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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877)


August Junkermann als „Onkel Bräsig“.
Nach einer Photographie auf Holz gezeichnet von Adolf Neumann.


nennen darf, auch als Vorleser kein bloßer Wortesprecher ist, sondern durch Mimik und Gesticulation wie durch kunstgeübte Tonfärbung seinen Vortrag in der wirksamsten Weise illustrirt, ist nicht mehr als natürlich. In der That werden durch diese schauspielerischen Zugaben die Vorlesungen Junkermann’s zu wahren Interpretationen des Dichters, die einen tiefen Eindruck auf den Hörer nicht verfehlen können. Andächtiger kann die gläubige Gemeinde einem Prediger nicht lauschen, als das Publicum in der Regel Junkermann’s Reuter-Vorlesungen. Es liegt eben in diesen dramatisch belebten, vom Tone wahrer Empfindung gehobenen Vorträgen ein unsagbar fesselnder Reiz. Und bei einiger Aufmerksamkeit dringt selbst der mit den Dialektgeheimnissen gar nicht Vertraute gar bald in das Verständniß. Junkermann versteht selbst im bewegtesten Dialog die einzelnen Charaktere streng auseinander zu halten, daß man sie greifen zu können meint; hier den Bräsig und daneben Hawermann, dann Fritz Triddelfitz, die Pomuchelskopp’sche Familie, Moses, das Nüßler’sche Ehepaar, Lining und Mining, Gottlieb und Rudolf – es sind der Köpfe und Stimmen wahrlich nicht wenige. Und nun erst der Rahnstädter Reformverein mit seinem Durcheinander! Es ist eine wahre Lust zu hören, wie der Künstler vor den Zuhörern doch in all dem Wirrwarr die einzelnen Sprecher klar unterschieden hält.

In seiner Wirksamkeit als Vorleser beschränkt sich Junkermann selbstverständlich nicht blos auf den „Entspecter Bräsig“ und was zunächst damit im Zusammenhange steht, sondern verbreitet sich in buntem Wechsel auf Alles, was unter die gelungensten Schöpfungen Reuter’s zu zählen ist. Und das mit

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877). Leipzig: Ernst Keil, 1877, Seite 440. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1877)_440.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)