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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870)

durch die Armee-Adjutanten allabendlich fünf Uhr an die Ordonnanzofficiere ausgegeben, welche sie an die betreffenden Armeecorps überbringen. In dieser organischen Verbindung des Ganzen mit dem Einzelnen, diesem staffelartigen Aufbau ist allein nur eine zweckdienliche Beherrschung des gewaltigen Arbeitsmaterials möglich. Die Thätigkeit beginnt früh am Morgen und endet oft erst spät in der Nacht. Der Prinz verlangt von seiner Umgebung die höchste Anspannung geistiger Kraft und geht ihr darin mit eignem Beispiel voran. Ruhe ist ein Begriff, den er im Felde selten, Bequemlichkeit, den er gar nicht kennt. Von früh Morgens an bis zum Abend ist er in steter Wirksamkeit, und diese richtet sich stets auf das Große und Ganze, ohne sich in unnöthiges Detail zu zersplittern. Meldungen, Vorträge, Berathungen, Recognoscirungen machen aus seinem Tage achtundvierzig Stunden. Für das Diner ist nur eine Stunde bestimmt; dasselbe ist feldmäßig einfach, besteht nur aus Suppe und einem Gange, dazu wird einfacher Landwein gegeben. Noch einfacher ist das Souper, wenn der Prinz es nicht vorzieht, dasselbe auswärts im Freien einzunehmen. Diese Mittags- und Abendessenszeit sind seine einzigen Erholungsstunden; er sieht hier die Officiere seines Stabes um sich und giebt sich in diesem Kreise mit seinem dem Heitern zuneigenden hohenzollernschen Familienzuge, mit dem regen alles Neue und Geistige umfassenden Interesse, mit seiner ruhigen, einfachen, soldatisch sichern Art. Gegen zehn Uhr pflegt er sich zurückzuziehen. Gegenwärtig ist der Prinz zweiundvierzig Jahre alt, seine körperliche Erscheinung trägt den kräftigen hohenzollernschen Familientypus, und wie alle preußischen Prinzen erscheint er nur in Uniform und zwar in der seines Lieblings-, des Ziethen’schen Husarenregiments, dunkelblau oder roth mit Silber.

Proviant-Colonne in Biebrich, begleitet von preußischen und sächsischen Truppen.
Nach der Natur aufgenommen von unserem Specialartisten F. W. Heine.

Von Mainz aus ging das Hauptquartier auf der großen Kaiserstraße immer mehr nach Westen, in die bairische Rheinpfalz hinein. Alzey, wohin es von Mainz aus zunächst verlegt wurde, weckte eine Erinnerung an eine Nibelungengestalt, an den Spielmann Volker von Alzey, der hier seine Burg hatte, und dessen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870). Leipzig: Ernst Keil, 1870, Seite 557. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1870)_557.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)