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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)


aus dem Spectrum der uns als Lichtkrone erscheinenden Sonnenatmosphäre entwickeln, ob wirklich alle jene irdischen Stoffe in ihren Dämpfen vorhanden sind, auf welche aus den sogenannten Frauenhofer’schen Linien des gewöhnlichen Sonnenspectrums bisher geschlossen wurde.

Es sind unzweifelhaft große Räthsel, mit deren Lösung sich die Beobachter der jetzigen Sonnenfinsterniß befaßt halben. Wenn man aber fragt, welchen unmittelbaren Nutzen die Welt daraus ziehen wird, so könnte man wohl antworten, daß allein schon die Verbesserung der Bahnelemente der Erde und des Mondes durch die größere Sicherheit, die sie den astronomischen Berechnungen gewährt, auch denjenigen also, welche unsere Schiffe auf gefahrvollen Meeren leiten, ein nicht genug zu schätzender Gewinn sei. Aber wer will überhaupt von unmittelbarem Nutzen wissenschaftlicher Forschungen sprechen! Wer will ermessen, was eine wissenschaftliche Entdeckung in ihrem Schooße birgt! Jedes gelöste Räthsel ist eine Erweiterung unseres Wissens und damit unserer Macht und unseres Wohlstandes. Die astronomische Expedition, die der norddeutsche Bund in die fernen Länder Arabiens und Indiens ausgesandt, ist in Wahrheit ein Eroberungszug, und die Männer, welche unter glühender Tropensonne die Sonnenfinsterniß des 18. August beobachten, sind ebenso Helden, wie die, welche den Kampf mit dem Eis der Polarsee im Dienste der Wissenschaft aufnahmen.




Eine Denkstätte „deutscher Treue“.


„Steinpfalz“ nennt, zur Unterscheidung von der geprieseneren Rhein- und Weinpfalz, der Volkswitz das baierische Land am Böhmerwald, das seit fünfhundert Jahren als „Oberpfalz“ in der deutschen

Burg Trausnitz im Thale

Geschichte steht. Dort, in einem der anmuthigen Thäler, durch welches das kleine Flüßchen Pfreimt, des Böhmerwalds frische Tochter, der fichtelgebirgischen Naab zufließt, drei Stunden von der Stadt Naabburg nordostwärts entfernt, liegt ein Pfarrdorf, über dessen etwa achtzig Häusern, sich eine Burg erhebt; beide heißen Trausnitz. Um aber diese Burg von dem Schlosse Trausnitz zu Landshut zu unterscheiden, wird sie insbesondere „Trausnitz im Thale“ genannt. Sie ist eine denkwürdige Stätte der deutschen Vergangenheit.

Kaiser Heinrich der Siebente, einer der edelsten Herrscher Deutschlands, hatte als das Haupt der Waiblinger den reichsfeindlichen Welfenbund der Habsburger mit dem Papste zu Avignon und mit Frankreich besiegt, und darum wurde er zu Buonconvento von einem Mönch im Abendmahle vergiftet. „Im Kelch des Lebens hast Du mir den Tod gereicht, aber fliehe, bevor die Meinen Dich ergreifen!“ So sprach der Sterbende zu dem Mörder und verschied am 24. August 1313. Die Kunde dieses Todes weckte den Kampfmuth der Welfen wieder auf. Des von Johann von Schwaben ermordeten Kaisers Albrecht Sohn, Friedrich der Schöne, trat, vom Papste unterstützt, zur Kaiserwahl hervor und hatte an seinem Bruder, dem Herzog Leopold von Oesterreich, einen heldenmütigen Heerführer; ihm gegenüber hoben die Waiblinger, mit den patriotischen Städten und reichstreuen Fürsten im Bunde, Ludwig von Baiern auf ihren Schild. Beide waren Jugendgenossen, früher einander in inniger Freundschaft zugethan. Mechtilde, Kaiser Rudolph’s von Habsburg Tochter, die Mutter Ludwig’s, war die Schwester Kaiser Albrecht des Ersten, des Vaters Friedrich’s des Schönen, mit dem er zu Wien am Hofe der Habsburger in seiner Jugend Theilnehmer des Unterrichtes und der Spiele war. Jetzt zogen Beide das Schwert gegen einander. Zwar trat ein Augenblick der Versöhnung ein; noch einmal schliefen beide Fürsten wie Bruder in einem Bett zu Salzburg, und Ludwig hatte sogar dem Freund seinen Beistand bei der Kaiserwahl verheißen. Da fiel am Wahltag auf ihn selbst die Stimme der mächtigen Luxemburgischen Partei, – vom Glanz der Krone geblendet vergaß er das dem Freunde gegebene Wort; er ließ sich feierlich in Aachen krönen, während Friedrich nur in Bonn gekrönt wurde, und der Bruderkrieg begann von Neuem.

Erst nach neun Jahren kam der Tag der Entscheidung. Am 28. September 1322 wurde Friedrich von Oesterreich in der Schlacht bei Mühldorf besiegt und von dem Nürnberger Ritter Rindsmaul gefangen. Viele Ritter stritten sich um diese Ehre, aber Friedrich selbst sagte: „Diesem Kuhmaul, das ich mit Hauen und Stechen nicht von mir bringen konnte, hab’ ich mich gelobt.“ Kaiser Ludwig übergab den Gefangenen dem Bitzthum von Lengfeld-Weiglin, der ihn in die Gewahrsam seines festen Schlosses Trausnitz im Thale brachte.

Als Friedrich das Schloß erblickte, in welchem er wohnen sollte, und dessen Namen hörte, seufzte er: „Es heißt billig Traus nit, weil ich sein nicht enttraut hätte, daß ich in solcher Maaß sollt’ hergeführt werden.“

In der That muß dieses Gefängniß selbst für jene harte Zeit ein sehr strenges gewesen sein, wenn es auch für den „hohen Gast“ einige Bequemlichkeiten mehr geboten haben sollte, als es, wohlerhalten, wie es ist, heute dem Augenschein zeigt. Der Thurm, der in seinem obersten Theil Friedrich’s Gewahrsam enthielt, steht frei, und ist nur durch die einfache Thormauer mit dem Schlosse verbunden. Zum Thurme führt ein einziger Eingang, welcher in der oberen Hälfte desselben ausgebrochen ist, so daß nur mittels einer Leiter der Eintritt zu ihm ermöglicht werden konnte. Von da führt eine steinerne Treppe, welche in der Ecke des Thurmes angebracht ist, zum Gefängnisse hinauf; diese erhält nur von der

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verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 572. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_572.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)