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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

Wild-, Wald- und Waidmannsbilder.
Nr. 27. Ein Jagdtag im November.
Von Guido Hammer.


Wenn die Zeit gekommen, wo durch die eintretenden Nachtfröste des Spätherbstes das farbenprächtige Laubgeschmeide des Waldes Blatt um Blatt zur Erde sich bettet, während die Natur

Wildgänse.
Originalzeichnung von Guido Hammer.

in nie rastender Schöpfungskraft noch immer auf den Fluren zwischen thaublauen Krauthäuptern, absterbenden, wirren Kartoffelkräutern und frisch gepflügten dunkeln Sturzäckern das smaragdene Grün der Wintersaaten in frühlingslachender Frische emporsprossen läßt – da regt sich’s dann mit nicht mehr zu widerstehendem Drange in all’ den Herzen Tausender von Wandervögeln, die bisher den gewohnten Niststätten noch treugeblieben, nun endlich doch auch ihren längst vorangeeilten beschwingten Genossen zu folgen und weit, weit wegzuziehen nach dem verheißenden Süden, dort ein sicheres Asyl zu finden vor dem bereits anklopfenden starren Winter unserer Zone. Daher sieht und hört man auch an jenem so eigen stillen, duftverhüllten, reifkalten Morgen unserer trauten rauhen Heimath die lieben reisefertigen Waldsänger zum letzten Mal durch die Dickungen flattern oder im beerenreichen Hag sich tummeln. Und hoch in den Lüften, auf schrankenloser Bahn, zumeist bei hellem Mondschein, ziehen in langen, kettenartigen Zügen, ein ungleiches Dreieck bildend, die wandernden Schaaren der Kraniche dahin, während ihre plebejischen Verwandten, die melancholischen Reiher, noch still am schilf- und waldgesäumten Weiher hocken, wenn sie nicht auch schon in zahlreichen Flügen hoch über blauer Fluth den Aether durchmessen, vorläufig wohl nur, dadurch ihrer Schwingen Kraft zu prüfen zu ihrer ja ebenfalls bevorstehenden Reise nach fernem Ziele.

Anderen geflügelten Wanderern hingegen ist unser wald-, fluren- und wasserreiches Deutschland schon ein Eden, und diese halten hier wenigstens so lange Rast, bis allzuharter Frost und tiefer Schnee auch sie zum Weiterstreichen, d. h. zu allmählichem

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verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 733. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_733.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)