Seite:Die Gartenlaube (1868) 341.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

Prinz Georg.

und damals günstig in der Presse besprochen worden. Auch ist das Stück nicht die einzige dramatische Arbeit des Prinzen Georg. Seiner Feder ist auch Elektra, jenes nach der Idee des Euripides gestaltete, durch bewegenden Gehalt und hohe Formenschönheit sich auszeichnende Nachspiel zu Goethe’s Iphigenie, entflossen, das sich erst vor wenigen Monaten auf dem königlichen Theater einen unzweideutigen Beifall erworben hat.

Außerdem wissen Eingeweihte auch von modernen und romantischen Stoffen, an denen die aus innerstem Dränge schaffende poetische Kraft des Prinzen sich versucht habe. Es werden die Tragödien „Katharina Voisin“ (die berüchtigte Giftmischerin), „Yolanthe“ und „Don Sylvio“ genannt, und Kunstkenner versichern, daß es für diese drei Stücke nur eines künstlerisch gebildeten Schauspielerpersonals bedürfte, um sie vollständig bühnengerecht und wirksam zu machen. Leider freilich ist die Stellung eines Mitgliedes des königlichen Hauses für ein derartiges Heraustreten ein Hinderniß, denn die Oeffentlichkeit und die Bühne sind ihm eigentlich nicht erlaubt und jedenfalls abhängig von einer Genehmigung des herrschenden Oberhauptes der Familie. Einer eingehenderen Besprechung entziehen sich aus diesem Grunde auch die sonstigen literarischen Arbeiten des Prinzen. Dagegen wird ein flüchtiger Blick auf seinen Charakter und eigenthümlichen Bildungsgang gestattet und den Lesern der Gartenlaube in Betracht der Seltenheit und mannigfachen Bedeutsamkeit der Erscheinung nicht unwillkommen sein.

Man wird der Gartenlaube sicher den Vorwurf nicht machen können, daß sie ihr Augenmerk besonders auf fürstliche Persönlichkeiten richtet, allein das Talent dieses neuen dramatischen Dichters erscheint doch von so ungewöhnlicher Art, daß wir es uns als Unterlassungssünde anrechnen müßten, wollten wir unsern Lesern nicht eine kurze Schilderung vom Leben und Streben des kunstliebenden und kunstübenden Prinzen geben. Geboren am 12. Februar 1826, als zweiter Sohn des vielgenannten Prinzen Friedrich von Preußen und der Prinzessin Louise von Anhalt-Bernburg, als Enkel der schönen Königin Friederike von Hannover, zeigte Prinz Georg frühzeitig hervorragende Geistesanlagen. Die ersten Jugendjahre verlebte er in Düsseldorf, wo sein Vater sich vielfach an der regen Geselligkeit der Künstler und Gelehrten betheiligte und namentlich die Notabilitäten derselben an seinen Hof zog. Immermann leitete damals das Theater in Düsseldorf, und Uechtritz ließ seine antiken Tragödien unter dem Beistande des Freundes dort darstellen. Sein Alexander und Darius haben vielleicht zuerst in die kindliche Phantasie des Prinzen die Keime zu den ernsten historischen Stoffen seiner Muse gelegt. Die Feste am Hofe des Prinzen Friedrich hatten jedenfalls immer einen künstlerischen Boden, und der fürstliche Knabe empfing davon fruchtbringende Anregungen; mit zwölf Jahren spielte er selbst schon Komödie in einem französischen Drama „le roi, roi“. Er stellte Ludwig den Vierzehnten als Kind und Bohnenkönig dar und erntete so großen Beifall, daß seine lebhafte Phantasie von dem Augenblick an für theatralische Erfolge schwärmte. Sein vorherrschendes Talent war damals jedoch das musikalische, und um es auszubilden, hauptsächlich aber um einem drohenden Brustleiden vorzubeugen, wurde der Prinz, kaum dem Knabenalter entwachsen, nach Italien geschickt. Dort lernte er wohl zuerst die ganze Schönheit der Antike kennen und genoß mit den Anschauungen seines

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 341. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_341.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)