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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

und Regen? „Das sei ferne!“ meinten die alten Kampfgenossen Körner’s, die auch am Grabe standen. Deutschland müsse vielmehr hier eine Halle errichten zur Aufnahme und Bewahrung aller dieser vielen, meist so sinnigen Erinnerungsdenkmale, damit dieselben noch späteren Geschlechtern Zeugniß ablegen könnten, wie ihre Vater es verstanden, ihre großen Todten zu ehren. Ein Comité in Ludwigslust wurde deshalb beauftragt, zunächst öffentlich alle Verehrer Körner’s um Gaben für diesen Zweck anzusprechen und dann später die Ausführung des Baues in die Hand zu nehmen, respective zu überwachen. Am 26. August 1865 ward der Grundstein gelegt und am selben Tage dieses Jahres der vollendete Bau eingeweiht.

Den Schmuck der Halle bilden neben einzelnen Körner-Reliquien eine große Anzahl von Gedenkzeichen, die vorzugsweise im Jahre 1863 hierher getragen und gesendet sind. Zuerst nenne ich Körner’s „Eisenbraut“, erst in neuester Zeit der Halle geschenkt von Herrn Freidank auf Pollnow bei Rotzow in Hinterpommern, mit der ausdrücklichen Bedingung, das Schwert an Körner’s Geburts- und Sterbetage jedesmal frisch zu bekränzen. Ein grüner Lorbeerkranz bestätigte für diesmal die Erfüllung dieser Bedingung. Herr Hofrath Dr. Förster in Berlin hatte ebenfalls vor Kurzem gesendet: Körner’s Tschako, Feldmütze (schon sehr defect), Stiefeln (sehr gut erhalten), Trinkglas und einen Briefbeschwerer aus Marmor, der von Körner selbst gearbeitet und 1809 der Mutter zum Geburtstag geschenkt war.

Von den sehr zahlreichen Ehrendenkmalen ist hauptsächlich Körner’s von seiner Schwester in Oel gemaltes Brustbild zu erwähnen. Dasselbe hatte bisher in der Gemäldegalerie im Schlosse zu Ludwigslust gehangen. Ferner das Portrait seiner Pflegerin nach seiner Verwundung bei Kitzen. Die Tische unter den Fenstern an den beiden Querseiten liegen und die Wände hängen gedrängt voll von Kränzen, die aus Lorbeerblättern, Eichenlaub, Immortellen, Myrthen, Rosen, Cypressen etc. zum Theil sehr künstlich gewunden sind, an denen allen aber der Zahn der Zeit schon mehr oder weniger kräftig genagt hat. Eine Ausnahme hiervon machen die aus künstlichen Blättern oder Blumen angefertigten, und sehr gut erhalten sind natürlich die von Metall. Einen vergoldeten Silberkranz sandten die Frauen und Jungfrauen von Spandau. Außerdem legten hier Silberkränze nieder: der Central-Ausschuß zu Ludwigslust, die Studirenden der Kunstakademie zu Dresden, der Schützenverein in Klütz (Mecklenburg) und der Männergesangverein in Neustadt (Mecklenburg); silberne Leier und Schwert in Etuis der Gesangverein Eintracht in Malchin (Mecklenburg). Unter den Einzelspendern von Kränzen hebe ich hervor: Die Tochter Schiller’s, Freifrau Emilie v. Gleichen-Rußwurm; Chr. Jul. Körner, Dr. med in Meldorf (Süderdithmarschen); Anna Kath. Sauerteig in Hamburg, Marketenderin im Lützow’schen Corps; M. v. Weber’s Söhne; Fritz Reuter und Frau in Eisenach; Amalie Oertling geb. Körner in Schwerin; Antonie Arneth geb. Adamberger in Wien (Körner’s Braut). Eine Kürbisfeldflasche der Lützower stiftete der Veteran Strielack in Güstrow; eine Gedenktafel von weißem Marmor, Widmung in Goldbuchstaben, der Kölner Männergesangverein. Einen Epheukranz von Lützow’s Grabe sandte die Turngenossenschaft Friesen und Hermann. Der Katalog zählt fast zweihundert Nummern, in denen neben den meisten bedeutenden Städten Deutschlands auch die Stadt Jassy vertreten ist, Ein prachtvolles Votivbuch, ein wahres Meisterstück seiner Art, hat der Centralausschuß der 1863er Jubelfeier hier niedergelegt. Die Namen von Tausenden von Besuchern stehen darin und geben Zeugniß, daß wir Deutsche „unsere treuen Todten nicht vergessen“.




Fehlgeschossen! Victor Hugo hat eine förmliche Leidenschaft, aller Welt etwas Schönes, merkwürdig Geistreiches sagen zu wollen; natürlich werden ihm, wie jedem bekannten Dichter, eine Unmasse von Gedichten und Dramen zur Beurtheilung zugeschickt oder ihm selbst gewidmet, auf die er in den gesuchtesten, übertriebensten und zuweilen fast unsinnigen Ausdrücken antwortet. Auf eine Ode erwiderte er z. B.: „Sie gingen vorüber, Meister, und erleuchteten meinen Weg.“ Ein amerikanischer Dichter widmete ihm eine Romanze, darauf entgegnete er die denkwürdigen Worte: „Sie besitzen eine erhabene Inspiration; die milden Ströme Ihrer harmonischen Rede verleihen meinen Gefühlen eine neue Jungfräulichkeit. Ich drücke Ihnen über den Ocean die Hand.“ In Entgegnung auf eine ihm übersandte Zeichnung schrieb er: „Beim Anblick Ihres Bildes ergriff mich ein Schwindel – Ihre Linien sind Verse, Sie dürfen Gott Du nennen.“

Neulich passirte ihm bei einer ähnlichen Gelegenheit jedoch ein kleiner Mißgriff. Ein braver Maurer in Roubaix, der von dem Dämon der Poesie geplagt wurde, richtete ein Schreiben in Versen an den Dichter, auf welches Victor Hugo folgende Worte erwiderte: „Ich sehe deutlich in Ihren Versen Ihr Bild – jeder Ihrer Gedanken kam aus einem von blonden Locken umwallten Haupte. O mein Kind, mögen Sie noch lange diese blonden Locken behalten, welche die Scheere des Alters noch nicht berührt hat!“

Der poetische Maurer, ein Mann von fünfundsechszig Jahren, machte bei dem Durchlesen dieses Briefes ein sehr verdutztes Gesicht.

Victor Hugo hat übrigens kürzlich die langjährige Gefährtin seines Lebens, seine treffliche Gattin verloren, welche Ende August zu Brüssel im Kreise ihrer Familie plötzlich von einem Schlaganfall hinweggerafft wurde. Er war seit fünfundvierzig Jahren mit ihr verheirathet, denn im Jahre 1823 fand die Vermählung des jungen Paares statt – der Bräutigam, Victor Hugo, zählte damals zwanzig, die Braut, Adele Foucher, erst fünfzehn Jahre.




Ein Meisterwerk deutscher Seidenweberei schmückt soeben das Redactionszimmer der Gartenlaube: das nach unserem Holzschnitt von Herrn H. F. Schaller in Ernstthal in Seide gewebte Bildniß Roßmäßler’s. Wir nahmen schon früher Gelegenheit Schaller’s Kunstfertigkeit anzuerkennen, als er den ebenfalls in der Gartenlaube mitgetheilten Plüddemann’schen „Heinrich der Vierte in Canossa“ in verschiedener Größe auf dem Webstuhl ausgeführt und auch zur Chemnitzer Ausstellung gebracht hatte. Doch gestehen wir, daß uns dieses Portraitbild Roßmäßler’s einen bedeutenden Kunstfortschritt zeigt und beweist, daß in der That die sächsische höhere Webkunst sich mit der hochgepriesenen Frankreichs messen kann.




Das Blumenbeet.
(Arithmetisches Räthsel.)

In einem Garten sah ich Blumen steh’n,
Auf einem runden Beete voll und schön;
Gepflegt von eines treuen Gärtner’s Hand,
Hier lieblich eine bei der andern stand.

Levkoyen vierzehn mehr als Tausendschön,
Und acht mehr Lilien als die letztern steh’n;
Doch wenn man Lilien einunddreißig nimmt,
Der Rest die Zahl der Nelken dir bestimmt.

Und schließlich zum Verständniß sag’ ich dir:
Die letztern nicht, die andern nur addir’:
Und einundzwanzig mehr die Summe hat
Als von der Nelken Anzahl das Quadrat. –

Nun sag’, wenn du im Rechnen so gewandt,
Wie viele Blumen ich im Garten fand:
In welcher Anzahl dort beisammen steh’n
Levkoyen, Lilien, Nelken, Tausendschön?


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verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 624. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_624.jpg&oldid=- (Version vom 1.1.2023)