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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

Becken. Dazwischen erblickt man rechts und links auf dem Sockel sitzend eine Gruppe von je zwei Burschen in der abenteuerlichen Tracht der Metzgerlehrlinge am Faschingstage, Jacken und Beinkleider mit Kälberschwänzen besetzt, Wasserkübel ausschüttend. Im übermüthigen Spiel hebt der Eine drohend den Kübel in die Höhe, als wollte er ihn über seinen Genossen ausleeren. Bei der zweiten Gruppe hingegen hält ein Bursche einen gefangenen Fisch triumphirend hoch, den sein Camerade neckisch anspritzt. Auch fehlt der übliche Früchtekorb nicht, aus welchem bei dem Faschingsspiel Aepfel und Nüsse unter die Straßenjugend geworfen werden.

Der neue Fischbrunnen in München.

An dem oberen verjüngten Theile der Säule stehen vier Tannenbäumchen in Kübeln, die Stämme mit Festschmuck von Wappen, Schildern und Bändern verziert, ihre Zweige zu Nischen bildend, unter welchen ein Quartett Musiker in Knabengestalten anmuthig placirt ist, von denen der Eine die Flöte, der Zweite das Horn, der Dritte die Schalmei und der Vierte den Dudelsack bläst. Die originelle knappe Kleidung der Knaben hebt ihre jugendlichen Formen reizend hervor und erhöht dadurch den Eindruck von Naivetät, welcher dieses kleine Tonkünstler-Quartett auszeichnet. Auf der Plattform über diesen Kinderfiguren steht der Altgeselle, ebenfalls in leichter Kleidung, welche die kräftigeren schönen Formen sehen läßt; den Weinkrug in der Linken, schwingt die Rechte den Becher hoch in der Luft.

Außer diesen heiteren Darstellungen finden sich bei näherer Betrachtung an untergeordneten Stellen noch zwei Reliefs, welche auf jene grauenvolle geschichtliche Erinnerung hindeuten, die man mit der Sitte des Metzgersprungs in Verbindung bringt. Unter den großen Muschelschalen, zwischen den sitzenden Gruppen, kauern als Träger der Schalen zwei unheimliche Gestalten, stets vom Wasser bespült, die eine mit Schädeln und Todtengebeinen, die andere mit Fledermäusen gekrönt. Sie halten erdrückte drachenartige Gewürme in ihren Händen, Symbole der Pest und Cholera. Dagegen nippen oberhalb der von Wasser überfließenden Schalen ein Paar allerliebste Tauben hüben, und drüben ein Paar der Kufe entsprungene muntere Fischlein von dem erfrischenden Naß. Die sich kreuzenden Wasserstrahlen, welche von den speienden Delphinen aufwärts steigen und aus den Löwenköpfen und den Wasserkübeln abwärts sprühen, beleben das Ganze und verleihen den fröhlichen Gruppen noch größeren Reiz.

Das Monument ziert an derselben Stelle des alten Brunnens, der die heitere Scene erlebte, als Schmuck den Marienplatz, dessen Besuch wir allen Reisenden dringend empfehlen.

K. G.     
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verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 293. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_293.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)