Verschiedene: Die Gartenlaube (1875) | |
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unwillkürlich mehr Kraft anwendete, sprang die Thür auf. Das
Zimmer wurde durch ein Wachslicht erhellt. An dem Tische in
der Mitte des Gemachs stand eine schlanke Dame in schwarzem
Seidenkleide. Sie kehrte uns den Rücken zu.
Als ich mit Else in die Thüröffnung trat, drehte sich die Frau hastig um. Ich traute meinen Augen kaum; es war – Frau von Saremba, die Mutter Else’s.”
Gedächtnisfeier für Georg Büchner auf dem Germaniahügel
bei Zürich. Das dritte Heft dieses Jahrgangs der „Gartenlaube” hat
bereits ein „Gedenkblatt für Georg Büchner” gebracht, welches Leben und
Streben, Werke, Geschicke und Tod dieses allzu früh vollendeten, im Jahre
1837 im vierundzwanzigsten Lebensjahre zu Zürich verstorbenen edeln und
talentvollen jungen Mannes bespricht. Dasselbe schließt mit der Bemerkung,
daß in Folge der bevorstehenden Aufhebung dem Friedhofes,
auf welchem er beerdigt ward, die Hinterbliebenen vielleicht eine Uebertragung
der Leiche nach Darmstadt, wo die Familie heimisch ist, bewerkstelligen
werden. Dies hat sich indessen dahin abgeändert, daß man
die Gebeine, welche man ohne alle sonstigen Reste in reiner Erde fast
vollständig noch vorfand, um sie der drohenden Umwühlung auf dem
längst geschlossenen Begräbnißplatz zu entziehen, hoch oben am „Zürichberge“
ziemlich nahe am Waldesrande, unter der „deutschen Linde“ auf
dem „Germaniahügel“ von neuem beisetzte, an einem Orte, wo sie wohl
schwerlich eine weitere Störung zu erwarten haben, Diesen Beschluß
hatte der hier in der Nähe, in Küßnacht am Lehrerseminar thätige
Dr. Adolf Calmberg aus Darmstadt, Verfasser einer Anzahl von Dramen
mit den Geschwistern des Abgeschiedenen gefaßt, nachdem sich zugleich
die hiesige „Gesellschaft deutscher Studirender“ der Sache angenommen
und im Vereine mit Genanntem und einigen älteren Bannern einen
Ausschuß behufs der Ausführung gebildet hatte.
Nachdem nun mehr als eine Woche zuvor in der Stille die Uebertragung der Gebeine und die Aufrichtung eines Denksteins mit entsprechender Inschrift auf dem genannten Hügel erfolgt war, fand am Sonntag den 4. Juli Nachmittags eine einfache Gedächtnißfeier auf und an demselben statt. Es waren dazu die in und bei Darmstadt lebenden Geschwister des Gefeierten, Herr Wilhelm Büchner aus Pfungstadt, Abgeordneter, nebst einem aus Stuttgart eingetroffenen Sohne, Herr Dr. Louis Büchner, der bekannte Verfasser von „Kraft und Stoff“, und Fräulein Luise Büchner, Verfasserin von „Die Frauen und ihr Beruf“ und andern Schriften, herbeigekommen, während der dritte Bruder, Professor Alexander Büchner in Caen in Frankreich, Verfasser einer Geschichte der englischen Poesie, seine Verhinderung meldete. Ein stiller Zug bewegte sich um vier Uhr von dem Polytechnicum und der Universität den Berg hinauf. Voran wehete ihm die alte schwarz-roth-goldene Fahne, welche, herrührend von einer ehemaligen hiesigen burschenschaftartigen deutschen Studentenverbindung „Teutonia“, später an die genannte, vor zehn Jahren gegründete „Gesellschaft deutscher Studirender“ übergegangen von derselben als Symbol der über das „Reich“ weit hinausgehenden deutschen Gesammtnation, an welche auch ihre Mitglieder sich vertheilen, festgehalten wird und in diesem Falle von einem hochgewachsenen jungen Manne, Herrn Krupp, dem Neffen des vielgenannten Anfertigers unserer wirksamen Geschütze, den steilen Berg hinaufgetragen ward. Ihr folgten zunächst die Brüder dem Gefeierten nebst den Mitgliedern des Ausschusses und einigen anderen Theilnehmenden und dann die genannte Gesellschaft der deutschen Studirenden, sowohl von Universität wie Polytechnicum. Die Masse des Zuges nahm am oberen Fuße des Hügels Stellung, Angehörige und Führer nebst Fahne, sowie einige Frauen, auf ihm selbst, die versammelte zahlreiche Menge ringsumher. Vier Redner wendeten sich an die Versammlung, der Vorsitzende des Vereins, Herr Umlauft aus Böhmen mit einer einleitenden Ansprache Dr. Calmberg mit der Hauptrede, Dr. Louis Büchner mit dem Danke der Familie und zuletzt Herr Wilhelm Büchner mit einem Gedichte „Erinnerung an meinen Bruder Georg“, welches nachher den Theilnehmenden gedruckt eingehändigt ward. Die Vorträge wurden durch zwei von der Versammlung gesungene Lieder, das alte Binzer’sche Burschenschaftslied „Wir hatten gebauet“, und Hoffmann’s von Fallersleben „Deutschland, Deutschland über Alles“, eingerahmt.
Zum Schlusse seiner Rede legte Dr. Calmberg einen Lorbeerkranz auf den Denkstein nieder, den jedoch nachher Fräulein Büchner mit einem Blumenkranze vertauschte, um jenen als Andenken mitnehmen.
Am Abend vereinigte eine würdige gesellige Feier, unter dem Präsidium des stud. med.. Herrn Steinmetz, die Theilnehmer an der Gedenkfeier, mit Einschluß der Frauen, im Saale des „Café Literaire“. Ansprachen mit Toasten, inhaltreich in heiterem Ernste, Lieder – unter andern die „Wacht am Rhein“ – und der Vortrag zweier eigenen Stücke, womit der Componist, Herr Schulz-Beuthen, die Anwesenden erfreute, füllte die gemüthliche Versammlung aus. An den Reden betheiligten sich besonders die früher Genannten sowie einige Andere, namentlich Dr. Kinkel,
Sohn, Moleschott, Sohn, G. M. Wislicenus und mit einigen Worten des Dankes Frau Heymann aus New-York. Den Stoff zu den verschiedenen Reden boten in erster Reihe der Gefeierte des Tages, die bahnbrechenden Vorkämpfe jener Zeit, das dankbare Andenken an all unsere treuen Todten aus der Vergangenheit und dem letzten Kriege und die Ermunterung der deutschen Jugend zu Erfüllung ihrer Plicht gegen das Vaterland. Auch Abgeordnete der schweizerischen, italienischen und ungarischen Vereine aus den hiesigen Studirenden, mit welchen der deutsche Verein auf gutem Fuße steht, waren gegenwärtig. Erst etwa um Mitternacht ging die Versammlung auseinander.
Noch einmal das Hartglas. Zu meinem Aufsatze „Friede im Hause und Revolution in der Glashütte“ (Nr. 27 der Gartenlaube) muß
ich um eine naheliegende mißverständliche Auffassung zu verhüten, nachträglich
bemerken, daß der dort gebrauchte Ausdruck: der Meusel’schen
Methode gebühre der Preis, wie auch der Zusammenhang der Worte
ergiebt, keineswegs eine von mir selbst gewonnene Ueberzeugung ausdrücken
soll. Ich hatte die Angaben über das Meusel’sche Verfahren aus
so directen Mittheilungen geschöpft, daß ich sie für zuverlässig halten
mußte. Gleichwohl habe ich aus Briefen des Herrn de la Bastie, die mir
mitgetheilt wurden, die Ueberzeugung gewonnen, daß sie es nicht in
allen Stücken waren, sodaß mir auch der Rest zweifelhaft geworden
ist. Andererseits verdanke ich der Freundschaft des Herrn Pieper in
Dresden einige Mittheilungen, aus denen ich ersehe, daß sein Verfahren
zur Herstellung des Vulcanglases schon am 11. December 1874 patentirt
war, sodaß, da die Bastie’sche Patentbeschreibung erst später veröffentlicht
wurde, der Deutsche den Franzosen nichts verdankt, als den Gedanken,
man könne Glas wie Stahl härten, im Uebrigen aber seinen Weg selbst
gesucht und selbst gefunden hat. Die noch sonst in Deutschland hervorgetretenen
Miterfinder kamen Wochen und Monate später, nachdem die
Grundzüge der Bastie’schen Methode überall bekannt waren. Pieper, der
früher Ingenieur in den Krupp’schen Eisenwerken war, entnahm dort
gebräuchlichen Metallhärtungsmethoden die Idee seines Verfahrens. Fast
in allen deutschen Staaten reichte er lange vor de la Bastie Patentgesuche
und Beschreibungen ein, aber ein empfindlicher Mangel unserer
Gesetzgebung ließ ihn die Vortheile dieses Vorsprunges wieder
verlieren.
Er hat seitdem eine ganz neue Methode zur Glashärtung erfunden, über
welche ich der noch schwebenden Patentverhandlungen in außerdeutschen
Staaten wegen für jetzt keine Mittheilungen machen kann, die aber als
eine einer neuen Erfindung völlig gleichzuachtende Fortbildung
des älteren Verfahrens erscheint, sodaß, wenn sie sich in der
Praxis bewährt, auch in den Ländern, wo Bastie’s Patent in Gültigkeit
ist, nach Pieper’s Methode fabricirt werden darf, sobald dies thunlich,
werde ich mir erlauben, auf diese wichtige und interessante Methode
zurückzukommen, und den Gegenstand benützen, um zugleich die Frage der
Prioritätsrechte, das um neue Erfindungen sich drängende Treiben des
Industrie-Ritterthums und einige anerkannte Mängel unserer Patent-Gesetzgebung
zu erörtern. Der Verein der Glasindustriellen Deutschlands
hat übrigens seine Unterhandlungen mit de la Bastie nicht vollständig
abgebrochen, sondern ist zu der bei der Vervielfältigung der Glashärtungsmethoden gewiß praktischen Einrichtung übergangen, eine Concurrenz
zu eröffnen, nach welcher den Erfindern, je nachdem sich ihre Methoden
bewähren, und nach dem Umfange, in welchem nach denselben fabricirt
wird, ein vereinbarter Procentsatz gewährt werden soll. Bisher sind nur
Bastie und Pieper diesem Vertrage beigetreten.
Ein rügenswerther „Usus“. In klimatischen Curorten Südtirols
haben deutsche Landsleute die Erfahrung gemacht, daß die Wirthe für die
Betten, auf welchen ein kranker Badegast gestorben war, eine bedeutende
Summe forderten wenn die Hinterbliebenen dieselben behalten, und eine
wenig geringere, wenn sie solche zurücklassen wollten. In Gries bei Bozen
verlangte zum Beispiel ein Wirth für den ersteren Fall 100, für den zweiten
60 fl. österr. für Betten, die in ihrem damaligen Zustande kaum 30 fl. österr.
werth waren. Beim Abschluß der Miethe war von einer solchen „Entschädigung“
keine Silbe von Seiten des Wirthes gesagt worden und die Forderung
desselben geschah so spät, daß eine gerichtliche Hilfe nicht mehr möglich
war. Die Aeußerung des Wirthes: „Wenn der Kranke nicht auf den
Betten gestorben wäre, so hätten sie keinen Kreuzer zu bezahlen; so aber
kann ich die Betten nicht wieder benutzen und Sie müssen sie bezahlen.“
– diese Aeußerung muß bedenklich machen. Also nicht die Krankheit,
sondern nur der Tod macht die Betten ansteckend. Und wo ist denn die
Sicherheit, daß der nächste Gast nicht dieselben Betten benutzen und im
Unglücksfalle abermals „zur Entschädigung“ bezahlen muß? – In Eppan
verlangte ein Wirth sogar von einer abziehenden Kranken 50 fl. österr.
„Entschädigung“ und als er auf den „Usus“ verwiesen wurde, daß erst
der erfolgte Tod die Forderung rechtfertige, so begnügte er sich mit 10 fl.
Dagegen soll in einer ebenso schönen Gegend sogar das Neutapeziren des
Zimmers verlangt worden sein.
Gegen diese Uebervortheilungen stellt der Badegast sich nur entweder durch Feststellung dieses Punktes im Miethcontracte, oder dadurch sicher, daß er nur eigene, ob in der Nähe gekaufte oder mitgebrachte Betten benutzt. Diesen Rath giebt den Lesern der Gartenlaube Einer, welcher die Lehre sehr theuer mit seinem Gelde bezahlt hat.
B. in A. Die Sammlungen für das auf dem Eichplatze zu Jena zu errichtende Denkmal der deutschen Burschenschaft sind noch nicht geschlossen. Beiträge dazu nimmt Rechtsanwalt Dr. Robert Keil in Weimar an.
Der Einsender der titellosen Novelle (Briefwechsel zwischen Paul und Arthur) wird ersucht, seine Adresse anzugeben, da der begleitende Brief leider verloren gegangen. Die Erzählung ist zum Druck nicht geeignet.
Irma. Wie oft sollen wir noch wiederholen, das wir alle diese Mittel niemals empfehlen können?
H . . s. Ihre Anfrage nach einem Vermißten kann, abgesehen davon, daß wir derartige Gesuche jetzt überhaupt nur noch in den seltensten Fällen berücksichtigen können, schon darum keine Aufnahme finden, weil sie sowohl in der Fassung zu breit, wie auch dem Inhalte nach zu unwichtig ist.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 516. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_516.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)