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verschiedene: Die Gartenlaube (1866)

Der Elephant in der Gefangenschaft.
Von Bodinus, Director des zoologischen Gartens in Köln.


Die Unterwerfung des kolossalsten und stärksten Thieres der Welt, des Elephanten, unter den Willen und die Herrschaft des Menschen ist gewiß nicht minder bewundernswürdig als der Umstand, daß das Riesenthier, nachdem es sich einmal unterworfen, seinem Herrn die unbedingteste Anhänglichkeit und Liebe erweiset. Nur von einem Thiere, von dem Hunde, wird er hierin übertroffen, und wenn man das Pferd auf gleiche Höhe mit diesen Beiden stellen will, so können wir uns trotz mancher Gegenbeweise doch dieser Ansicht nicht anschließen. Ausnahmen freilich giebt es überall, wir wollen jedoch, was wir behaupten, von der Allgemeinheit gesagt haben, und mag die Dressur beim Pferde auch Wunderbares leisten, die Intelligenz, den freien und guten Willen wie beim Hunde und dem Elephanten finden wir entschieden nicht; es gehorcht stets nur einem gewissen Zwange.

Elephantentoilette.
Nach der Natur gezeichnet von H. Leutemann.

Schon die Art und Weise, wie sich der Mensch des in der Wildniß lebenden Riesenthieres meistens oder hauptsächlich nur durch Beihülfe gezähmter Elephanten zu bemächtigen pflegt, muß unsere Bewunderung erwecken. Pferde, in der Wildniß geboren und aufgewachsen, werden niemals säumen, bei passender Gelegenheit sich den wilden Brüdern wieder anzuschließen; ein gezähmter Elephant dagegen, mag er auch der wildeste gewesen sein, macht, nachdem er einmal Liebe und Vertrauen zu seinem Wärter oder Führer gefaßt hat, keinen Gebrauch von der ihm dargebotenen Gelegenheit zu entfliehen, er kehrt sicher zu ihm zurück, wie dies zahlreiche Fälle beweisen, in denen man das momentan aufgeregte Thier in Freiheit setzte, um zerstörenden und leidenschaftlichen Kraftäußerungen desselben aus dem Wege zu gehen. Nach einem Jahre der Gefangenschaft und Zähmung stellt der größte und stärkste Elephant bei guter Behandlung und Anleitung seine ganze körperliche und geistige Kraft willig und gern zu Gebote, um seine wilden Brüder gefangen zu nehmen.

Bekanntlich werden diese in Indien mit größter Vorsicht, mit oft Wochen hindurch dauernder Geduld und Anstrengung in größerer oder geringerer Anzahl durch Tausende von Menschen in einen von starken Palissaden umgebenen Raum getrieben und eingeschlossen. Sobald die Thiere sich gefangen sehen, stürzen sie in wilder Wuth gegen die Umzäunung, um diese zu durchbrechen. Stets zurückgeschreckt durch furchtbares Geschrei, durch Schüsse und sonstiges Lärmen

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verschiedene: Die Gartenlaube (1866). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1866, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1866)_021.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2020)