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verschiedene: Die Gartenlaube (1864)

No. 5.   1864.
Die Gartenlaube.


Illustrirtes Familienblatt.Herausgeber Ernst Keil.


Wöchentlich 1½ bis 2 Bogen. 0Durch alle Buchhandlungen und Postämter vierteljährlich für 15 Ngr. zu beziehen.





Ein Frauenschmuck für Schleswig-Holstein!

Die Hochherzigkeit des deutschen Volkes von 1813 will in unsern Tagen sich erneuen. Herz und Hand der ersten deutschen Frauen und Jungfrauen brachten damals dem Vaterlande und der Freiheit die theuersten Opfer, und selbst vom liebsten Schmuck trennten sie sich, wenn es galt, ihn auf den Altar des Vaterlandes niederzulegen.

Von deutscher Frauenhand – ich weiß nicht, ist’s eine reiche oder arme – ist mir der erste goldene Schmuck für Schleswig-Holstein geopfert worden mit der Bitte, ihn zu verwerthen für die uns Allen heilige Sache. Ich danke der edlen Frau, deren Namen ich nicht einmal kenne, hierdurch öffentlich, da ich es brieflich nicht vermag. Ihr Wunsch soll in Erfüllung gehen, aber nicht auf dem kurzen Wege des Verkaufs, sondern vor dem ganzen deutschen Volke auf dem der Versteigerung! Der Goldwerth dieses Schmuckes (Broche) ist auf 5 Thaler abgeschätzt, der geschichtliche Werth, den er als erstes Kleinod erhielt, das in unserer verhängnißvollen Zeit für das Vaterland dargebracht ward, ist unschätzbar.

An Alle, die der Himmel mit den Gütern des Lebens gesegnet und die ein Herz für die Sache des Vaterlandes haben, richte ich nun die freundliche Bitte, ihre Angebote auf den Schmuck einzusenden. Dem Höchstbietenden wird der Schmuck zufallen, der Erlös aber als eine Separatgabe in die Hände der Herzogin Adelheid von Schleswig-Holstein zur Verwendung für patriotische Zwecke niedergelegt werden.

Möge die Gabe der edlen Frau und meine Bitte ein von der Heiligkeit der Sache durchdrungenes Gemüth finden!

Ernst Keil. 




Der Kranz am Marterl.
Eine Geschichte aus dem bairischen Hochland.
Von Herman Schmid.
(Schluß.)


Durch das Abnehmen des Kranzes war die Malerei und die Schrift auf dem Täfelchen mehr sichtbar geworden, und unwillkürlich las Sabine den am Ende angebrachten frommen Spruch:

„Bedenk’ es wohl, mein lieber Christ,
Weißt nie, wie nah’ das Sterben ist!“

Sie hatte diese Worte wohl schon unzählige Male gelesen, ohne davon einen besonderen Eindruck zu erhalten; diesmal aber dröhnten sie ihr in Ohr und Herz wie ein in nächster Nähe vernommener unvermutheter Glockenschlag. Welch’ furchtbare Mahnung lag in diesen einfachen Zeilen, zumal an diesem Orte, wo sie durch den Sturz des Jägers schon einmal eine so schreckliche Bestätigung gefunden und sich heute wieder erprobt hatten, denn auch dem Gefangenen war der Tod nahe und war unerwartet an ihn herangekommen, wie ein Fall aus heiterer, sonniger Höhe.

Wie nahe mochte vielleicht ihr selbst das eigene Ende sein?

Und wenn es unvermuthet – vielleicht noch in dieser Stunde an sie herantrat, wie war sie auf den ernsten Augenblick bereitet? Konnte sie dem Knochenmanne unerschrocken in die leeren Knochenhöhlen der Augen sehen, und nicht erzittern vor dem Schwung seiner Sense? Wenn sie in dieser Zeit abgerufen wurde, hinzutreten vor den Thron Gottes, vor das Sonnenauge des allwissenden Richters, vor dem die Falten aller Geheimnisse sich auseinander legen – zu dem sie so oft gebetet hatte um Gnade „jetzt – und in der Stunde des Absterbens“ … konnte sie vor ihm den Blick erheben? Konnte sie auf Gnade hoffen mit ihrem Herzen, erfüllt von Gedanken des Hasses und der Rache? … Wehe, wenn der ewige Richter ihr zumaß mit dem Maße, mit dem sie ausgemessen hatte … wehe, wenn er ihr vergab, wie sie vergeben hatte ihren Schuldigern!

Mit ungeheurer Angst überfiel sie das Bewußtsein, daß sie von nun auch den Tod eines Menschen auf sich haben werde – eines Menschen, der, wenn auch für sich schuldbeladen, ihr nur Liebe gezeigt, nur Vertrauen erwiesen hatte, und den sie dafür mit Verrath belohnt, ihm einen Stein gegeben hatte statt des Brodes!

Sie kam zu keinem Entschlusse, aber von innerer Unruhe gegeißelt, eilte sie aus der Schlucht, zur Straße hinab – sie mußte wissen, wie es um den Verrathenen und Gefangenen stand.

Die Straßenbeugung, wo der Verhau angebracht war, war schnell erreicht, durch ein Gebüsch an der Anhöhe verdeckt, konnte sie das ganze Bollwerk überblicken. Es war dicht mit Bewaffneten besetzt, denn wenn auch die ersten Vertheidiger sich ermüdet zurückgezogen hatten, waren sie durch doppelt so viele Neuangekommene ersetzt; hatte sich doch der Lärm verbreitet und die ganze Burschenschaft der Gegend in Waffen herbeigeführt. Der eisgraue Kopf

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verschiedene: Die Gartenlaube (1864). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1864, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1864)_065.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)