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verschiedene: Die Gartenlaube (1864)

Ende der möglichen Reihe menschlicher Schädelformen. Sie gleichen am meisten denjenigen der heutigen Lappen und Finnen, doch zeigen sie nicht vollständige Uebereinstimmung. Die Charaktere aber, welche sie von den heutigen Lappen trennen, gehören vielleicht zu der Anzahl derjenigen, welche im Laufe der Zeiten durch die Civilisation sich abändern können. Die Aehnlichkeit des Schädelbaues, die Uebereinstimmung in der geringen Körpergröße, der Schmächtigkeit des ganzen Knochenbaues, und die Analogie der Lebensweise, die sich aus den Funden ergiebt, mag also wohl meine Bezeichnung als Küstenlappen rechtfertigen.


Blätter und Blüthen.


Ein technisches Räthsel. Noch giebt es trotz der enormen Leistungen und Fortschritte der Wissenschaft unserer Zeit im Gebiet der Naturwissenschaft und Technik ein ganzes Heer von Aufgaben und Räthseln, deren Lösung dem Uneingeweihten so nahe liegend, so leicht scheint und welche in der That noch ungelöst sind. Ein solches unscheinbares Räthsel ist es, welches hier in Kurzem vorgeführt werden soll – die Sache liegt auch dem gewöhnlichen Menschenverstande so nahe, daß sicherlich mancher Leser der Gartenlaube, auch wenn er kein gelehrter Physiker oder Techniker vom Fach ist, wenn er sich nur für die Sache interessirt, Erfahrungen sammeln kann, die zur Lösung des Problems beitragen. Schon in mehreren Hauptversammlungen des sächsischen Ingenieur-Vereins und des Vereins deutscher Ingenieure ist der Gegenstand besprochen worden; aber eine ausreichende, alle Entgegnungen beseitigende Erklärung der Erscheinung, von welcher die Rede ist, läßt noch immer auf sich warten. Jedermann kann die Beobachtung anstellen, um die es sich hier handelt: er begebe sich um die Zeit, wo gegossen wird, in eine Eisengießerei, werfe ein Stück festes Eisen in die flüssige Eisenmasse, und er wird die sonderbare Bemerkung machen, daß das feste Eisen auf dem flüssigen schwimmt.

„Ist das denn nun etwas so gar Wunderbares?“ wird man sagen; „weiß man doch, daß auch festes Eis auf dem flüssigen Wasser schwimmt, und ist Eis weiter nichts als gefrorenes Wasser, so ist auch festes Eisen weiter nichts, als flüssiges Eisen, welches gefroren ist. Wenn man also eine Erklärung dafür hat, daß Eis auf Wasser schwimmt, so wird dieselbe wohl auch für unsern ganz ähnlichen Fall des auf flüssigem schwimmenden festen Eisens gelten.“ Weit gefehlt! Die Sache verhält sich anders, und zwischen Eis und Eisen ist ein Unterschied. Wir wollen sehen, worin dieser liegt. Eis schwimmt auf Wasser, weil ein Stück Eis weniger wiegt, als ein Quantum Wassers, welches denselben Raum einnimmt. Daraus kann man schließen, daß Wasser, wenn es gefriert, sich ausdehnt, und dies geschieht auch in der That. Allerdings weiß man, daß alle Gegenstände bei sinkender Temperatur sich zusammenziehen;, allein dies Naturgesetz findet nicht ohne Ausnahme statt. Wenn sich heißes Wasser abkühlt, so zieht es sich ebenfalls immer mehr und mehr zusammen, aber nur bis zu einer gewissen Grenze, bei welcher es seine größte Dichtigkeit erreicht; diese Grenze liegt aber noch über dem Gefrierpunkte, und unterhalb dieser Grenze bis zum Gefrierpunkte dehnt sich das Wasser wieder aus. Hier ist also die Erklärung richtig. Eis schwimmt auf kaltem Wasser, weil es wirklich relativ leichter ist, als dieses. Will man nun diese Erklärung auf die Erscheinung des schwimmenden Eisens anwenden, so wird man finden, daß sie nicht genügt. Es läßt sich nämlich nachweisen, daß kaltes festes Eisen nicht dünner und relativ leichter, sondern wirklich dichter und relativ schwerer ist, als flüssiges. Es ist bekannt, daß das Modell, nach welchem ein Gegenstand in Eisen gegossen wird, um ein Gewisses größer sein muß, als der eiserne Gegenstand selbst werden soll. Da man nun auch weiß, daß das flüssige Eisen die Formen, in welche es gegossen wird, sehr genau ausfüllt – und hiervon kann sich Jedermann an den äußerst fein und sauber ausgeführten Kunstgußgegenständen überzeugen – so muß der Raum, welchen festes Eisen einnimmt, kleiner sein, als der, welchen ein gleiches Gewicht flüssigen Eisens eingenommen hat; d. h. festes Eisen ist wirklich relativ schwerer, als flüssiges. Mit der Erklärung durch „schwer“ und „leicht“ ist es also nichts. Hiernach hat man andere Kräfte zur Erklärung hervorgesucht. Der Eine sagt: Jede Flüssigkeit besitzt einen Zusammenhang seiner Theilchen, welchen ein untersinkender Körper überwinden muß und nur überwinden kann, wenn er um ein Gewisses schwerer ist, als die Flüssigkeit. Aber würde wohl, wenn dies richtig wäre, das feste Stück Eisen wieder emporschnellen, wenn man es in der flüssigen Eisenmasse untertaucht? Ein Anderer führt die Strömungen an, welche in jeder sich abkühlenden heißen Flüssigkeit entstehen dadurch, daß die sich zuerst erkältenden oberen Schichten, welche schwerer sind, untersinken und die heißen unteren emporsteigen; der Strom nach oben in der Mitte des Gefäßes soll nun die tragende Kraft hergeben. Nur schade, daß dieser Erklärung die Beobachtung entgegensteht, daß in flüssigem Eisen die kälteren Schichten die oberen und die wärmeren die unteren sind.

Endlich wird noch angemerkt, daß das feste Eisen ebenso wie alle festen Körper Luft und Wasser einsaugt und beim Erwärmen beides wieder ausströmen läßt; dieser Gasstrom soll nun wiederum die tragende Kraft ausüben. Auch diesem läßt sich entgegnen, daß das feste Eisen sehr bald anfängt, an seiner Oberfläche zu schmelzen, während es immer weiter schwimmt; dann kann aber wohl schwerlich noch von ausströmenden Gasen oder wohl gar von einer sich um den festen Körper bildenden Gashülle die Rede sein. Alles aber, wie es geschehen ist, als die Wirkung der „tragenden Kraft der Wärme“ zu erklären, ist eines Physikers oder Technikers unwürdig; wenigstens liegt in dieser Erklärung weiter nichts, als die Erklärung: „Ich habe keine Erklärung.“ Ebensowenig wie die Physiologie durch die Einführung des Begriffes der Lebenskraft, welche die Erscheinungen des Lebens erklären sollte, bereichert worden ist, ebensowenig ist durch den Begriff der tragenden Kraft der Wärme unser Phänomen aufgeklärt worden. Kurz, die Zukunft erst soll dieses Problems Lösung bringen.

R. H.


Ein deutscher Consul am Cap der guten Hoffnung. Es ist ein altes Lied, welches wir heute singen, das aber leider immer und immer wieder seine Berechtigung hat, – wir meinen die hier und da noch mehr als klägliche Vertretung Deutschlands im Auslande.

„Sehr groß ist die Zahl der Deutschen,“ schreibt der Gartenlaube ein seit Jahren in der Capstadt in Südafrika angesiedelter deutscher Arzt, „welche hier in der Capcolonie leben. Unähnlich ihren Brüdern in Nordamerika, die sich nur zu rasch yankeeisiren, halten sie mit Zähigkeit an ihrer Nationalität fest und sind stolz darauf, Deutsche zu sein. Das wollen wir auch bleiben unter allen Umständen, selbst wenn das Vaterland uns nur eine Stiefmutter ist. Ja, manchmal leider eine arge Stiefmutter! Denn wie steht es hier zum Theil mit unserer Vertretung? Denken Sie, der preußische Consul, der Consul des größten deutschen Staates, versteht kein einziges Wort Deutsch!

Vor etwa zwei Jahren war es, als nahe der Capstadt eine preußische Barke scheiterte. Natürlich wandten sich die armen Schiffbrüchigen zunächst an ihren Consul. Doch, o weh! Sie waren nicht im Stande sich dem Manne verständlich zu machen, und es mußten erst Dolmetscher zusammengeholt werden, damit die armen Landsleute um einen Bissen Brod, um ein Hemd, um einen Rock bitten konnten. Und das in einer Stadt, welche eine beträchtliche und angesehene deutsche Bevölkerung zählt, wo so viele hochachtbare deutsche Geschäfts- und Kaufleute leben, daß sich Preußen aus ihnen zehn Consuln statt eines mit Leichtigkeit auswählen könnte! Aber das geschah leider nicht, – es ernannte einen Stock-Engländer mit antideutschen Gesinnungen und Anschauungen zu seinem Vertreter. Oesterreich und die anderen hier vertretenen deutschen Staaten, sie haben sammt und sonders Deutsche zu Consuln, nur Preußen, das intelligente, große Preußen, findet es für gut, dies für seine Staatsangehörigen so wichtige Amt in die Hände eines steifnackigen John Bull zu legen!

Wohl wissen wir hier, daß die Gartenlaube, die auch bei uns eifrigst gelesen und hochgehalten wird, so hoch, daß wir jedes Dampfboot, welches uns das liebe Blatt bringt, als eine freudige Erscheinung begrüßen, – wir wissen hier recht wohl, daß die Gartenlaube augenblicklich in Preußen als ‚feuergefährliche Waare‘ verboten ist, aber ich glaube doch gerade in ihr, der gelesensten aller deutschen Zeitschriften, die fabelhafte Thatsache veröffentlichen zu müssen, daß Preußen am Cap der guten Hoffnung einen Consul hält und besoldet, welcher den an ihn Gewiesenen, seines Schutzes Bedürftigen keine Sylbe Rath, Trost oder Hülfe zuzusprechen vermag, ohne erst zur Vermittelung von Uebersetzern und Dolmetschern genöthigt zu sein.

Vielleicht dringt diese Mittheilung doch in jene Regionen, von wo aus dem unerhörten Mißstände abgeholfen werden kann.“



Gnade für ein Kind. Für unsere Leser im fernen Auslande bemerken wir, daß das Kind, für welches unsere Ansprache an der Spitze unserer heutigen Nummer die kaiserliche Gnade anruft, der vierzehnjährige Sohn des in weiten Kreisen bekannten und geachteten Buchhändlers Kober in Prag ist. Von den Eltern sorgfältig erzogen, gehörte der Knabe seit dem Herbste des vorigen Jahres einer Privaterziehungsanstalt in Wien an, und hier war es, wo er – Gott weiß wie und wodurch – in kindlicher Ueberspannung zwei seiner Mitschüler mündlich und schriftlich zu einem Geheimbunde aufforderte, dessen Zweck die Ermordung des Kaisers von Oesterreich sein sollte. Der wahnsinnige Plan wurde verrathen, und Karl Kober am 13. September l. J., trotz aller Rettungsversuche der unglücklichen Mutter und trotz der glänzenden Vertheidigung seines Anwalts, vom Gerichtshofe zu fünfjähriger schwerer Kerkerstrafe verurtheilt. Dies das traurige Factum, auf welches sich die erwähnte Ansprache bezieht und das, für sich selbst redend, jedes Wort der Erläuterung und Betrachtung überflüssig macht.


Die Deutschen Blätter, Beilage zur Gartenlaube, welche eine regelmäßige Uebersicht der wichtigsten Tages- und Literaturerscheinungen bringen und vierteljährlich nur 6 Ngr. kosten, enthalten in ihren neuesten Nummern:

Nr. 40. Eine leichte Person. Wiener Erinnerungen von Albert Träger. – Umschau: Eine neue Zeit. – Zur Charakteristik Haynau’s. – Der Reiseverkehr in Deutschland. – Literarische Wochenschau.

Nr. 41. Deutsche Vermächtnisse. – Warum? II. – Umschau: -Ein Vertrag. – Für kleine und kleinste Städte. – Literarische Wochenschau. – Kleiner Briefkasten.


Hierzu eine Extra-Beilage: Die Coburger Lotterie zu Gunsten Nothleidender in Schleswig-Holstein betreffend.


Verantwortl. Redacteure F. Stolle u. A. Diezmann. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1864). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1864, Seite 672. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1864)_672.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)