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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877)

der Morsezeichen durch elektrisches Licht (vergleiche „Gartenlaube“ Nr. 12[WS 1]) einen Registrir-Apparat erfunden, der die in die Ferne entsendeten Lichtsignale bucht, damit man sie, namentlich bei Vermuthung von Mißverständnissen, zurückfordern und vergleichen kann, ein für diese Verständigungsmethode unumgängliches Controlmittel. So würde man auch nur dann mit der Dampfpfeife eine sichere Verständigung in Morsezeichen herbeiführen können, wenn das andere Schiff zunächst wie ein Echo die empfangenen Töne wiederholte.

Aus allen diesen Gründen erscheint eine andere Wiedergabe der Morseschriftzeichen, die an sich, als international vereinbart, für sehr geeignet gelten müssen, wünschenswerth. Ohne von den Versuchen der englischen Capitaine Kenntniß zu haben, war der deutsche Fabrikant Gustav Wiese aus Hannover auf demselben Wege zu zweifellos viel besseren Methoden gelangt. Nach mannigfachen anderen Versuchen, das Signalbuch auch bei Nacht brauchbar zu machen, erschien es nämlich auch ihm als das Beste, das Morsesystem anzuwenden, aber die Striche und Punkte, die zu einem Zeichen gehören, als wirkliche Striche und Punkte in dauernder Lichterscheinung nebeneinander zu stecken, so daß zur ruhigen Abnahme des Signals Zeit gegeben ist. Er benützte zur Darstellung der Punkte runde Laternen, für die Striche langgestreckte Glaskästen mit vielen Flammen, wobei er zur Erleuchtung ein leicht herstellbares Luftgas eigener Erfindung, von einer großen Leuchtkraft, benützte. Wiese stellte unter der Aegide des Nautischen Vereins in Hamburg vielfach, zuletzt am 19. und 20. Juli Versuche mit seinem Apparate an, die vollkommen gelangen und bei der Wichtigkeit der Sache die Aufmerksamkeit der Fachleute erregten.

Die kaiserliche Admiralität, an die sich Wiese mit seiner Erfindung gewandt hatte, forderte denselben auf, in Kiel vor einer besonders dazu ernannten Commission weitere Versuche mit seinen Nachtsignalen anzustellen. Im Verfolge derselben stellte sich nun heraus, daß die verschiedenen Laternenformen doch in gewissen Entfernungen und Lagen schwer zu unterscheiden sein möchten, weshalb Wiese ohne Zögern die Methode aufgab, um sofort eine noch bessere an ihre Stelle zu setzen. Die letztere besteht einfach in der Anwendung eines weißen Lichtes für den Punkt und eines rothen für den Strich. Mit Leichtigkeit kann jeder Buchstabe und somit jedes Zeichen des internationalen Signalbuches in dieser Lichtschrift hergestellt werden, und somit ist der Gebrauch der Weltsprache auch für die Nachtstunden durch ein einfaches, sicheres Verfahren ermöglicht worden.

Der einzige Einwurf, den man der Wiese’schen Methode machen konnte und gemacht hat, bestand darin, daß das rothe Licht der gewöhnlichen Schiffslaternen höchstens zwei Seemeilen weit sichtbar sei. Der Erfinder construirte nun Laternen, deren Licht vermittelst einer verbesserten Lampe und eines besondern Linsensystems weiter trägt, als man es irgend für die Signalsprachen nöthig hat – nämlich vier Meilen – Laternen, die man indessen zunächst als uneinführbar bezeichnet hat, weil sie mit Petroleum gespeist werden. Trotz der augenscheinlichen Wichtigkeit aller dieser Verbesserungen scheint doch bei den maßgebenden Behörden eine große Lauigkeit denselben gegenüber obzuwalten, und es mag sich dies zum Theile daraus erklären, daß man bei uns in Schifffahrtsangelegenheiten gewöhnt ist, den englischen Vorschlägen und Einführungen den Vortritt zu lassen. Der Erfinder hat für seine langen und theuren Versuche nichts als die Mühe und die Genugthuung erhalten, im Allgemeinen die Wichtigkeit seiner Verbesserungen anerkannt zu sehen, ohne aber durch Geld oder eine entsprechende Anstellung dafür entschädigt zu werden. Hoffen wir, daß es ihm nicht gehen möge, wie es W. Bauer mit seinen Erfindungen gegangen ist!

Die Richtigkeit des Gesichtspunktes, von welchem Wiese, statt des kurzen und langen Lichtscheines, weißes und farbiges Licht anwendete, ist soeben auch durch einen Vorschlag eines englischen Physikers, Sir William Thomson, anerkannt worden, sofern derselbe, statt der kurzen und langgezogenen Tönen der Nebelsignale, die Anwendung verschieden hoher Töne vorschlägt, die man vermittelst einer schneller oder langsamer gedrehten Sirene geben könnte. Statt der Sirene, die aus einer schnellgedrehten, am Umfange mit vielen Löchern versehenen Radscheibe besteht, deren Oeffnungen ein Dampfrohr beständig öffnen und schließen und daher je nach der Schnelligkeit der Aufeinanderfolge höhere und tiefere Töne von großer Durchdringungsfähigkeit ergeben, hat ein französischer Physiker, Montenat, kürzlich eine von ihm erfundene Abart der sogenannten chemischen Harmonika vorgeschlagen, ein kupfernes Rohr, in welches an einem Drahte ein Körbchen mit glühenden Kohlen hinabgelassen wird und das dadurch, je nach der verschiedenen Weite des Rohres, tiefe und höhere Töne von großer Intensivität hervorbringt. Da alle diese Vorschläge erst einige Monate oder höchstens zwei bis drei Jahre alt sind, so läßt die lebhafte Inangriffnahme der hochwichtigen Aufgabe ihre baldige Lösung mit Sicherheit erhoffen.


Ich streue Blumen auf dein stilles Grab.


 Ich streue Blumen auf dein stilles Grab,
Und meine Thränen fallen brennend nieder
Und sagen dir und sagen immer wieder,
Wie gar so innig ich geliebt dich hab’.

Ich streue Blumen auf dein stilles Grab.
Weil sie mir treue Liebesboten waren
In jenen blüthenreichen, sonn’gen Jahren,
Als sich dein Herz in Liebe mir ergab.

Ich streue Blumen auf dein stilles Grab,
Damit sie heute dir wie damals sagen:
Ich will dein Bild in meinem Herzen tragen.
Bis ich auch sinke einst zu dir hinab.

Ich streue Blumen auf dein stilles Grab –
Mit dir versank mein blumenreiches Leben;
Oed’ liegt mein Haus; es klagt der Quell daneben,
Und meine Hand umfaßt den Wanderstab. –

So will ich einsam wandern auf und ab,
Doch kehr’ im letzten Abendroth ich wieder,
Dann knie’ ich betend hier noch einmal nieder
Und streue Blumen auf dein stilles Grab. –

Otto Brandstädter.

Slavische Osterfeier.

Vor mehr als zwanzig Jahren reiste ich in der serbischen Woiwodschaft als „Grundbüchler“, das ist als kaiserl. königl. Beamter, zur Regelung und Comattirung der arg zerfahrenen Grundverhältnisse nach jenen Provinzen entsandt, um an Ort und Stelle die Erhebungen zu pflegen und Abänderungen zu treffen.

Eisenbahnen gab es noch nicht; ich reiste mit Wagen und zwar mit „Vorspann“, die mir kraft meines Amtes auf Regierungsbefehl von Station zu Station (eine Station je zwei deutsche Meilen) unentgeltlich beigestellt wurde. Das Fuhrwerk war elend, die Straßen noch elender, am elendesten aber die Gasthöfe. Mit Ausnahme der größeren Städte überall schwarzgeräucherte Spelunken, der Aufenthalt von Zigeunern, betrunkenen Hirten, Bauern und Räubern. An ein Uebernachten darin war, abgesehen von dem Schmutze und dem Mangel an jeder Bequemlichkeit, nur mit Schaudern und geladener Pistole zu denken. Sie waren auch gar nicht auf Reisende eingerichtet; die Bevölkerung übte nach Landessitte die weitgehendste Gastfreundschaft, und hatte man nur einen Bekannten und ein Empfehlungsschreiben an eine vornehmere Familie auf der ersten Station, so wurde man von dem edlen Gastfreunde an seine Vettern oder Freunde im nächsten Orte gewiesen und konnte überall der zuvorkommendsten Aufnahme gewiß sein. Den Werth klingender Münze für die Bewirthung vertraten entsprechende Werthgegenstände in Form von Geschenken an Frau, Töchter oder den Hausherrn selbst.

Meinen nächsten Aufenthalt sollte ich bei einem griechischen Popen in der Comitatsstadt Zombor nehmen. Der Abend senkte sich schon herab; die scharfe Aprilluft und das Rütteln des hochrädrigen Leiterwagens hatte mich todtmüde und hungrig gemacht; endlich nach achtstündiger Fahrt über Löcher und Schollen, – Wege konnte man die tiefspurigen Geleise, deren Richtung wir

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Jahrgang 1876
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1877). Leipzig: Ernst Keil, 1877, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1877)_212.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)