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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

Bewegung kennen gelernt hat. Die schwachen, kurzen, gleichsam verkümmerten Vorderglieder spielen bei der Bewegung nur eine höchst untergeordnete Rolle, die Hinterbeine und der Schwanz dagegen eine um so größere. In der Ruhe liegt das Thier entweder auf der Seite, den Kopf etwas aufgerichtet, oder es sitzt auf den Sohlen der Hinterbeine und auf dem Schwanze, also gleichsam auf einem Dreifuße. Aus dieser Lage fällt es, wenn es weiden will, in eine kriechende, höchst unschöne Stellung nieder, indem es sich vorn auf die Handfläche stützt und den Schwanz einzieht, so daß dieser zwischen die Hinterbeine zu stehen kommt. Will es sich jetzt bewegen, so stützt es sich vorn mit beiden Händen und hinten mit dem Schwanze auf, zieht die Schenkel der Hinterbeine etwas ein, schiebt die Hinterläufe langsam vor, bis sie außen neben die Handstützen zu stehen kommen, zieht den Schwanz nach und setzt endlich auch die Hände weiter. Das geht so ungeschickt zu als möglich: ein Mensch auf allen Vieren bewegt sich besser, als ein in dieser Weise kriechendes Känguru.

Kängurus.
Nach der Natur gezeichnet von H. Leutemann.

Letzterem scheint übrigens diese Stellung auch ebenso unbequem zu sein, wie einem kriechenden Menschen die seine; es verweilt nie lange in solcher Lage, nimmt vielmehr fast nach jedesmaligem Abpflücken eines Blattes oder Halmes die Dreifußstellung wieder an. Ganz anders bewegt sich das Thier, wenn es größere Strecken zu durchmessen gedenkt. Es erhebt sich zunächst auf die Zehenspitzen der Hinterbeine, neigt sich mit dem Vordertheile des Leibes etwas herab, streckt den schweren Schwanz nach hinten aus, so gerade, als es das beträchtliche Gewicht desselben gestattet, und hüpft nun in großen Sprüngen seines Weges fort. Beide Beine werden gleichzeitig bewegt, die Hände entweder geschlossen oder (bei einzelnen Arten) etwas ausgebreitet; der Schwanz dient als Vermittler des Gleichgewichtes und als Steuer. Beim Aufspringen sieht man ein augenblickliches Einknicken der Hinterläufe, auf welches sofort die Zusammenziehung aller Streckmuskeln folgt, der schwere Leib wird von Neuem weiter geschnellt, und so geht es vorwärts. Bei geringer Eile hat diese Bewegung etwas Wiegendes oder Schaukelndes, wozu namentlich der bei jedem Sprunge auf- und niederschwingende Schwanz beiträgt; bei gesteigerter Eile folgen sich die Sprünge so rasch, daß man nur einen großen, in feinsten Bogenlinien sich bewegenden Körper sieht. An den Gefangenen

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verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 717. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_717.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)