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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870)


Professor Gottsched im Jahre 1737 den Hanswurst für immer von der deutschen Bühne verbannte, und ihr trauriges Ende – sie starb im December 1760 zu Laubegast bei Dresden 63 Jahr alt im größten Elende – sind den Lesern der Gartenlaube aus dem vortrefflichen Artikel Diezmann’sLessing und die Komödiantenprincipalin“ in Nr. 43 des Jahrgangs 1860 bekannt und gehören der Geschichte der dramatischen Kunst an. Die in jenem Artikel beklagten Lücken in der Jugendgeschichte der Neuberin glauben wir durch obige Mittheilungen in zuverlässiger Weise ausgefüllt zu haben und wollen darum hier nur noch gelegentlich bemerken, daß dem Vernehmen nach ein in ihrer Geburtsstadt Reichenbach zu diesem Zwecke zusammengetretener Verein der großen Künstlerin gegenwärtig daselbst ein Denkmal zu errichten beabsichtigt.

Schließlich noch einige Nachrichten über ihren Vater, welche wir in sogenannten Blättchenacten des Zwickauer Rathsarchivs gefunden haben. Sohn eines wohlhabenden Kürschners und Gastwirths in Zwickau hatte Daniel Weißenborn zu Leipzig und Straßburg studirt, um seit 1684 in seiner Vaterstadt als Rechtsanwalt zu prakticiren und 1691 die Gerichtshalterei zu Planitz zu übernehmen. Als er im folgende Jahre Gerichts-Inspector zu Reichenbach wurde, verlegte er gleichzeitig seinen Wohnsitz dahin, und übernahm kurz darauf auch noch das Lengenfeld-Mylauer Gerichts-Inspectorat. Diese Bestallungen gab er jedoch 1702, wie oben erwähnt, Krankheits halber wieder auf, um mit Frau und Kind nach Zwickau zurückzukehren, wo er im Jahre 1724 starb, nachdem er in ziemlich bedrängte Verhältnisse gerathen war, so daß nach seinem Tode der förmliche Concurs ausbrach. Seine oben erwähnte Schwester scheint mit ihrem Bruder von ziemlich gleicher Gemüthsart gewesen zu sein und sich um ihre Nichte wenig oder gar nicht bekümmert zu haben, während sein älterer Bruder, der herzogliche Holstein-Wiesenburgische, Reußische und Schönburgische Hof-, Justiz- und Consistorialrath Dr. Friedrich Weißenborn, schon vor Karolinens Geburt (1694) gestorben war.

Dr. E. Herzog.


Blätter und Blüthen.


 Kein Kind im Haus.
Aus dem Englischen von Fr. Gerstäcker.

„Kein Kind im Haus!“ Ich weiß, es sind
Die Stuben alle blank und rein,
Kein Spielzeug liegt herum – kein Ball,
Kein Kreisel oder Baugestein.

5
Kein Fingerstrich die Scheiben malt,

Kein Stuhl zerkratzt, kein Gang blockirt,
Soldaten, ob von Holz ob Blei,
In keinem Zimmer aufmarschirt.

Nicht kleine Strümpfe liegen da,

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Zum Stopfen sorgsam abgezählt,

Kein Haufen Kinderwäsche gar,
Kein Schuh’chen, dem die Sohle fehlt.

Nicht nöthigt man die kleine Schaar
Zum Lernen oder zum Gebet,

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Kein Händchen giebt’s zu waschen und

Kein Mäulchen, das „Erzähl’ mir!“ fleht.

Kein Kindername grüßt das Ohr,
Wie „Herzchen“, „Schatz“ und „kleine Maus“,
Kein Jubelschrei, kein Kichern selbst

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Bei Lust und Spiel. – „Kein Kind im Haus!“


 Hillsdale.




In einer schwedischen Dorfkirche. Wäre nicht die eigenthümliche Tracht, in der wir auf unserem Bilde die Bäuerin vor uns sehen, mit dem reich verschnürten und gestickten Mieder, mit der großen Brustnadel, dem weit ausgeschlagenen Kragen und namentlich dem breit über den Kopf laufenden, oben in Knoten geschlungenen Tuch, so würden wir in unserer Bezeichnung das Wort „schwedisch“ füglich weglassen können, so deutsch und heimathlich mutet uns Alles an, was wir auf dem Bilde des schwedischen Malers sehen. Jeder unserer Leser ist schon in der goldenen Morgenfrühe einer sonntäglichen Wanderung durch ein Dorf gekommen, wo gerade Gottesdienst war und wo durch die offene Thür der alten lindenbeschatteten Kirche der volle Klang der Orgel und der getragene Chorgesang der ländlichen Gemeinde tönte. Eine staubige, schmalgewundene, unter den vorsichtigsten Schritten dennoch ängstlich knarrende Treppe führt auf den Chor der Kirche, wo der Lehrer des Dorfes, wie schon seit einer langen Reihe von Jahren, so auch heute mit seinem tüchtigen Orgelspiel die Herzen der Gemeinde erhebt. Hinter seinem Stuhle steht die von ihm im Laufe des Winters wacker geübte Knabenschaar, mit der Tonfülle der Orgel im kräftigen Gesang um den Preis ringend, während andere Kinder umhersitzen und knieen, das Auge nicht von den kunstgeschickten Fingern des Lehrers verwendend. Ein alter blinder Mann hat an der Seite seines jugendlichen Führers in sicherer Ecke Platz genommen, während eine reiche Bäuerin ihre eben genesene Tochter gleichfalls aus dem Gedränge der Kirche herauf auf den Chor gerettet hat. Ueber Allem schwebt das Licht der Sonne, goldig und schön und gern auf die andächtige Ruhe Derer blickend, die sich in ihrer heißen Gluth Tag aus Tag ein der vergangenen Woche auf freiem Felde mühten.

Bengt Nordenberg, der Maler des Bildes (geb. 1822), ist einer der Söhne Skandinaviens, welche durch die Blüthe der Düsseldorfer Künstlerschule an die Ufer der Düssel gelockt wurden und dort ihre Ausbildung genossen haben. Seine zahlreichen Schöpfungen sind in ganz Europa verbreitet; einige derselben haben ehrenvolle Plätze gefunden, so dasjenige, in welchem der Künstler das gleiche Motiv, das unsere heutige Illustration zeigt, in kaum bemerkenswerth verschiedener Weise behandelte und das in dem städtischen Museum zu Leipzig aufgestellt ist. In vielen Gemälden aus dem Familienleben hat er das behagliche Glück einfacher Verhältnisse zu schildern verstanden; in seinen Darstellungen des religiösen und kirchlichen Lebens weht eine überzeugende Innigkeit und Wärme, die den Künstler beim Schaffen erfüllte und die sich unbewußt und wohlthuend dem Beschauer mittheilt. Unser Holzschnitt wird einen Begriff von den schlichten und wahren Motiven geben, durch welche dieser Eindruck erreicht wird.




„In dieser Stunde“, das schöne Gedicht von Robert Prutz, welches in Nr. 14 unseres Blattes zur Veröffentlichung kam, ist vom Opernsänger Krückl in Kassel in Musik gesetzt und, den „Lesern der Gartenlaube“ gewidmet, soeben bei Scheel in Kassel erschienen.




Kleiner Briefkasten.

R. W. in Lm. Ihre Frage, warum der Abdruck der von uns angekündigten Schmid’schen Erzählung „Die Türken in München“ noch nicht erfolgt sei, ist allerdings gerechtfertigt. Jedoch hat der Verfasser dieselbe schon vor geraumer Zeit wieder von uns zurückerbeten, um ihren Abdruck im Sonntagsblatt der „New-Yorker Staatszeitung“, die schon längst eine Originalarbeit des auch in Amerika gefeierten Autors zu veröffentlichen wünschte, möglich zu machen. Wir glaubten, der Bitte Herman Schmid’s um Zurückgabe um so eher nachkommen zu müssen, als er uns durch eine andere Erzählung zu entschädigen versprach, deren Abdruck wir, wie Sie sehen, wirklich denn auch schon in heutiger Nummer beginnen konnten.

Ed. Cl. in Batavia. Wir haben eine Antwort des Herrn Wilh. Bauer, der sich, wie bekannt, gegenwärtig in Wildbad (in Würtemberg) zur Cur von schwerer Gicht befindet, an Sie zur Post gegeben, ersuchen Sie aber, falls jener Brief nicht an Sie gelangen sollte, auf diesem Wege um genaue Angabe Ihrer Adresse. Mit Ihren übrigen Vorschlägen und Ansichten erklären wir uns einverstanden und danken Ihnen für Ihre treue Anhänglichkeit an die Gartenlaube bei den Antipoden.

M. in F. Nur noch einige Zeit Geduld und Ihre Erwartungen werden sicher erfüllt werden. Marlitt arbeitet, wie sie der Redaction der Gartenlaube persönlich versichert, wieder fleißig an der neuen Erzählung und hofft baldigst mit einer neuen Schöpfung ihrer poesievollen Phantasie vor den Leserkreis unseres Blattes zu treten. Wann dies geschieht, können wir freilich mit Bestimmtheit nicht angeben.

B. in R. Waldeck’s Portrait und Biographie („Der Bauernkönig“) finden Sie bereits in Nr. 26 des Jahrgangs 1862 der Gartenlaube.



„Aus eigener Kraft“.

Wir sind leider in die Nothwendigkeit versetzt, unseren Lesern die nachfolgende Mittheilung des Herrn von Hillern machen zu müssen, der uns unterm 8. dieses Monats schreibt: „Ich muß Sie davon benachrichtigen, daß meine Frau nach vorhergegangenem längeren Unwohlsein nunmehr an den Masern schwer erkrankt und daß es ihr dadurch unmöglich geworden ist, ihren Verpflichtungen gegen Sie und Ihre Leser nachzukommen. Der Arzt hat ihr aufs Neue jede geistige Anstrengung, die übrigens im Augenblick an und für sich ganz unmöglich wäre, streng untersagt, und so muß ich zu meinem und meiner Frau lebhaftesten Bedauern Sie ersuchen, nochmals eine Unterbrechung im Abdruck der Erzählung eintreten zu lassen. Daß meine Frau Alles thun wird, um das Mißliche für Sie weniger mißlich zu machen, und daß sie, sobald es nur irgend geht, die Ueberarbeitung des Romans wieder aufnehmen wird, darauf dürfen Sie sich verlassen.“

D. Red.

Inhalt:   WS: enthält nur den Inhalt dieses Heftes.


Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870). Leipzig: Ernst Keil, 1870, Seite 368. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1870)_368.jpg&oldid=- (Version vom 27.1.2020)