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Verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

in der letzten Zeit wesentlich geändert. Der alte Erfahrungssatz, daß die mit der Nahrung verbundene Aufnahme reichlichen fertigen Fettes größere Fettablagerung im Körper begünstige, ist allerdings auch durch die neueren Versuche bestätigt worden, und es ist unleugbar, daß der Genuß von viel Butter, Oel, Fett, Speck, fettem Fleisch eine bedeutende Fettzunahme verursacht. Allein erst neue Experimente von Voit und Pettenkofer haben die Thatsache festgestellt, daß die Fettbildung auch ohne Einführung von fertigem Fette mit der Nahrung durch reichliche Zufuhr von Eiweiß erfolge, wie dies Liebig früher von den Kohlehydraten (Stärkemehl, Dextrin, Zucker und Gummi-Arten) angenommen hat. Sehr reichliche, übermäßige Ernährung bietet demnach im Allgemeinen einen den Fettansatz im Körper begünstigenden Umstand, der aber noch speciell vermehrt wird, wenn die Ernährung durch Fett, Eiweiß und Kohlehydrate erfolgt und sich hieran noch der Genuß von Alkohol knüpft. Daß der Lebemann, der sich an fettem Fleische, Pasteten und Käse ergötzt, dazu süßen Sekt oder starken Wein trinkt, bald an Embonpoint gewinnt, ist darum ebenso erklärlich, als daß auch der minder Bemittelte sich durch Kartoffeln, Speck und Bier oder Schnaps ein ordentliches Schmeerbäuchlein anmästen kann. Wenn gewisse Gewerbe, so das der Fleischer und Wurstmacher, den zweifelhaften Vorzug genießen, daß sie ihre Leute häufig fett machen, so liegt der Grund für diese Erscheinung nicht, wie man früher annahm, in speciellen thierischen Ausdünstungen, sondern einfach darin, daß jene Gewerbe bekanntlich zu den einträglichsten gehören und es den Meistern gestatten, sehr gut und viel zu essen und zu trinken.

Ebenso wichtig wie die Beschaffenheit der Nahrung sind für die Entwickelung der Fettleibigkeit alle diejenigen Verhältnisse, welche den Stoffwechsel und damit den Fettverbrauch mindern. Das Fett bedarf, damit es im Körper nicht liegen bleibe, sondern zersetzt und schließlich zu Kohlensäure und Wasser verbrannt werde, vorzugsweise des Sauerstoffes, und alle diejenigen Momente, welche den Gaswechsel des Blutes herabsetzen, sind zugleich den Fettansatz begünstigende Bedingungen. Andauernde Ruhe der Muskeln, geringe körperliche Bewegung, steter Aufenthalt in geschlossenen sauerstoffarmen Räumlichkeiten befördern, eine reichliche Ernährung vorausgesetzt, darum die Fettablagerung. Ein Gleiches gilt von der Gewohnheit übermäßig langen Schlafens.

Daß das weibliche Geschlecht im Allgemeinen mehr zur Fettleibigkeit geneigt ist, als das männliche, liegt wohl in der bei Frauen beliebten Ernährung mit süßen Speisen, ebenso wie in ihrer Neigung, Ruhe zu pflegen, oder stundenlang im geschlossenen Raume zu sitzen. Der gleiche Erklärungsgrund mag wohl dafür gelten, daß beschaulich lebende Mönche sich der wunderbarsten Fettbäuche rühmen können.

Aus dem eben Angedeuteten ist auch sehr leicht der Schluß zu ziehen, wie die Fettleibigkeit zu bekämpfen ist, um nicht jenen Grad zu erreichen, bei dem die Hilfe zu spät kommt. Der Fettleibigkeit muß auf diätetischem Wege, durch strenge Regelung der Ernährungs- und Lebensverhältnisse entgegengetreten werden, indem hierdurch eine Aufspeicherung von neuem Fett verhütet und das übermäßig abgelagerte Fett wieder zur Zersetzung gebracht wird. Entsprechend den Ursachen der Fettsucht, ist es darum Hauptaufgabe der Heilung dieses Leidens, den Körper durchaus nicht reichlich zu ernähren, mit den Nahrungsmitteln nur sehr wenig Fett, mittlere Mengen eiweißhaltiger Substanzen, vorwiegend Fleisch, und geringe Mengen Kohlehydrate und Leimstoffe zu verabreichen, dabei die Muskeln in starker Uebung zu halten und für Steigerung der Sauerstoffzufuhr (durch Gebirgs- oder Waldluft) zu sorgen.

Mit wenigen Worten läßt sich darum das Heilverfahren gegen Fettleibigkeit, wenn diese noch nicht sehr vorgeschritten ist, angeben. Es besteht in mäßiger, gemischter, jedoch vorwiegend aus Fleisch bestehender Kost mit möglichster Vermeidung von Fett und Zucker, und fleißiger Bewegung besonders in Wald und Berg.

Jede streng durchgeführte einseitige Ernährungsweise der Fettleibigen, um sie von ihrem Fettbalaste zu befreien, ist darum verwerflich, weil hierdurch die Erhaltung des Organismus wesentlich beeinträchtigt wird. Der Fette wird auf solche Weise zwar mager, aber auch krank. Deßhalb sprechen wir uns gegen die nach dem dicken Engländer Banting benannte Kur aus, welche in ausschließlicher Fleischkost mit vollständiger Vermeidung jeden Fettes besteht und deren dauernde Durchführung mehrfache Gefahren mit sich bringt. Ebenso wenig können wir die von einem belgischen Arzte, Tarnier, angegebene ausschließliche Milchdiät empfehlen. Eine Abmagerung kommt allerdings durch diese Art Hungerkur zu Stande, allein in einer den Organismus schädigenden Weise; es wird dabei eine wässerige Beschaffenheit des Blutes herbeigeführt und jener Zustand von Herzschwäche, über dessen Bedrohlichkeit wir uns bereits geäußert haben. Aus demselben Grunde sind wir auch gegen die Anwendung drastischer Abführmittel, wie solche in manchen angepriesenen „Entfettungspillen“ enthalten sind. In jüngster Zeit hat eine Kurmethode der Fettleibigkeit besonderes Aufsehen durch die bei einem berühmten Staatsmanne erzielten günstigen Erfolge erzeugt. Das Princip jener Kur besteht in einer derartigen Regelung der Diät, daß die Aufnahme von Flüssigkeiten auf ein möglichst geringes Maß herabgesetzt, der Körper dabei genügend ernährt und für Erregung des Herzmuskels durch anstrengende Bewegung gesorgt wird. In der Regel wird hierbei das Maß für die zu verabreichenden Getränke in folgender Art niedrig angesetzt: Des Morgens und Abends eine Tasse Kaffee, Thee, Milch oder andere Flüssigkeit (150 Gramm), Mittags ⅜ Liter Wein und vielleicht noch ¼ bis ⅔ Liter Wasser während des Tages. Dabei gilt als Regel, nie eine größere Quantität Flüssigkeit auf ein Mal zu trinken, sondern die für den Tag bestimmte Menge in kleinen Portionen zu sich zu nehmen. Eine solche wasserentziehende Diät ist aber auch ein den Organismus wesentlich umgestaltender Eingriff und läßt sich wohl nur in jenen Fällen rechtfertigen, wo in Folge der fettigen Veränderungen des Herzmuskels hochgradige Kreislaufsstörungen vorhanden sind und es zur wichtigen Aufgabe des Arztes wird, die im Körper aufgestauten Flüssigkeitsmengen auszuscheiden und darum auch die Aufnahme von Flüssigkeit möglichst zu vermindern.

Ob und welche Arzneimittel gegen Fettleibigkeit anzuwenden, kann nur der Arzt nach sorgfältiger Untersuchung des Einzelfalles bestimmen; ebenso ist es von individuellen Verhältnissen abhängig, welcher Trink- und Badekur sich der Fettleibige zu unterziehen hat, um in wirksamer Weise das diätetische Heilverfahren zu unterstützen. Aber ohne strenge Diät geht es nicht! Schlemmern, welche durch Medikamente mager werden und dabei ihr gewohntes Leben fortsetzen wollen, möge die grobkörnige Mahnung des geistreichsten Feinschmeckers, Brillat-Savarin’s, angeführt sein, welche also lautet: „Wie ihr wollt, mästet euch weiter, werdet plump, kurzathmig und ersticket in der Schmelzbutter; ich werde mir es notiren und euch in der zweiten Auflage meines Buches als warnendes Beispiel anführen.“


Das Körner-Museum zu Dresden.

In diesem Jahre hat das in Dresden in der Neustadt „an geweiheter Stätte“ unter dem Geläute der Osterglocken am 28. März 1875 von seinem Begründer Dr. Emil Peschel eröffnete „Körner-Museum“ sein erstes Decennium erfüllt. Zehn Jahre! eine kurze Spanne Zeit, wenn sie freudenreich war, doch eine lange, lange Frist, wenn sie schwere Sorge in sich faßte.

Als am 26. August 1863 zu der fünfzigjährigen Todesgedenkfeier für Theodor Körner in Dresden eine in einem alten Stadttheile entlegene Gasse und kleiner Platz, bisher Am Kohlmarkt genannt, den Namen Körnerstraße erhielt und an der Außenseite der Geburtsstätte des deutschen Tyrtäos eine stattliche Marmorgedenktafel mit den darin gemeißelten Worten: „Hier wurde geboren Theodor Körner am 23. Septbr. 1791. Er fiel im Kampfe für Deutschlands Freiheit am 26. August 1813. Gewidmet von seiner Vaterstadt am 26. August 1863“, umbraust von dem jubelnden Hoch einer festlichen Menge Tausender angebracht worden war, war auch der erste Akt der Dankbarkeit von der Vaterstadt Dresden dem Dichter von „Leyer und Schwert“ dargebracht.

Eine noch rühmlichere Fortsetzung erhielt diese Feier durch die am 18. Oktober 1871 auf dem Georgplatz zu Dresden vor

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Leipzig: Ernst Keil, 1885, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_263.jpg&oldid=- (Version vom 23.3.2024)