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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

Auber, der Jüngling von siebenundachtzig Jahren, macht in diesem Augenblicke wieder viel von sich reden. Seine Oper Le premier jour de bonheur (der erste Tag des Glückes), die er voriges Jahr geschrieben, hat einen entschiedenen Beifall, und wenn sie sich auch nicht den allerbesten Schöpfungen des Meisters anreiht, so ist sie doch reich an munteren Melodieen, um die ihn gar mancher Componist beneiden könnte, der noch in der Blüthe des Mannesalters steht. Es ist wohl selten einem Künstler das Glück zu Theil geworden, in einem so Hohen Alter sich der Gunst der Musen zu erfreuen und so viel Begeisterung zu erregen. Auber ist indessen nicht immer auf Rosen gewandelt. Sein erstes Auftreten als Operncomponist war nichts weniger als glänzend. Seine erste Oper, mit der er öffentlich auftrat, hieß Le séjour militaire (Soldatenweilen) und fiel durch. Dieses traurige Ereigniß fand 1813 statt. Auber war bestürzt und da er ohne Mittel war, ernährte er sich schlecht und gerecht als Clavierlehrer. Erst fünf, Jahre nach seiner ersten Niederlage wagte er es, eine andere Oper, Les billets-doux, aufführen zu lassen. Diese „Liebesbriefe“ wurden von dem Publicum mit so entschiedenen Beweisen von Hohn und Unwillen zurückgewiesen, daß der verzweiflungsvolle Componist über Hals und Kopf aus dem Theater stürzte. Leider hatte er das Unglück, in die Hände eines Textdichters zu fallen, der ihn für den miserabelsten Musikanten aus Gottes weiter Erde erklärte. Seine dritte Oper, ich glaube, sie hieß La Bergère chatelaine (die Schloßdame als Schäferin), wurde 1820 gegeben und hatte sich einer sehr günstigen Aufnahme zu erfreuen. Seit jener Zeit, d. h. seit achtundvierzig Jahren, hat Auber eine lange Reihe von Opern geschrieben, die zum größten Theil auf allen Bühnen der Welt aufgeführt werden. Seine Melodieen werden überall gesungen und von unzähligen Orgelkästen abgeleiert.

Auber schreitet noch rasch und lebhaft einher wie ein junger Mann, der ein Rendez-vous nicht versäumen will. Er liebt noch seine Muse und – wie man sagt – noch manche Priesterin derselben. Als echter Franzose hat er eben die Eigenschaft, nicht alt werden zu wollen. Auber ist witzig und geistreich wie seine Musik, und man sieht es seinem Gesichte, besonders seinen schwarzen sehr feurigen Augen deutlich an, daß er ein Mann ist, der eine passende Antwort auf eine unpassende Frage zu geben weiß. Manches Scherzwort, das er in Gesellschaft hingeworfen, hat die Runde durch die Pariser Salons gemacht, und wer ihn kennt, weiß recht gut, daß er mit der Geißel der Satire nicht blos zu knallen, sondern auch zu treffen weiß. Auber sucht wie Goethe jede Aufregung zu vermeiden und hütet sich vor erschütternden Eindrücken. Er steht jeden Morgen um fünf Uhr auf und begiebt sich sogleich an die Arbeit. Bis zum Diner, bis sechs Uhr Abends, bleibt er fast nüchtern; hingegen greift er beim Diner, das er gewöhnlich im Café Anglais mit einigen Freunden oder Freundinnen einnimmt, tüchtig zu. Dann besucht er die Theater und geht niemals vor, meistens aber nach Mitternacht nach Hause. Wann schläft er aber? Er behauptet, beim Componiren. Nach der Vorstellung seiner jüngsten Oper – der vierzigsten, die er geschrieben – soll er seufzend gerufen haben: „Dieses Werk ist mein letztes Wort!“ Das ist aber nicht wahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher ist es, daß er bereits mit einem Textdichter wegen eines neuen Libretto unterhandelt, welches er im Laufe dieses Jahres in Musik setzen will.




Kosciuszko. Um eines großen Todten willen gestatten Sie mir die Berichtigung der Angabe, die in dem Aufsatze: „Der ,alte Feldherr’ in Solothurn“ enthalten ist, daß Kosciuszko bei Maciejowice mit den Worten vom Pferde gesunken sei: „Finis Poloniae!“

Kosciuszko selbst hat sich einst durch einen Brief mit Entrüstung dagegen verwahrt, diese Aeußerung je gethan zu haben. Er betrachtete es als ein Vergehen an der Zukunft seines Volkes, auf diese Weise das Leben der Nation von dem Leben eines Einzelnen abhängig machen zu wollen.

Die Vermuthung liegt nahe, daß das „Finis Poloniae!“ (das geschichtlich eben so unwahr ist, wie das berühmte: „La Garde muert, mais elle ne se rend pas!“) ursprünglich von moskowitischer Seite in Umlauf gesetzt worden ist, um die Niederhaltung und Verrufung[WS 1] Polens zu erleichtern. Dem russischen Interesse mußte es jedenfalls dienen, die Wiederherstellung der polnischen Unabhängigkeit durch ihren berühmtesten Vorkämpfer als eine unmögliche, von nun an auf immer hoffnungslose Sache bezeichnet zu sehen. Kein Wunder, daß Kosciuszko sich mit Unwillen gegen die ihm zugeschriebene Aeußerung wandte! Sie ist nichtsdestoweniger seither oft genug wiederholt worden, und zwar unwissentlich von Freunden Polens. „Eine Unwahrheit, einmal in die Welt gesetzt, ist nicht wieder auszurotten,“ sagte Napoleon der Erste. Er verstand sich auf die Sache. Er selbst fälschte nämlich, bei Beginn des russischen Feldzuges, einen angeblichen Aufruf Kosciuszko’s, wovon dieser nicht ein Wort geschrieben hatte. Vergebens suchte der polnische Führer einen Widerruf zu erlangen; der Pariser „Moniteur“ – schon damals ein Menteur Universel – verweigerte die Aufnahme des Kosciuszko’schen Briefes.

Karl Blind.




Kleiner Briefkasten.


L. K. in N. Unter den vielen über beregten Gegenstand erschienenen Büchern können wir Ihnen Heinrich Gruner’s „Monatsgärtner“ (1 Thlr.) und desselben „Praktischer Blumengärtner“ (15/6 Thlr.), beide in achter Auflage, von C. F. Förster bearbeitet und bei S. T. Möller in Leipzig erschienen, ganz besonders empfehlen. Das erstere bietet eine umfassende Anleitung zu allen monatlichen Arbeiten im Gemüse- und Obst- wie im Blumengarten, während das letztere sich in klarer und umfassender Weise mit der Zierpflanzenzucht beschäftigt. Beides sind, wie auch der Erfolg beweist, gute und praktische Bücher.



Opferstock für Ostpreußen.

Es gingen wieder ein: Von einer Leserin der Gartenlaube in Hüfingen 3 Thlr.; aus Wehden 2 Thlr.; Hoeppner auf Heeselicht bei Stolpen 2 Thlr.; aus Keil’s Garten in Leipzig 5 Thlr. 121/2 Sgr.; A. B. in Dortmund 2 Thlr.; Reußner in Ober-Cunnersdorf 1 Thlr.; von Mitgliedern des Allgemeinen Turnvereins in Annaberg 5 Thlr.; aus Jena 2 Thlr.; T. S. in Pulsnitz 1 Thlr.; ein Leser der Gartenlaube in Siegen 1 Thlr.; F. H. in Burgstädt 5 Thlr.; S. in Düllwitz 5 Thlr.; P. S. in Prag 5 Thlr.; Casse eines Damen-Lesekränzchen in Eisenach 4 Thlr. 15 Sgr.; Handmann in London (5 Pfd. St.) 34 Thlr.; R. aus Lohr 1 Thlr.; Timm in Baartz 1 Thlr.; A. G. in Plauen 10 Thlr.; Abendgesellschaft in Roßberg 3 Thlr. 4 Sgr. 3 Pfge.; A. St. in Waltershausen 1 Thlr. 10 Sgr.; Müllergeselle S. K. in St. 3 Thlr.; J. P. Maurizio in Vicosoprano (Schweiz) 5 Thlr.; G. A. in Mailand 10 Thlr. 15 Sgr.; H. L. in Gräfenhainichen 10 Sgr.; Th. S. in Gera 1 Thlr.; D. in Roßleben 1 Thlr.; Ronnefeldt in Frankfurt a. M. 4 Thlr.; Haueisen in Renningen 1 Thlr.; Eisenbahnbeamten-Leseverein in Greifswald 5 Thlr.; Hüne in Kl.-Lafferde 4 Thlr.; aus Markneukirchen 1 Thlr.; Strafpfennige und Sammelbüchse aus dem Pensionat von Fräulein Franz in Naumburg a. S. 2 Thlr. 3 Sgr.; aus der Sparcasse einer Verstorbenen in Münster 1 Thlr.; von einer Frau aus Dürrenberg, die bei der von Damen daselbst veranstalteten Sammlung übergangen worden ist, 2 Thlr.; Ungenannt in Freiburg 10 fl. rhein.; St. und T. ans Tann a. R. 4 Thlr.; Bock in Ober-Schöbling 2 Thlr.; Gretchen Horn in Dresden 2 Thlr.; Ungenannt 10 Sgr.; einige Verehrerinnen der Gartenlaube 2 Thlr.; Mittwochsgesellschaft in den drei Lilien in Reudnitz 3 Thlr.; Kegelgesellschaft Bleibe in Reudnitz 3 Thlr. 10 Sgr. (durch Dr. Hofmann); Ed. und Joh. in London 10 Thlr.; Th. F. in Weißenburg 2 fl. rhein.; Marie und Anni in Hainichen und Leipzig 1 Thlr. 10 Sgr.; E. L. in Leipzig 5 Thlr.; Leser der Gartenlaube in Belgershain 2 Thlr.; H. und A. 10 Sgr.; A. H. in Eisenach 1 Thlr.; E. W. in Berlin 1 Thlr.; Schnurrig in Bretnig 1 Thlr.; Heitefuß in Flachstädtheim 2 Thlr.; Pietzsch in Altenburg 1 Thlr.; A. F in Hamburg 1 Thlr.; einige Deutsche in Riga 4 Thlr.; K. in Dresden 10 Sgr.; G. Ht. in Altenburg 1 Thlr ; F 1 Thlr. 221/2 Sgr.; aus Gotha 1 Thlr.; Otto in Freiberg 1 Thlr.; Scharwerker Brückner in Forst 1 Thlr. 101/2 Sgr.; Joseph Keil in Rotenhaus 2 Thlr; aus Frankfurt a. M. 1 fl.; ein deutsches Ehepaar in Riga 10 Thlr.; S. aus K. 2 Thlr.; A. K. in Leeuwarden 5 Thlr.; N. N. in Wittenberg 5 Thlr.; Sechste Rate des runden Tisches in der Bahnhofsrestauration in Crimmitzschau 8 Thlr.; H. K. in Annaberg 5 Thlr,; J. M. in Eger 2 Thlr,; L. Blumenau nebst Hausgenossen in Gleschendorf 2 Thlr; ein Mädchen in G. 1 Thlr.; Ulbricht in Zschopau 10 Sgr.; B. S. 1 Thlr. 15 Sgr.; Stieff und Sohn in Carlsbad 5 Thlr.; Sammlung der Gemeinde Schönau bei Leipzig durch Cantor Poßner 12 Thlr. Ertrag einer Auction eines Präparats der drei Gehörknöchelchen auf der Leipziger Anatomie, durch M. R. 4 Thlr.; F. W. S. in Petersburg (25 Rubel) 23 Thlr. 12 Sgr.; Familie Kunze in Paris 2 Thlr.; gesammelt von einigen Mitgliedern der Gesellschaft Erholung in Annaberg 27 Thlr.; Casinogesellschaft in Ober-Osterwitz (meist aus armen Webern bestehend) 3 Thlr.; Dr. B. in Foltitscheni 6 Thlr. 81/2 Sgr.; ein Kränzchen junger Mädchen in Hainichen 3 Thlr. bei der Feier eines Geburtstages in der Whistpartie, gesammelt durch L. in Scharmbeck 7 Thlr.; von einigen Biertrinkern in Paris (durch Haar und Steinert) 60 Frcs. oder 16 Thlr.; von dem Vereine deutscher Buchhandlungsgehülfen „Vagabund“ in Paris 5 Thlr.; E. T. in Triest 1 Thlr.; Pauline Mß.-K., ersparte Eisenbahnfahrt 5 Thlr. 25 Sgr.; Stud. E. F. in Gießen 4 Thlr.; auf einer vergnügten silbernen Hochzeit in Elsfleth 3 Thlr.; der erste gesellige Verein in Grünhainichen 4 Thlr.; am Geburtstag unserer lieben Mutter von F., E. und O. Schreiner in Hamburg 3 Thlr.; Ludwig in Dittersbach 5 Thlr.; an Clara’s Geburtstag 1 Thlr. 5 Sgr.; eine deutsche Familie in Mähren 3 fl. österr.; ein deutscher Burschenschafter in Lemberg 1 fl.; allgem. Gesellenverein in Hermannstadt 17 fl.; Burschenschaft Stiria in Graz 25 fl.; Familie Rahm in Meutern 5 fl.; aus Liebenau in Böhmen 10 fl.; H. R in Pesth 3 fl.; L. R in Wien 6 fl.; R in Kindberg 3 fl.; F. L. in Dresden 50 kr.; K. J. in Petersburg 1 Rubel; von einem glücklichen Paar im fernen Rußland 10 Rubel; der deutsche Arbeiter-Gesangverein Germania in Paris 28 Thlr.; von Professor Stephan Born in Neuchâtel (Schweiz) als Reinertrag einer zum Besten der Nothleidenden gehaltenen Vorlesung 85 Thlr.; Ertrag einer theatralischen Aufführung, durch Studirende der Hochschule in Zürich 3685 Frcs. oder eintausend und ein Thaler, auch 10 Sgr., durch das Comitê, bestehend aus O. Schulze aus Leipzig, R. Hartwig aus Dresden, Litarezek aus Bukarest, Faller aus St. Gallen, Wislicenus aus Halle, Burger aus Ungarn, Leonhardt aus Freiberg, Thomas aus Berlin, Röhrembeck aus Ungarn, Longino aus Ungarn, Deinhard ans Deidesheim. Im Namen der Nothleidenden den wackeren Musensöhnen in der Schweiz, sowie allen übrigen Gebern, für diese reiche Gaben den herzlichsten Dank!

Von dieser reichen Spende sind sofort abgesandt worden: 300 Thlr. Provincial Comité in Königsberg; 150 Thlr. an das Unterstützungs-Comitê für die nothleidenden Arbeiter in Königsberg (Kaufmann Rupp); 400 Thlr. Hrn. John Reitenbach in Gumbinnen (Bürger- und Bauernfreund); 30 Thlr.; an das Unterstützung-Comitê für bedrängte Lehrer (Lehrer Frischbier in Königsberg); 300 Thlr. Hülfsverein für Ostpreußen in Berlin; 60 Thlr. Lehrer Schwarz in Geerlaucken; 50 Thlr. Unterstützungs-Comitê in Roessel; 70 Thlr nach Memel (durch Buchhändler Schnee).

Die an uns gerichteten Separatgesuche haben wir den betreffenden Haupt-Comitês überwiesen.

Die Redaction.




Inhalt: Ein Wort. Novelle. (Fortsetzung.) – Land und Leute. Nr. 25. Bilder aus dem Schwarzwald. Von Ludwig Steub I. Das Höllenthal. Mit Illustration. – Eines deutschen Mannes Bild. 1. Aus Leipziger Kreisen. – Im Hause Robert Stephenson’s Von M. M. Weber. III. – „Bei meiner Kindheit Bäumen.“ Mit Abbildung. – Blätter und Blüthen: Aus Deutschlands trüber Zeit. – Die Fabrikanten dramatischer Erzeugnisse in Paris. – Eine Sängerfahrt über den Ocean - Sechshundert Berufsarten für Frauen. – Auber. – Kosciuszko. – Kleiner

Briefkasten. – Opferstock für Ostpreußen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Verruffung
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_160.jpg&oldid=- (Version vom 21.8.2021)