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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870)

Karoline Ziegler.
Nach einem im Besitz der Familie Götz zu Mannheim befindlichen Originalportrait.

Segen, der jede tugendhafte Braut zur Gattin weihe! Karoline Beck stehe in unvergänglichen Buchstaben über dem Eingange unserer Bühnen und jeder Patriot traure um sie, um das Schicksal deutscher Kunst! Vor mir steht sie ewig jung und herrlich wie jetzt vor Gott.“

Und so möge sie vor dem Auge des Lesers stehen bleiben, eine Priesterin des Schönen, treu die Flamme des Gottes hütend; nicht so streng und vornehm wie Margaretha Schwan, ihre vertraute Freundin, aber voll lächelnder Anmuth und doch ernst und andächtig; hinabtauchend in die Tiefen des weiblichen Herzens, dessen Leid und dessen Liebe sie in wunderbaren Tönen verkündet hat wie Wenige nach ihr. Das Auge des Jahrhunderts hat sich geschlossen, ohne daß ein gleicher Stern für die Mannheimer Bühne wieder aufgegangen wäre. Kein Kreuz, kein Stein bezeichnet die Stätte, da Karoline Ziegler ruht; aber auch sie gehört unter die Unsterblichen, deren Bild dem Forscher von einem strahlenden Kranz umleuchtet ewig jung entgegentritt.




Ein Hauptquartier auf dem Marsch.

Von Ludwig Pietsch.
(Schluß.)

In den Straßen der kleinen Quartierstadt haben sich beim Nahen des kronprinzlichen Zuges auch wohl die grollend geschlossenen Jalousien manches Häuschens wenigstens halb geöffnet, Manches weiße Frauenmützchen, mancher neugierig blickende Kopf wird sichtbar; vor manchen Thüren, an mancher Gartenmauer und Hecke stehen in blauen Blousen die Bewohner, im Morgenrock die Weiber, die Kleinen auf dem Arm. Und gewiß: der kommende Reiterzug ist werth, gesehen zu werden. Immer an der Spitze der Erste der Kronprinz selbst, meist auf seiner Fuchsstute „Wörth“ reitend. Er trägt stets die Militärmütze, abwechselnd Ueberrock oder Waffenrock, den Stern des schwarzen Adlerordens auf der Brust. Schärpe, Korbsäbel und sehr hochgehende, gewöhnlich aber bis unter das Knie hinuntergeschobene weite blanke Reiterstiefeln über den dunkeln Beinkleidern mit breiten rothen Streifen. An keinem der vielen Morgen vom 6. August bis zum letzten Marsch vor Versailles am 19. September haben wir den Kronprinzen so an der Spitze seines Hauptquartiers hervorreiten gesehen, ohne daß derselbe Ausdruck der männlichen Freudigkeit und des freien herzlichen Wohlwollens bei aller echt fürstlichen natürlichen Hoheit sein prächtiges bärtiges wettergebräuntes Antlitz geschmückt hätte. Wenn er so an der Linken der Wagencolonne einherreitet, hat er für jeden der ihm bekannteren Insassen einen muntern Morgengruß, ein kleines Wort, den zu erfreuen, an den es gerichtet wird. Neben dem Führer der Südarmee reitet deren genialer und kluger General, v. Blumenthal, zur andern Seite gewöhnlich der Hofmarschall Graf Eulenburg, der persönlich dem Prinzen von seiner Jugendzeit her noch befreundete Adjutant Major Mischke, der Oberquartiermeister

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870). Leipzig: Ernst Keil, 1870, Seite 837. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1870)_837.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)