 Ngr. (13 fl. 30 kr.) Dautenheimer (Großh. Hessen) Sängerbund mit dem Motto: „Wo man singt, da laßt Euch ruhig nieder.“

Ernst Keil.

Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 544. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_544.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)