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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877)

habe ich in meinem Leben wahrscheinlich mehr gesehen als Sie, Herr Förster. Solch Zeugs gab’s früher hie, wo noch nich jeder Schwanz weggeschossen wurde, zu Haufen. Ja, in jener Zeit, als ich noch jung und Sie noch nich geboren waren, da kollerten die Rackers im Frühjahre, eso im März ’rum – obig der Ecke auf den weiten Brüchen hinterm Auer, da wo der Wildzaun d’ran hingeht, bis nunger an die Altenteiche – wie die alten Trommeln, und springen that dabei die verrücktige Bande, wie besessene Kobolde. Nee, nee – die Art kennen mer noch zu genau von früher her, als daß mer sie etwa mit dem

Trappen.
Nach der Natur gezeichnet von Guido Hammer.

mir gestern vor’s Gesicht gekommenen groben Zeuge verwechseln könnten. Das war eine ganz andere Bande, wie die, von der die lumpige Bürkhinne hie herstammt.“

Nun, uns verdroß diese etwas derbe Zurechtweisung keineswegs; unsere Enttäuschung wandelte sich dadurch in neue, froheste Hoffnung um, denn an der Wahrhaftigkeit unseres gekränkten Belehrers brauchten wir keinen Augenblick zu zweifeln. Darum ward mit frischem Muthe weiter nach den Mysteriösen gesucht und nicht, wie wir bereits beschlossen, dem in das Holz hereingestrichenen Birkwild nachgezogen. Vielmehr ging es nun immer weiter hinaus auf die Fluren, wobei kein Feld, kein Acker, brachliegend oder bestellt, keine Wiese oder sonstiges Stück offenes Land unberührt gelassen wurde. Alles, alles gingen wir mit größter Gewissenhaftigkeit ab, den Hund dabei jetzt nur noch kurz suchen lassend, aber nirgends wollte das „langbeenige Viehzeug“ zum Vorschein kommen. Da wandten wir uns noch zuguterletzt einem wüsteliegenden Stücke Rodeland, das früher Bauernbusch gewesen und äußerstes Grenzstück im Reviere war, zu, weniger in der Voraussetzung, hier noch unsere Sehnsucht erfüllt zu sehen und das Gesuchte zu finden, als vielmehr dabei nur gelegentlich einen weiterhin liegenden kleinen Waldteich abzugehen und dort vielleicht noch ein paar Enten zu schießen. Da der Boden vor uns ein wenig hügelig war und man von seinen Erhöhungen aus weithin Alles übersehen konnte, ward noch einmal verlorener Weise mit dem Feldstecher Umschau gehalten, und mit so geschärftem Blicke auch dieses öde Stück auf’s Sorgfältigste durchforscht, bald vom Förster, bald von mir. Auch „Bienenlob“ versuchte es einmal damit, behauptete aber: durch diese „Röhre“ sähe er gar „nischt“, da könne er ebenso gut in einen Sack „’neingucken“. So war denn

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877). Leipzig: Ernst Keil, 1877, Seite 781. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1877)_781.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)