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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)

aber vor Allem fesselt seine Aufmerksamkeit der Flug und das Gezwitscher der Schwalben in der Luft; es hebt das Köpfchen unverrückt nach ihnen auf und folgt ihnen durch die Bläue des Himmels.“

– „Es ist ein Mädchen, unser Kind. Habe ich es nicht schon gesagt? Wer denkt auch gleich daran? Für die Eltern ist es ein Kind.“

– „Ein Kind! Ihr habt wohl noch nicht darüber nachgedacht, wie poetisch, wie keusch zugleich die Sprache in dem Worte ‚das Kind‘ ist; sie unterscheidet nicht zwischen dem Sohne und der Tochter; alles Geschlechtliche existirt auch nicht für das Neugeborene; die Kleidung für den Knaben ist dieselbe wie für das Mädchen; das Kind ist nur der Keim des Menschen. Erst später ‚reißt sich stolz der Knabe vom Mädchen‘, aber in der Wiege lächelt uns nur ‚das geliebte Kind‘ zu.“

„Frauenschönheit! Wer sie nicht in einer jungen Mutter gesehen hat, hat sie nicht gesehen.

Da sitzen die zwei neuvermählten Freundinnen im Garten, zwei schön erblühte Frauenblumen mitten unter Blumen; der einen ruht schon die süße Frucht ihrer Liebe auf dem Schooße; der andern regt sich die liebliche Hoffnung noch unter’m Herzen. Sie begegneten sich zum ersten Male nach der Vermählung wieder. In ihrem Blicke ringt ein wunderbares süßes Gemisch von verschiedenartigen Empfindungen und Gedanken; es ist ein holder Streit von mädchenhafter Schamhaftigkeit und weiblicher Erfahrung. Sie sehen sich an mit verständnißinnigem Lächeln und können doch gegenseitig ihren Blick nicht aushalten und – sie schlagen das Auge nicht nieder, denn was in ihren Herzen vorgeht, ist rein wie das Sonnenlicht – aber sie wenden es weg, sanft erröthend in lieblicher Verwirrung, und dann auf einmal sehen sie sich wieder herzhaft an und brechen wie muthwillige Kinder in ein helles, schalkhaftes Lachen aus, daß die Sonne neugierig durch die schwankenden Zweige hereinblickt und die Vögel plötzlich in ihrem Gezwitscher innehalten. Und nun beginnt ein fröhliches Geplauder von so wonnigem Zauber, wie es nur auf den Lippen junger Frauen erblühen kann, die sich als Mädchen im Pensionat verlassen haben und sich nun als Neuvermählte, als glückliche Mütter wiedersehen; die Erinnerungen an die Kinderspiele durchkreuzen sich mit den Ergüssen des Mutterglückes; in den hellklingenden Scherz tönt mit komischer Gravität der Bericht, wie eine Jede das Scepter des Hauses führt, aber keine Note in dem lustigen Concert wird festgehalten – das rinnt in geschwätzigem Plaudern fort, wie die Wiesenquelle unter Blumen über Kiesel hinrinnt, und darein singen die Vögel, die von den Bäumen zuhören, spielen die Sonnenlichter, die sich in die glücklichen Augen hineinstehlen möchten, nicken die Blumen, die wie mitfühlend zarter duften, und dazwischen blüht auf dem Schooße der jungen Mutter die schöne Menschenknospe, das holde Kind, und wenn es von dem fröhlichen Geplauder erwacht und das Auge öffnet, da geht es daraus hervor wie Paradiesesglanz und der Garten wird zum Eden. Aber über das Antlitz der jungen Frau, der Mutter, fliegt eine Verklärung voll rosiger Milde und strahlender Wonne, daß der ganze Himmel, der sich über ihr ausspannt in krystallener Bläue, noch einmal so sonnig lacht, als wäre er nur der Widerschein von der Seligkeit im Mutterauge.“



Ein gequälter Liebling.
Den Tierschutzvereinen empfohlen.

Zu den Hundearten, welche den Standpunkt erreicht haben, modern zu sein, gehört in der Neuzeit auch die dänische Dogge. Beliebt bei Officieren und Studenten, sehr verwendbar und zuverlässig auf Fabrik- und Gutshöfen, hat diese Hunderace durch ziemlich gelungene Zuchtversuche recht erfreuliche Veredelung, leider aber auch eine Preissteigerung erfahren, die geradezu fabelhaft ist. Summen von hundert bis fünfhundert Thaler werden oft durch eine einzige schöne und gut dressirte dänische Dogge repräsentirt, so daß man sich unwillkürlich fragt, worin der Werth derselben eigentlich liegt. Jede Liebhaberei kostet zwar stets mehr Geld, als sie einbringt, die Liebhaber sind aber an den hohen Preisen oft selbst durch unsinniges Ueberbieten oder durch Suchen eines sehr imaginären Werthes schuld.


Das Verfeilen der Fangzähne.


Die dänische Dogge, in ihrem ganzen Wesen höchst ernst und gesetzt, ist in der äußern Erscheinung ein sehr schlankes, hochgestelltes, dabei aber auffällig muskulös gehaltenes Thier, zäh und sehnig in den Läufen, massig und voll im Nacken, kurz und dick im Kopfe, gewandt und exact im ganzen Aeußern, wie das beigegebene Bild (Seite 825) zeigt. Sie hatte in ihrer ursprünglichen Form frappante Ähnlichkeit mit dem alten Bullenbeißer und diesen auch sicher zum nächsten Verwandten. In dem Werke „The Varieties of Dogs, as they are found in old Sculptures, Pictures, Engravings, and Books, by Th. Charles Berjeau, London 1863“ findet man Blatt 2 und 3 antike Hundeformen, aus dem Britischen Museum abgebildet, die theils dem Bluthunde, theils dem Fleischerhunde gleichen, deren Haupttypus aber vollständig mit dem unserer heutigen dänischen Dogge übereinstimmt. Im Vergleich zu den früheren Vorfahren ist jedoch unsere dänische Dogge bei Weitem edler und imposanter zu nennen. Thiere von achtzig und noch mehr Centimeter Schulterhöhe gehören heutigen Tages nicht mehr zu den Seltenheiten; dabei haben dieselben das Schlanke und Ebenmäßige des Hirsches, das Flechsige und Sehnige eines edeln Pferdes, das Feste und Massige eines jungen Stieres.

Von Farbe einfarbig glänzend-schwarz, fahl- oder blaugrau, gelb mit dunkler Gesichtszeichnung, tigerströmig, auch manchmal großfleckig oder buntgetigert, haben diese edeln Thiere ein so feines, kurzes und weiches Haar, daß man jede Ader daliegen, jede Flechse sich darunter bewegen sieht. Fehler im Bau oder in der ganzen Haltung sind bei ihnen demnach viel leichter zu erkennen und zu beurtheilen, als bei langhaarigen Hunderacen. Der dünne, hochangesetzte Schwanz wird ihnen gelassen; das Thier hat besondern Werth, wenn es denselben nicht rollt, sondern elegant lang austrägt. Anders steht es mit den Ohren.

Zu beklagen und nicht genug zu geißeln ist es, daß die englische Manie, ihre corrigirende Hand an allerlei Thieren zu erproben, auch bei uns lebhaften Anklang gefunden hat, nicht allein Pferde, sondern namentlich verschiedene Racen von Hunden erfuhren das traurige Schicksal, der unsinnigen Geschmacksrichtung mancher Narren nicht zu entsprechen, und das barbarische Englisiren bei Pferden, das Coupiren bei Hunden wurde eingeführt. Leider hat sich diese Verirrung auch bei uns ziemlich verbreitet, sodaß ein nicht coupirter, besonders aber ein nicht gut egal und gleichmäßig gestutzter Pinscher, Bulldogg oder dänischer Dogg ziemlich werthlos und schwer an den Mann zu bringen ist. Ganz gegentheilig stellt sich jedoch das Verhältniß in der eigentlichen Heimath der dänischen Doggen, in Dänemark selbst. Bei meinem Aufenthalte in Kopenhagen habe ich viele dieser pompösen Thiere gesehen, namentlich hatten mehrere Fleischer oder Viehhändler, welche Rinder- und Schafheerden

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 824. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_824.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)