Seite:Die Gartenlaube (1866) 489.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1866)

Den Igel haben wir bereits erwähnt. Gegen den Herbst zu wird er ungemein wohlbeleibt und dann gräbt er im Versteck unter Laub und Gebüsch eine Vertiefung, füttert dieselbe weich aus und legt sich mit eintretender Winterkälte in tiefen Schlaf. Der gemeine Bär hält auch in einer Höhle oder Grube eine Art Winterschlaf, die jedoch nicht wie bei dem Murmelthiere eine vollkommene Erstarrung ist. Namentlich schlafen die Weibchen nicht fest und anhaltend, ja, man weiß sogar, daß sie mitten im Winter ihre Jungen werfen. Selbst das Männchen bringt nur die kälteste Zeit lethargisch schlafend zu, erwacht aber oft schon im Januar in der Höhle, wenn milde Witterung eintritt, um später bei wieder eintretender Kälte seinen Winterschlaf fortzusetzen. Mit noch größeren Unterbrechungen schläft das Weibchen, da es gerade zu dieser Zeit für seine Jungen zu sorgen hat.

Vom Hamster wissen wir, daß er sich in seine Höhle begiebt, sobald der rauhe Herbst in’s Land zieht. Da er jedoch nur ein sogenannter halber Winterschläfer ist, so wacht er an milden Wintertagen auf und wagt einen Blick in’s Freie, kehrt aber wieder zurück und schläft, bis die Frühlingssonne den Boden erwärmt. Dann kommt er abgemagert aus seinem Versteck hervor, um sich eine Gattin aufzusuchen. – Auch unsern gemeinen Dachs befällt keine eigentliche Erstarrung. Sobald die erste Winterkälte eintritt, findet man ihn in seinem Baue zusammengerollt auf dem Bauche liegen, den Kopf zwischen die Hinterbeine gesteckt, wobei er nicht besonders fest und keineswegs ununterbrochen schläft. Denn bei nicht anhaltender Kälte und dem Eintritte gelinder Witterung wird er bald aus seinem Schlafe geweckt und geht sogar zuweilen des Nachts aus seiner Wohnung, um zu trinken, sowie er diese auch oft schon im Januar und Februar bei anhaltend warmer Witterung verläßt, um Wurzeln auszugraben und Bucheckern zu suchen.

Die Nager haben wieder eine bedeutende Anzahl Winterschläfer unter sich, nämlich den eigentlichen Siebenschläfer, welcher eben von seinem siebenmonatlichen Winterschlafe den Namen erhalten hat. Er verbringt denselben in einem Baumloche neben seinen Vorräthen an Eicheln, Bucheckern, Nüssen und verschiedenen anderen Kernen, welche er während des Sommers aufgehäuft hat. Dieselben Erscheinungen finden wir bei der Eichelmaus, der Haselmaus und bei dem Ziesel. Die Eichhörnchen versinken nur auf Tage in Winterschlaf, so daß man also hier blos von einem Schlafe des Eichhörnchens im Winter sprechen kann.

Die Amphibien, deren Zahl bei uns nur gering ist, sind sehr empfindlich gegen die Kälte. Sie vergraben sich, wie unsere Frösche und Kröten, in Erdlöcher, hohle Bäume und Schlamm. Von unserer gemeinen Eidechse wissen wir, daß sie sich im Winter den Eingang in die Wohnung mit Erde oder dürrem Laub verstopft und in völliger Erstarrung daliegt, so lange die Kälte dauert. Dasselbe thut unsere Blindschleiche, welche jedoch an warmen Wintertagen bisweilen erwacht, den Kopf hervorstreckt, um zu athmen, und sich dann wieder scheu zurückzieht.

Ueber die Fische selbst haben wir wenig Kenntniß, doch muß man annehmen, daß viele im Schlamme überwintern, wie wir dies von unserem Aal, dem Schlammbeißer und dem Karpfen genau wissen. Den merkwürdigsten Sommerschlaf hält der Schuppenmolch des Senegal, welcher sich nach Ende der Regenzeit, wo die Erde allmählich auszutrocknen anfängt, in den Schlamm eingräbt. Er streckt sich so, daß der Mund oben herausragt, und erweitert das Loch durch Umdrehung seines Körpers. Auch sondert er einen Schleim ab, wenn er sich einbettet. In dieser Lage athmet er Luft und genießt keine Nahrung, bis die Regenzeit wieder eintritt, wo er sich dann als Fisch gerirt.

Die ausgebildeten Insecten suchen sich, nicht ohne große Beunruhigung, im September oder October einen geeigneten Platz in Ritzen, unter Steinen in Steinmoos, Erdlöchern und Gebäuden, um daselbst den Winterschlaf abzuhalten. Nur sehr wenige bleiben den ganzen Winter hindurch munter. In der Tropenzone ruht wieder während der heißen Zeit das bunte Leben, welches sich in der Regenzeit so üppig entfaltet hatte. Unsere Käfer überwintern zum Theil im vollkommenen Zustande, zum Theil als Larven, meist unter Laub und Steinen; die Schmetterlinge findet man im Winter nur als Raupen und als Puppen. Alle Landschnecken, sowohl die nackten als die mit Schalen versehenen, verbergen sich in der Erde.

Fassen wir nun Alles zusammen, so finden wir, daß der Winterschlaf ein Schutzmittel gegen die ungünstige Temperatur ist, welcher die Thiere unfehlbar erliegen müßten, andererseits aber ein Mittel bietet, sie vor dem Verhungern zu bewahren. Mögen wir ihn in den Tropen oder in unserm Klima beobachten, überall finden wir dasselbe Bild, überall verhütet er das Zugrundegehen der Art, überall ist er, um einen modernen Ausdruck zu gebrauchen, eine Bedingung des Daseins.




Auf dem Capellenberg von Trautenau.
Nach Mittheilungen eines österreichischen Gefangenen.


Auf dem tiefausgefahrenen Feldwege von Hohenbruck nach Pilnikau zog sich eine österreichische Heersäule die Höhe hinan. Der Tag graute eben, doch der dunkle Regenhimmel ließ noch kaum einen röthlichen Schimmer an seinem östlichen Saume hervortreten. Ein scharfer Wind strich über die aufgeweichten Felder. Mühsam schleppte sich Mann und Roß vorwärts. Der Nachtmarsch unter strömendem Regen und, wie seit Tagen schon, ohne jede geregelte Verpflegung schien die Truppen völlig erschöpft zu haben.

Die Stärke der Colonne mochte zwischen sechstausend und siebentausend Mann betragen, nach allen Anzeichen durfte dieselbe jedoch nur als Avantgarde eines größeren österreichischen Corps betrachtet werden. In der That ließen sich auch mit der allmählich gelichteten Aussicht von dem endlich erstiegenen sattelförmigen Höhenrücken hart über Hohenbruck in der Richtung nach Zernow schwere dunkle Massen bemerken, welche, scharf abgehoben von dem lichteren Hintergrund, nur als marschirende Truppen gedeutet werden konnten.

Alle Waffengattungen zeigten sich in der vorderen Marschsäule vertreten. Eine Escadron Dragoner formirte die Spitze derselben, danach folgten Jäger, dann eine Batterie und zwei Regimenter Infanterie. Den Beschluß bildeten abermals Dragoner mit noch einem Geschützzuge.

Seit einer Viertelstunde beinahe schon war aus weiter, weiter Ferne gelegentlich ein schwacher Schall wie von einem bald mehr, bald minder lebhaften Gewehrfeuer vernehmbar geworden, ohne daß indeß irgend wer darauf geachtet hätte. Plötzlich dröhnte der dumpfe Knall eines Kanonenschusses durch die dämmernde Morgenfrühe. Ein zweiter und dritter Schuß folgten rasch aufeinander. Schlag um Schlag erschütterte die Luft. Auch ganze Salven der Infanterie krachten dazwischen. Ein nach der Heftigkeit des Feuers jedenfalls nicht unbedeutendes Gefecht hatte augenscheinlich in der Richtung des Schalles, rechts oder vielmehr eigentlich schon im Rücken der marschirenden Colonne, seinen Anfang genommen.

„Halt!“ Ein Stutzen machte sich bei dem unerwarteten Kampfeslärm durch die ganze Marschsäule bemerkbar. Mehrere Oberofficiere sprengten von der Spitze derselben zu der Kuppe einer seitwärts gelegenen Anhöhe, um von dort einen freieren Blick über die Gegend zu gewinnen. Auch die meisten Bataillonsführer schlossen sich dieser Gruppe an, und schon nach einigen Minuten sah man aus derselben einen Adjutanten quer über Feld in gestrecktem Galopp in der bisher verfolgten Richtung davonstürmen. Bei anderen Bataillonen waren die Officiere hart über dem Rande des Weges unter sich oder um ihren Commandeur zusammengetreten und tauschten ihre Bemerkungen untereinander. Auch von den Mannschaften hatten hier und dort einzelne langgediente Corporale und Capitulanten diesem Beispiele Folge gegeben, bei dem Haupttheile derselben überwogen indeß die Müdigkeit und Ermattung jede andere Empfindung und die Leute ruhten auf dem nassen Rasen zu beiden Seiten der Straße ausgestreckt bei ihren Waffen.

„Da kommt der Major vom ersten Bataillon des Regiments Welden von der Versammlung um unseren General zurückgeritten,“ machte einer der Officiere die andern auf einen von der Gruppe oben auf dem Hügel zurückkehrenden Reiter aufmerksam.

„Major T…, was giebt’s? Wo findet das Gefecht statt?“ hatte der vordere Bataillonscommandeur denselben angerufen.

„Die Preußen scheinen halt unsere Arrieregarde oder irgend ein Seitendetachement angegriffen zu haben,“ erwiderte gleichmüthig der Gefragte. „Es mag wohl so bei Eipel oder sonst da herum

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1866). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1866, Seite 489. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1866)_489.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)