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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)

auch die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, speculiren hier auf das Unterhaltungsbedürfniß der Reisenden und finden eine bereitwilligst gebotene Absatzquelle, die leider auch unserer Jugend nur zu leicht zugänglich ist. Für die Ausstellung aber solcher Schundliteratur erheben die Eisenbahn-Verwaltungen ein Standgeld und weisen ihr eine Stelle an, wo sie nothwendig Jedermann in die Augen fallen muß. Diese Art von Literatur ist da und wird auch immer ihre Leser finden, aber ein ganz Anderes ist es, sie aus den Winkeln, in die sie sich sonst verkriechen muß, hervorzuziehen und ihr gerade an den verkehrreichsten Punkten des öffentlichen Lebens eine legitime Stätte zu bewilligen. Man sorge, daß dem Reisenden gute Werke unserer und der ausländischen Literatur geboten werden – dann erfüllt die Einrichtung einen Culturzweck, der nicht gering anzuschlagen ist, aber man wehre der Gewinnsucht der Eisenbahnverwaltungen, auf ihren Bahnhöfen den schlüpfrigen Erzeugnissen nichtswürdiger Schreiber einen ergiebigen Markt zu bereiten! A. H. in Crefeld.“ 


Ein Kriegs-Invalidenloos. Wir versagen Keinem unsere Theilnahme, den ein Mißgeschick trifft, auch wenn es ein selbstverschuldetes ist. Höher steigt dieselbe aber unverschuldeten Leiden gegenüber. Wenn uns gar ein Mann sagen muß: „Ich habe für Euch im großen Kriege geblutet, und nun ist Armuth und Entbehrung mein Lohn“ – so trifft das in’s Herz und die Pflicht der Dankbarkeit gebietet Hülfe. Leider kommen solcher Hülferufe uns so viele zu, daß wir nur die am meisten für sich selbst sprechenden Fälle an die Oeffentlichkeit bringen können. Für einen solchen halten wir den nachfolgenden.

Ein jetzt achtunddreißigjähriger, verheiratheter, aber kinderloser Mann, der als Sohn eines Landpfarrers auf Rügen eine gute Bildung genoß und mit Glück Landwirthschaft betrieb, verlor in Folge der Kriegsdienste 1864 und 1866 sein kleines Gut, wurde Beamter an einer Berliner Bahn und mußte 1870 als Landwehrmann der Kummer’schen Division mit in’s Feld ziehen, wo ihm bei dem Ausfallgefechte am 7. October vor Metz bei Les Tapes der rechte Arm abgeschossen wurde. Den einarmigen Mann nahm die Berliner Bahnverwaltung nicht wieder in Dienst. Von seiner Pension allein kann er nicht leben; er muß arbeiten und hat sich deshalb vor Allem im Schreiben wieder so geübt, daß er jetzt die Feder mit derselben Gewandtheit in der Linken führt, wie früher in der Rechten. Er würde zwar als Aufseher und in manchem anderen Fache zu gebrauchen sein, in keinem aber so viel leisten können, wie in der Landwirthschaft, die er mit völliger Hingebung betrieben.

Sollte der Mann Recht haben mit seinem Vorwurfe: „Schon jetzt, nach fünf Jahren, ist die Erinnerung an unsere Verdienste so schwach geworden, daß man am frohesten ist, wenn man uns los ist, und das wird später noch mehr der Fall sein.“? – Möchte doch Diesem und Jedem, der ebenso zu klagen hat, recht bald geholfen werden!

Der Naturforscher Brehm als Wanderredner. Dr. Alfred Brehm, den Lesern der Gartenlaube seit siebenzehn Jahren als gewandter und interessanter Schriftsteller auf dem naturwissenschaftlichen Gebiete eine stets willkommene Erscheinung, hat nach mancherlei Schicksalen in den Schranken von festen Berufsstellungen und nachdem er die Literatur um eine Reihe tüchtiger und gerngelesener Werke bereichert hat, endlich den Entschluß gefaßt, seine ungewöhnliche Redner- und namentlich Erzählergabe praktisch im Großen zu verwerthen. Nachdem er bisher nur in kleinen Kreisen seine Zuhörer entzückt, gehört er heute bereits zu den gefeierten Wanderrednern, deren Zuhörerschaft von Abend zu Abend steigt. Er spricht unter Anderem über allgemeine naturwissenschaftliche Themata, über Vogelzucht, den Hund und dessen Ahnen, die Vogelberge, die Bedeutung der Vögel im Naturhaushalt, über Wüste, Steppe und Urwald, über die Jahreszeiten etc. In Dresden, Halle, Magdeburg und Braunschweig hat er unter vielem Beifall seine Vorträge gehalten und wird im neuen Jahre am Oberrhein prüfen, ob die Herzen der Freunde und Freundinnen der Naturwissenschaft im deutschen Süden ihm ebenso gewogen sein werden, wie er dies im Norden erfahren hat.

Zur Thierschutz-Angelegenheit schreibt man uns aus München: „Bezugnehmend auf den Bericht aus New-York in Nr. 41 über die dortigen Verbesserungen im Viehtransport, glauben wir der Tendenz Ihres geehrten Blattes fördernd entgegenzukommen, wenn wir Sie in den Stand setzen, auch von den Bestrebungen in Bayern hinsichtlich der Lösung der Frage über die Möglichkeit einer Umgestaltung des bisherigen Schlachtthiertransports Notiz zu nehmen. Schon im April 1874 wurde uns vom Oekonomie-Praktikanten L. Schwartz in Aschau bei Murnau, damals noch Studirenden der Centrallandwirthschaftsschule Weihenstephan, der Vorschlag zu einer solchen Umgestaltung gemacht, welche in einer ausschließlichen Benützung von eigens dazu zu construirenden mobilen Eiskellern in der Form der Eisenbahnwaggons zu bestehen hätte. In deren abgekühltem Luftraume sollten zunächst nur geschlachtete Kälber, Schweine, Schafe etc., unbeschadet des Fleischwerthes, zu jeder Jahreszeit transportirt werden, und könnten dieselben nach diesem Vorschlage, im gesundheitlichen und pecuniären Interesse der Bevölkerung großer Städte, auch zum Transporte solcher Lebensmittel verwendet werden, welche bei warmer Temperatur nicht transportabel sind, wie Milch, Butter etc. So anerkennenswerth uns diese Idee insbesondere vom Standpunkte der Humanität aus erschien, so sehr wir mit dem leitenden Gedanken und den Vorschlägen zu ihrer Verwirklichung übereinstimmten, mußten wir es uns doch versagen, sofort mit unserer Thätigkeit in diese Frage einzugreifen. Die localen Verhältnisse, insbesondere aber der Mangel von Vorschriften über den Transport von Fleisch, ja sogar die von vielen Seiten betonte Unzulässigkeit eines solchen, lassen es uns zweckdienlich erscheinen, vorerst hiervon abzustehen, wogegen wir mit gesteigertem Interesse weiteren Berichten über die bereits errungenen Erfolge jenseits des Oceans entgegensehen.

Münchener Thierschutz-Verein.“ 

Ungarische Lyriker in Deutschland. Seitdem die gefühlstiefen Dichtungen Petöfi’s durch mehrfache Uebersetzungen dem deutschen Leser erschlossen worden, ist bei uns das Interesse für die Poesie Ungarns von Jahr zu Jahr gewachsen, und namentlich die Blumen aus dem Garten der ungarischen Lyrik haben in Deutschland stets eine freundliche Aufnahme gefunden. So darf denn auch des bekannten Gustav Steinacker’s „Ungarische Lyriker von Alexander Kisfaludy bis auf die neueste Zeit“ (Leipzig, Joh. Ambr. Barth) wohl einer freundlichen Aufnahme diesseits der Leitha gewiß sein. Indem wir diesen fremdländischen Liederblüthen bei ihrem Eintritt in deutsche Lande ein freundliches „Glück auf!“ mit auf den Weg geben, fügen wir die für die Leser unseres Blattes gewiß interessante Bemerkung hinzu, daß der Uebersetzer sein Werk den „Dichterinnen der Gartenlaube“ E. Marlitt, Wilhelmine v. Hillern und E. Werner „in huldigender Bewunderung und gleichgesinntem Streben“ gewidmet hat.

Zum Ehrengeschenke für Arnold Ruge gingen uns wieder zu: Stud. A. Große in Jena 6 Mk.; F. R. 20 Mk.; Gust. Schaumann in Lac Paulo (Brasilien) 50 Mk.; Hofgerichts-Advocat Weller in Darmstadt 9 Mk.; G. Schke. in H-e 100 Mk.; G. A. Wislicenus in Zürich 25 Mk.; Dr. Kierschi in Belgrad 5 Mk.; F. H. in Würzburg 5 Mk.; Henry Villard in Boston 75 Mk.; Rabbiner Stern in Buttenhausen 3 Mk.; M. und K. in Galizien 2 fl.; aus Halle ungenannt 60 Mk. 75 Pf.; zwei Freunde aus Bradford 121 Mk.

In Folge unseres Aufrufes veranstalteten die Herren Blind, Schaible und Trübner in London eine Separat-Sammlung, deren Erträgniß, 251 Pfund Sterling oder 5100 Mark, dem Herrn Professor Ruge mit einem Begleitschreiben überreicht wurde, in welchem dem Adressaten die wärmste Anerkennung für sein langjähriges Wirken zu Gunsten geistiger und staatlicher Befreiung ausgesprochen wurde. Mit der Schlußnummer dieses Jahrganges schließt nunmehr auch die Gartenlaube ihre Sammlung, die mit der Londoner zusammen 19,000 Mark ergeben hat, und danken wir vorläufig im Namen des Comités allen den freundlichen Gebern, welche auch nach langer Zeit sich der hohen Verdienste unseres braven Ruge erinnerten.

D. Red. 

Nicht zu übersehen!

Mit dieser Nummer schließt das vierte Quartal und der dreiundzwanzigste Jahrgang unserer Zeitschrift. Wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das erste Quartal des neuen Jahrgangs schleunigst aufgeben zu wollen, und machen ihnen zugleich die erfreuliche Mittheilung, daß die erste Nummer des neuen Jahrgangs mit der bereits angekündigten Erzählung:

„Im Hause des Commerzienrathes“ von E. Marlitt,

beginnen wird, der sich sodann anschließen werden die Fortsetzungs- und Schlußcapitel von Levin Schücking’s „Der Doppelgänger“ und später

„Vineta“ von E. Werner.

Von den demnächst erscheinenden belehrenden und unterhaltenden Artikeln heben wir vorläufig hervor:

Das rothe Quartal. Aus der Geschichte der Pariser Commune. Von Prof. Johannes Scherr. – Um eines Knopfes Dicke. Aus dem Eisenbahnleben. Von M. M. von Weber in Wien. – Der Spiritismus in seinen Verirrungen. Von Dr. Stein. Mit Abbildungen. – Aus dem jüdischen Familienleben. Von S. von Mosenthal. Ein entlaufener Lehrling. Künstler-Charakteristik. Von Herman Schmid. Mit Gruppenbild von Grützner in München. – Louise. Zur hundertjährigen Geburtstagsfeier der Mutter unseres Kaisers. Mit Abbildungen. – Die weiße Frau. Eine historische Revue. Von Georg Hiltl. Mit Abbildungen. – Die Farbenblindheit, eine Gefahr für das öffentliche Leben. – Böhmische Glasindustrie. Von A. B. – Bilder aus Amerika. Von Richard Blum. Mit Abbildungen.


Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen General-Postamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Neujahr aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig anstatt 1 Mark 60 Pfennig). Auch wird bei derartigen verspäteten Bestellungen die Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern eine unsichere.

Die Verlagshandlung. 


Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. - Verlag von Ernst Keil in Leipzig. - Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 878. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_878.jpg&oldid=- (Version vom 9.1.2021)