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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

wird jedoch immer so rechtzeitig bemerkt, daß Zeit genug gegeben ist, sich auf den Ruf: „Hä brennt!“ oder auch nur „brennt, brennt!“ von der Sprengstelle in die erforderliche Sicherheitsentfernung zurückziehen zu können, nicht minder umsichtig sind die Pumpvorrichtungen zur Hinaufschaffung des Wassers angelegt; nur in den oberen Schichten quillt viel Wasser aus dem Gestein; besondere Querschläge zwischen Fahr- und Förderschacht sind zum Auffangen und Ansammeln bestimmt und in ihnen Wasserbehälter ausgehauen worden; durch Pumpen wird das Wasser von Etage zu Etage gehoben und während der Nacht mittelst einer zweihundert-pferdekräftigen Dampfmaschine zu Tage gefördert. Die unteren Strecken sind völlig wasserfrei; man hat Haupt und Parallelstrecken, Querschläge u. dgl. m.

Bis unsere Gesellschaft vollständig eingefahren war, hatten wir hinlänglich Zeit, auch unten uns über alle Einrichtungen orientiren zu können; die Einfahrt dauert drei bis fünf Minuten; es verging fast eine Stunde, bis wir Alle unten waren und die Wanderung antreten konnten. Der Eintritt in die großartigen Hallen ist überraschend durch ihre Höhe und Weite; das Salz erscheint in mattem Glanze, deutlich unterscheidet man aber die schwärzlichen dünnen Linien von Anhydrit, die Jahresringe, wie sie in welligen Biegungen die Steinsalzschichten trennen; ab und zu leuchtet ein gelblichweißer Knollen aus dem Gestein, Boracit.

Bei feierlichen Gelegenheiten werden die Strecken mit Lampen illuminirt, zu welchem Zwecke in das Salz Holzpflöcke in passenden Entfernungen eingetrieben sind; wir hatten Magnesiumdraht mitgenommen, welcher ein blendendes Licht beim Anzünden entwickelt und mehr als Tageshelle verbreitet. Zu einer so gewonnenen Beleuchtung ist der Anblick einzelner Partieen wahrhaft feenhaft, besonders im Kalisalzlager, in einer zu einer Art Grotte erweiterten Strecke, wo die prachtvollen Kalisalze am schönsten sich zeigen und gegen das mattere Steinsalz um so mehr hervorleuchten; hier in ebenfalls wellig sich biegenden Streifen, mit hell- und rosenroth glänzenden Farben, Carnallit, dort in weißen Streifen, Kieserit, dazwischen graue, Polyhalit, goldgelbe, Tachhydrit, zierliche schwarze Anhydritschnüre mitten durch, und unten und oben das mattere Steinsalz in dunklerer Färbung. Schöner noch sollen solche Partieen im anhaltischen Schachte sein, wo prachtvolle Stalaktiten von Carnallit, schöne Sylvinkrystalle, blaues Sylvin, blaues und rothes Steinsalz als weitere Zierden die Wandungen schmücken.

Im Steinsalz selbst kommen Farbenwechsel selten vor; man begeht aber mit dem Gefühl größter Sicherheit mit nicht minderer Bewunderung diese großartigen Anlagen, die vor uns durch unsere Lämpchen matt erleuchtet, dann etwas weiter in tiefes Dunkel gehüllt sind und im Hintergründe die kräftigen Gestalten der Arbeiter, beleuchtet von schwachem Lichte, zeigen. „Vorsicht!“ oder „Vorsehen!“ tönt ein Ruf; ein Salzkarren taucht auf, mit Licht versehen, und wird im raschen Laufe vorübergeschoben, wieder und wieder einer begegnet uns, um rasch dem Förderschachte zuzueilen; hier arbeitet eine Cameradschaft an einem Haufwerke losgesprengter Trümmer aus großen, centnerschweren Stücken bis zu faustgroßen hinunter; ein Arbeiter tritt vor und bietet in flachem Korbe die prachtvollen, wasserhellen Salzkrystalle in schönster Reinheit. Im Weitergehen durch plötzlich aufleuchtendes Magnesiumlicht blendendste Helle, den Bergleuten selbst ein ungewohnter Anblick, dann wieder um so empfindlichere Finsterniß vor und hinter uns. „Brennt, brennt!“ und rasch ziehen wir uns mit den davoneilenden Arbeitern zurück.

Einige Minuten erwartungsvoller Pause, dann kracht ein Schuß, noch einer und noch einer und wiederhallt in rollendem Donner an der majestätischen Wölbung; anderwärts hört man nur ein Knistern im Salze, die Wirkung eines weiter entfernt abgefeuerten Schusses. Der Dampf verzieht sich allmählich und wir gehen zur Stelle über die mächtigen losgesprengten Trümmerhaufen weiter und weiter vom Steinsalz in die Kalisalze bis zur oben beschriebenen herrlichen Grotte, dann wieder zurück bis an den Förderschacht, an welchen von vier Seiten die Strecken einmünden und das regste Leben mit den ab. und zukommenden Wagen, dem Einladen in die Fahrkörbe und den vielen hier beschäftigten Arbeitern herrscht, dann weiter zum Fahrschacht, welcher uns an die Oberfläche bringen soll. Hier ist eine Luftpumpe angebracht, durch deren Schwengel, wenn Alles zur Auffahrt fertig ist, die Luft in ein Bleirohr gepreßt wird und oben im Maschinenraume eine Trompete zum Tönen bringt; diese dient dein Maschinisten als Signal.

Die Auffahrt geschieht eben so leicht und sicher wie die Einfahrt. Nach so langer Wanderung in der Tiefe in einer denn doch immer mehr drückenden Luft bei achtzehn bis neunzehn Grad Wärme sehnt man sich, wieder in frischere Atmosphäre zu kommen und der salzgetränkten Kleider sich zu entledigen. In den Steinsalzstrecken ist die Luft reiner, in den Kalisalzorten dagegen mit ätzendem Staube gefüllt, so daß die Arbeiter hier durch Brillen gegen Entzündungen sich schützen müssen, besonders die, welche mit dem Zerkleinern der losgesprengten Stücke zu thun haben.

Oben angekommen, macht man zuerst wieder Toilette, um dann die oberen Werke noch in Augenschein zu nehmen. Mit doppeltem Interesse sieht man jetzt die für die Förderungs- und Einfahrtkörbe thätigen Maschinen und vergegenwärtigt sich die verschiedenen Sicherheitsvorrichtungen. Unglücksfälle sind noch gar nicht vorgekommen, seit die neuen Federvorrichtungen angebracht sind, wohl aber haben sie sich schon bewähren können, indem durch Zerreißen des Seiles die Einfahrenden einst in der Mitte des Schachtes hängen blieben und auf ihre Erlösung aus der so bedenklichen Lage harren mußten. Bevor diese Sicherung angebracht war, ist, so viel wir hörten, nur einmal ein Fahrkorb mit seinen Insassen in die Tiefe gestürzt und natürlich gänzlich zertrümmert worden. Beim Sprengen kommen hier und da kleinere Unglücksfälle vor, und durch die salzigen Staubmassen sind Augenentzündungen langwieriger Art nicht selten. Mit doppelter Freude giebt man seinen Beitrag zur Krankencasse, da anderweitige Trinkgelder nicht genommen werden, und trotz aller Sicherheit und Gefahrlosigkeit begreift man doch das Sinnige des bergmännischen Grußes „Glück auf“, mit welchem Jeder kommt und geht.

In den oberen Werken sind neun Dampfmaschinen von zusammen vierhundertfünfzig Pferdekraft thätig; auf besonderem kleinem Schienenstrang mit Kette ohne Ende werden die zu Tage geförderten Salze auf kleineren Karren befördert, und durch sinnige Vorrichtung hängen sie sich am Bestimmungsorte von selbst wieder aus. Der größte Theil der Salze wird im rohen Zustande an die Fabriken geliefert und sofort von oben herunter aus langen Galerien in Eisenbahnwaggons geschüttet. Der Schienenstrang umkreist den alten Festungsthurm, auf welchem Otto mit dem Pfeile gefallen ist und welchen man deshalb durch eine der Bahn gegebene Curve erhalten hat. Die Schienen führen dann an der ebenfalls sehr alten Kirche vorbei, in deren Thurm eine silberne Glocke ist. – Auch in den preußischen Werken wird das Steinsalz auf besonderen Mühlen, mit einer den Kaffeemühlen ähnlichen Construction, zu feinem Pulver gemahlen und sofort schon im gleichen Raume aus dem schlechten Material das Viehsalz bereitet und in großen Mengen auch zu Lecksteinen geformt; man verbraucht dazu an hunderttausend Centner Steinsalz; acht Mühlen sind für dieses, neun für die Kalisalze im Gange. Die fertig gemachten Salze werden durch Maschinen auf die Bodenräume gehoben und dort in Säcke gefüllt.

Die preußischen Werke förderten im Jahre 1867 im Ganzen eine Million zweihundertfünfzigtausend Centner Steinsalz und eine Million fünfhunderttausend Centner Kalisalze; bis dahin hatte man durchschnittlich per Jahr neunhunderttausend Centner Steinsalz gefördert, eine an sich großartige, gegenüber den vorhandenen Vorräthen aber verschwindend kleine Production.

(Schluß folgt.)




Rückblicke auf meine theatralische Laufbahn.

Von Franz Wallner.
1. Ein Verlorener.

Die Originale verschwinden aus dem Theaterleben, das früher die letzte Zufluchtsstätte derselben war. Seit das wilde regellose Wandern der Mimen aufgehört, seit sie sich alle ihr Brod, und was dazu gehört, bei nur einiger Begabung, weit leichter, als ehedem, verdienen, haben die Schauspieler das Komödiantenthum abgestreift, ohne daß deshalb die Komödianten unter ihnen verschwunden

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verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 713. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_713.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)