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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

in der Person des früheren Ministers, Wirklichen Geheimen Raths Hobrecht[WS 1], einen vortrefflichen Vorsitzenden gewonnen hatte, war es gewesen, eine Reihe von hervorragenden Männern aller Stände, die theils durch ihren Beruf, theils durch persönliche Neigung mit der Gesundheitspflege oder dem Rettungswesen in Beziehung standen, aufzufordern, dem Unternehmen ihre Mitarbeit zu gewähren. Der Erfolg des Aufrufes war ein außerordentlich günstiger; von Woche zu Woche mußte die Liste der Männer, welche dem Comité beitraten, vergrößert werden, und es fehlt ihr jetzt keiner der hervorragenderen Hygieniker Deutschlands.

So konnte denn bald eine Generalversammlung des Centralcomités abgehalten werden, in welcher die bisherigen Schritte des provisorischen Comités sowie seine weiteren Vorschläge einstimmig Billigung fanden und dann für die eigentliche Arbeit ein Vorstand und für die Geschäftsführung ein Ausschuß, unter denen die beiden andern Vorsitzenden Generalarzt Roth und Ingenieur Rietschel und die Schriftführer R. Henneberg und der Verfasser genannt werden mögen, gewählt wurde.

An Vorstand und Ausschuß schließt sich eine Reihe von Commissionen, von denen als die wichtigsten die Terrain- und Baucommission, die Finanzcommission und die Preßcommission zu erwähnen sind.

Das Hauptgebäude der Allgemeinen deutschen Ausstellung für Hygiene und Rettungswesen in Berlin 1882.
Nach einer Photographie.

In zahlreichen Sitzungen, besonders des Ausschusses und der Commissionen, nahm der Plan der Ausstellung nunmehr eine festere Gestaltung an; die finanzielle Grundlegung wurde erreicht, ein passender Bauplatz gesichert und die Zollfreiheit der aus dem Auslande einzuführenden Objecte und Transportermäßigungen erreicht, wie sich auch für die Sache das lebhafteste Interesse, besonders aller Behörden, zeigte und durch die Localcomités immer weitere Kreise zur Mitarbeit herangezogen wurden.

Besonders günstig war auch für das Gedeihen der Ausstellung die Uebernahme des Protectorats durch die deutsche Kaiserin, welche den Kronprinzen des deutschen Reiches mit ihrer Vertretung beauftragte. Die Wirkungen dieses Protectorats machten sich über alle Erwartungen sofort geltend. Sowohl die Annahmemeldungen für die Ausstellung, wie die Zeichnungen für den Garantiefonds gingen in steigender Zahl ein, und bald stellte es sich heraus, daß diese Ausstellung, welcher gerade von den Mitgliedern des Ausschusses nicht ohne Zweifel entgegengesehen wurde, an Dimensionen und innerem Werthe ein hervorragendes Bild des im deutschen Reiche auf dem Gebiete der Gesundheitspflege und des Rettungswesens Geleisteten bieten werde.

Es ist nicht thunlich, in alle Einzelheiten der Organisationsarbeiten hier einzugehen, darauf aber muß hingewiesen werden, daß, dem ernsten Charakter der Ausstellung entsprechend, in der Gruppeneintheilung ein neues Princip durchgeführt worden ist.

Man hat es im Gegensatz zu den meisten bisherigen Ausstellungen unternommen, die Gegenstände nicht nach der Gemeinsamkeit ihres Fabrikationsursprungs zu gruppiren, sondern dieselben an demjenigen Orte und in demjenigen Zusammenhange zur Anschauung zu bringen, wo und wie sie in der Wirklichkeit angewendet werden, wodurch es dem nicht speciell mit dem bestimmten Zweige der Technik vertrauten Besucher möglich wird, sich über Zweck und Eigenschaften der ausgestellten Gegenstände klar zu werden.

Die Erfahrung hat es bei fast jeder Ausstellung gelehrt, daß im Beginne die Meldungen verhältnißmäßig spärlich einlaufen, daß aber, wenn der letzte Termin naht, sie sich in wahrhaft besorgnißerregender Weise häufen, ja daß sie über denselben hinaus noch zahlreich eintreffen. Auch bei dieser Ausstellung ist das Gleiche geschehen, sodaß immer mehr Erweiterungen der Baulichkeiten eintreten und dennoch viele äußerst interessante Objecte schließlich zurückgewiesen werden mußten. Demungeachtet zeigt eine Durchsicht des Katalogs eine überraschend große Fülle von Ausstellungsgegenständen. Die Ministerien fast aller deutschen Staaten, viele Hochschulen, zahlreiche Communen, wie Berlin, Wien, Budapest, die hervorragendsten technischen Etablissements, unter denen nur die beiden Siemens und Aird genannt werden mögen, finden sich mit ihren besten Erzeugnissen vertreten. Alles was zum Rettungswesen gehört, einschließlich der Instrumente und Apparate für die Chirurgie und für das Verbandwesen, wird die Bewunderung der Besucher erregen.

Specielle Berichterstatter werden über die einzelnen Gruppen der Ausstellung reichliches Material für die „Gartenlaube“ liefern; hier, wo es sich mehr um die allgemeine Einführung handelt, mag es nur noch gestattet sein, dem Platze sowohl wie den Gebäuden in einer kurzen Darstellung gerecht zu werden. Zwei Männer haben sich besonders um den Bau und den Platz verdient gemacht, der Baurath Kyllmann,[WS 2] Mitglied der berühmten Firma Kyllmann und Heiden, dem Berlin schon so viele Prachtbauten verdankt, und der Gartendirector Mächtig,[WS 3] welch Letzterem das Arrangement des parkähnlichen Gartens oblag, der auf Anordnung der Commune Berlin, deren Munificenz sich auch diesmal wieder glänzend bewies, hergestellt worden. Dieser Garten bildet mit Recht ein Ausstellungsobject der Stadt, und wahrlich keines der schlechtesten.

Das Ausstellungsgebäude befindet sich auf dem von der Straße Alt-Moabit, Ulanen- und Invalidenstraße und der Lehrter Bahn umschlossenen Terrain, welches diesmal seitens des Fiscus

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_329.jpg&oldid=- (Version vom 2.5.2023)