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verschiedene: Die Gartenlaube (1864)

bestand kurz gesagt darin: daß sechs zu einem Bündel geschnürte Lichte angezündet und dem auf der Folter liegenden Inquisiten die Flammen unter die Achselhöhlen gehalten wurden. Die Feuerstrafe ward durch die theresianische Gerichtsordnung geregelt und bis 1793 ausgeübt.

Die leichteren Strafen der Hexen bestanden in 1) Brandmarkung; 2) Ausstäupung und Landesvertreibung; 3) Ausstellung an den Pranger in einer Schandlarve – Strafen, die jedoch auch alle Verbrecher anderer Art trafen. Die Brandmarke (Fig. XI.) drückte man dem Verurtheilten auf die Schulter, Brust, Backen etc. Noch heute wird dieses abscheuliche Verfahren, das Gesicht zu brandmarken, an Missethätern in Ostindien ausgeübt, und leider nach den dort herrschenden Gesetzen, welche ein auf der höchsten Stufe der Civilisation stehenwollendes Volk – die Engländer – proclamirt haben.

Im 17. und theilweise 18. Jahrhunderte brannte man Namen – ja Sprüche ein. Z. B. „Hexe“ oder „Hütet Euch vor diesem!“ Bei Zaubereiprocessen brannte der Henker auch das sogenannte „Hexenzeichen“, „Hexenkratzer“, „Stigma“ oder „Teufelsdruck“ mit glühendem Eisen aus.

Kleine Flecke, eine Warze oder ein Mal genügten, um des Pactes mit Satan verdächtig zu sein. „Denn,“ sagt Erasmus Franz salbungsvoll, „dieser verdammte Betrüger und höllische Menschenjäger zeichnet seine lieben Getreuen mit seinem Merkmahle als: Krötenfüssen, Ratten, Maus, Spinne und Fliegen-Bildern. Der Henker soll sie mit einem Pfriemen durchstechen, nachher aber ausbrennen, worauff sie denn gestehen, daß der höllische Schauspieler sie ihnen eingedrückt.“ Bei den Ausstellungen am Pranger in Schandlarven war Fig. XII. die schwerere und peinigendere Larve. Sie bestand aus eisernen Platten und Reifen und wurde durch ein Charnier geschlossen. Fig. XIII., welche der Curiosität halber beigegeben ist, sieht allerdings weit fürchterlicher aus, ist aber nur bei leichteren Vergehungen angewendet worden und war eine Strafe für Verleumder, Ehrabschneider und böswillige Neider. Den Ungeheuerkopf stülpte man dem Verurtheilten über, die beiden Schlangen mußte er in den Händen halten. Fig. XIV. und XV. sind Strafinstrumente, deren Anwendung an das Humoristische streifte. Fig. XIV. ist der Schellenkragen, den Modenarren tragen mußten. Die überhandnehmende Putzsucht verleitete zu den tollsten Ausgaben und trieb häufig dem Verbrechen in die Arme. Um „Exempla zu statuiren“, wurden die Uebertreter der Kleiderverbote einige Male in solche Maschinen gesteckt, mit denen sie umherstolziren mußten. Fig. XV. ist ein Strafinstrument für zänkische Weiber. Zwei Frauen, die sich auf offenem Markte gezankt oder gar thätlich gegen einander vergangen hatten, schloß der Büttel in ein, wie Fig. XV. zeigt, durchlöchertes Holz, und zwar so, daß durch die an beiden Enden befindlichen, weiten Löcher die Hälse, durch die kleinen die Arme gesteckt wurden. In dieser Lage, die Gesichter gegeneinander gekehrt, die zum Kampf bereiten Hände gefesselt, mußten die Marktfriedenbrecher eine Stunde lang auf offenem Platze verharren.

Der Leser möge diese Probe des alten Strafrecht-Humors als kleine Aufheiterung nach so vielen düsteren Schilderungen hinnehmen; vergegenwärtigt man sich die Situation, so macht sie eine komische Wirkung.

Fig. XVII. Der
gespickte Hase.

Aehnliche Bewandniß wie mit dem Ungeheuerkopfe hat es auch mit dem unter Fig. XVI. abgebildeten Todtenschädel. Derselbe ist aus einer Art Pergamentpapier gefertigt und mit Reifen inwendig ausgesteift. Seine Oeffnung, hinter den Kinnladen befindlich, ist so weit, daß ein Mensch bequem seinen Kopf hineinstecken und das Ganze wie einen Helm aufsetzen kann. Wenn der Ungeheuerkopf zur Strafe der Verleumdung, des Ehrabschneidens oder sonstiger injuriöser Handlungen getragen werden mußte, so hatte freilich der Todtenschädel als Schmuck für das Haupt eines Delinquenten ernstere Rechtsceremonien zu repräsentiren. Der Schädel ward nämlich solchen Leuten aufgestülpt, die zum Tode verurtheilt und plötzlich begnadigt wurden. Es war das ein sehr altes Herkommen. Im Westphälischen, im Ansbachischen und in Franken trugen die begnadigten Missethäter einen wirklichen Todtenkopf und zwei Röhrknochen darunter auf der Brust, womit sie an den Pranger gestellt wurden.

Fig. XVII., ein Marterwerkzeug, mit welchem wir schließen wollen, sei deshalb an das Ende gestellt, weil es eigentlich zu keiner besonderen Art regelrechter Torturwerkzeuge gehörte. Es scheint in der That nur eine Spielerei der grausamsten Art gewesen sein. Sein Gebrauch läßt sich sehr leicht einsehen und anschaulich machen. Die beiden Enden, eiserne Stiele, befanden sich zwischen Breterlagen, so daß das Ganze leicht herumgedreht und gerollt werden konnte. Die aus der Walze hervorragenden Spitzen waren Holzstifte meist achteckiger Form. Man zog nun den zu Marternden, indem er auf dem Rücken lag, über dieses Holz, dessen rollende Bewegung nicht geringe Schmerzen verursachte. Hatte man hochgezogen, so ließ man langsam wieder herabfallen und dieses Manöver wiederholte man verschiedene Male. Aufgabe war für den Henker, „den Reus nicht so zu reissen, daß Blut komme, sondern ihn nur glimpflich (!) zu torquiren“. Das Werkzeug führte den harmlosen Namen der „gespickte Hase“. Es findet sich jedoch in keinem eigentlichen, richterlichen, rechtmäßigen Folterinventar, und obgleich es häufig vorkommt, so ist es doch wohl nur eine Laune tyrannischer Richter gewesen, die sich hier und da Bürgerrecht verschafft haben mag. Besondere Stellung im peinlichen Rechtsgange nahm sie nicht ein.

Die beigegebenen Illustrationen sind nach den in der Sammlung des Herrn Dr. Geuder auf der Burg zu Nürnberg befindlichen Originalen gefertigt. Ein Besuch dieser merkwürdigen Sammlung ist dem Leser, den sein Weg nach der schönen altdeutschen Pegnitzstadt führt, dringend anzurathen, wäre es auch nur, damit er sich in dankbarer Freude recht lebhaft bewußt werde, daß die Anschauungsweise jener guten alten Zeit, die dergleichen Werkzeuge raffinirter Grausamkeit erfunden und gehandhabt hat, für immer zu den überwundenen gehört.




Eine Gletscherfahrt im Berner Oberlande.
Von Gottlieb Studer.
(Schluß.)

Unsere Berggänger ließen sich das bescheidene Gabelfrühstück schmecken; währenddem wendete sich der Reisende an den sagenkundigen Jakob:

„Hört, Jakob, ich möchte wohl wissen, woher eigentlich der seltsame Name Altels stammt. Könnt Ihr mir darüber Bericht geben?“

„Nein, Herr, das vermag ich nicht.“

„Drunten im Thale und in unseren Reisehandbüchern nennt man Euern schönen Schneeberg da die Altels. Das deutet doch wohl auf den Namen Elisabeth oder Else. Habt Ihr nicht auch hier in der Nähe eine ,Wilde Frau’ und eine ,Weiße Frau’, wie Ihr den großen Schneeberg hinten im Kienthale benennt?“

„Wir heißen,“ entgegnete Jakob wieder, „den Berg hier mit seinem Schneegipfel schlechtweg den Altels. Den wilden Schafberg, der sich auf der Seite des Gasternthals hoch über die Flühe hinauf bis an den Gletscher zieht, nennen wir Wildelsigen, und drüben über jenem Grat, der sich rechts vom Lohner gegen Frutigen wendet und im Elsighorn sich ausspitzt, liegt eine gute Alp, die den Namen Elsigen führt. Diese Alp bildete vor Zeiten einen Theil des großen Metschberges, der den Adelbodnern gehört. Der Besitzer dieses Berges, so erzählt man, ein sehr reicher Mann, hat eine Tochter, Namens Elisabeth, und zwei Söhne, Melchior und Peter, gehabt. Nach dem Tode

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verschiedene: Die Gartenlaube (1864). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1864, Seite 606. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1864)_606.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)