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verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

zu wünschen, daß der Frieden erhalten bleibe. Nun, die Hoffnung ist nicht unberechtigt, daß auch diesmal die Besonnenheit der Staatsmänner über etwaige Kampfgelüste einiger Heißsporne den Sieg davontragen wird. Schon in den wenigen Jahren, die seit der Unterwerfung der Turkmenen verflossen, haben sich die Zustände Dank der eisernen Disciplin der russischen Generäle wesentlich gebessert. Der Gouverneur des persischen Grenzortes Sserachs, der früher nur mit einer Eskorte von 50 Mann sich aus der Stadtmauer herauswagte, unternahm schon vor zwei Jahren weitere Touren mit nur 10 Mann starker Bedeckung, und die Merwer betreiben den Raub nicht mehr officiell, sondern in vereinzelten Diebesbanden. Das ist gewiß ein beachtenswerther Fortschritt, eine Wendung zum Besseren. Wir sehen, unsere östlichen Nachbarn verstehen meisterhaft ihre asiatische Kulturmission. Aber Manchen hören wir fragen: warum opfert man so viele Menschenleben und so viele Millionen für jene fernen, werthlosen Länder? Die Geschichte mag darauf Antwort geben. In nicht mehr weiter Ferne schimmert den Kriegern der märchenhafte Glanz Indiens entgegen, und wie er einst kühne Seefahrer hinausgelockt hat auf die wilden Fluthen des Oceans, so treibt er heute ein anderes, gleich kühnes Geschlecht vorwärts durch unwirthliche Steppen und Wüsten. Die Linie der afghanisch-russischen Grenze werden wir Dank den Bemühungen der Diplomaten vielleicht bald in ihrem genauen Verlaufe erfahren; wer kennt aber die Grenze des Ehrgeizes der Völker, den weder Siege zu befriedigen, noch Niederlagen zu dämpfen, noch Jahrhunderte zu mäßigen vermögen? Siegfried.     




Blätter und Blüthen.


Wandlungen der Pflanzenblätter. Daß kein Blatt auf der Welt einem andern gleich sei, daß zwischen zwei noch so ähnlichen von derselben Pflanzengattung das scharf spähende Auge unterscheidende Merkmale entdecken kann, das wußten die Meisten noch vor Leibniz’ Zeiten, der jenen Gedanken zuerst niedergeschrieben und gedruckt haben soll. Neu dürfte es dagegen Vielen sein, daß jedes Blatt nicht eine Stunde sich selbst gleich bleibe, daß es sich chamäleonartig ohne Unterlaß verändere und in dem immerwährenden Stoffwechsel dem Gange der Sonne und den Schwankungen der Temperatur mit größter Empfindlichkeit folge. Und doch sind diese Veränderungen nicht nur von wissenschaftlichem Interesse, sondern auch von hoher praktischer Bedeutung für Alle, die da säen und ernten und die Pflanzenblätter als Genußmittel für Menschen und als Futter für Thiere verwenden. Bei dem Sonnenaufgange, im Sommer zwischen vier bis fünf Uhr Morgens, enthält das Blatt keine Stärke, erst unter der Einwirkung von Licht und Wärme bildet sich in denselben neuer Stärkevorrath, der naturgemäß am Abend sein Maximum erreicht und während der Nacht von den Blattzellen zersetzt, zumeist in Zucker verwandelt und durch den Blattstiel in den Stamm der Pflanze fortgeführt wird.

So arbeitet die Pflanze bei Tag und Nacht, und die Massen von Stärke, die sie producirt, sind keineswegs gering, denn ein Quadratmeter Blattfläche erzeugt im Hochsommer täglich 20 Gramm Stärke, sodaß eine Sonnenrosenpflanze täglich 36 und eine Kürbispflanze 185 Gramm Stärke produciren kann. Wie groß muß da die Produktion einer in der Fülle ihrer Kraft strotzenden Eiche sein, welche Summe von Kraft wirkt wohl in dem anscheinend so stillen Laubwalde, dessen schattiges Dach unzählige Millionen von fleißigen Blättern bilden! Solche Betrachtungen fesseln unser Interesse und befriedigen den Wissensdurst, aber sie sind auch von praktischem Werthe, wie wir es schon angedeutet haben.

Wenn der Gehalt des Blattes an wichtigen Nahrungsstoffen so sehr wechselt, ist es da gleichgültig, ob wir die Seidenraupe mit Blättern des Maulbeerbaumes füttern, die am frühen Morgen oder späten Abend gepflückt wurden? Oder wenn wir Thee und Tabak ernten, ist dann der Werth der Morgen- und Abendlese der gleiche? In dem Tabaksblatte dürfte die große Menge von Stärke dem Konsumenten lästig sein, dabei aber macht sie die Waare schwerer und dadurch nicht nur schlechter, sondern auch theurer.

Wir sehen schon an diesen Beispielen, daß die Kenntniß der inneren Wandlungen der Pflanzenblätter den Ausgangspunkt wichtiger Erwägungen bildet, deren Werth vorläufig noch nicht abzumessen ist. Wir wollen auch darum anerkennend den Namen des Forschers, des bekannten Pflanzenphysiologen J. Sachs, hervorheben, der jene Untersuchungen angestellt und die Aufmerksamkeit der Landwirthe auf jene geheimen Vorgänge im Pflanzenreiche gelenkt hat. – i.     


Hohes Alter. Zu dem vielgepriesenen Segen der „guten alten Zeit“ und der guten alten Sitten gehört auch das hohe Alter, welches unsere Vorfahren erreicht haben sollen und das, wie man behauptet, höher war als dasjenige, welches die durch Kultur verdorbenen Menschen gegenwärtig als die Grenze ihres Lebens bezeichnen müssen. Namentlich aus der Geschichte Roms und Griechenlands werden viele angesehene Männer genannt, die länger als ein Jahrhundert gelebt haben. Interessant ist es nun, an der Hand der modernen Statistik zu erfahren, daß dieses Alter auch in unserer raschlebigen Zeit keineswegs eine große Seltenheit bildet. Prüfen wir einmal die Sterbestatistik Preußens und greifen nur ein einziges Jahr heraus, das Jahr 1883! Da sehen wir, daß unter den Gestorbenen in diesem Jahre allein 683 Männer und 1073 Frauen 90 bis 95 Jahr, 124 Männer und 245 Frauen über 95 bis 100 Jahre und 34 Männer nebst 75 Frauen über 100 Jahre alt waren. Noch auffallender erscheint uns der Vergleich der durchschnittlichen Lebensdauer zwischen dem Alterthume und unserer Zeit. Ein Menschenalter betrug nach griechischer Rechnung 331/3 Jahr. Man berechnete dasselbe in neuester Zeit nach denselben Principien und kam zu dem überraschenden Resultate, daß dasselbe jetzt 33,06 Jahre beträgt. Die Kunst alt zu werden ward somit im Alterthum nicht besser geübt, als heutzutage. – i.     


Das Sanskrit als Handelssprache im 19. Jahrhundert. Gewöhnlich hält man das Sanskrit für eine todte Sprache, doch berichtet Professor F. Reuleaux in seinem sehr interessanten Buche „Eine Reise quer durch Indien“, daß das Hauptbuch des indischen Kaufmanns überall in Nágari, d. i. Sanskrit (wörtlich Stadtschrift), geführt wird. Er hatte Gelegenheit, ein solches Hauptbuch, zu sehen, das „wunderschön geführt war, die Zeichen kalligraphisch tadellos hergestellt“. Die Blätter waren nur auf einer Seite beschrieben, die Zeilen liefen parallel dem Rücken des in biegsame dünne Deckel gebundenen Buches. Für jedes Konto wird ein Folium eröffnet, ist dieses voll, so wird eine Allonge angeklebt, so daß größere Konti recht lange Leporellozettel bekommen. Doch nur das Hauptbuch wird in Sanskrit, die untergeordneten Bücher sind dagegen in Hindi geschrieben und weisen auch die gewöhnliche Buchform auf. – r.     



Allerlei Kurzweil.


Magisches Tableau:
Der zerbrochene Spiegel.

Scherz-Räthsel.
Wer entnimmt aus meinem Gesichte und Namenszuge, wie ich heiße?





Auflösung der Schachaufgabe Nr. 2 in Nr. 17:

     Weiß        Schwarz
1. S g 7 – f 5   K e 4 – f 5
2. D e 8 – d 7        beliebig
3. D oder S matt.  

Varianten: a) 1. ..., f 7 : S e 6; 2. L d 1 – c 2 †, K e 4 – f 3 oder d 5; 3. D e 8 – h 5 resp. b 5 matt; b) 1. ..., K e 4 – d 5 oder d 3; 2. D e 8 – b 5 † etc.


Kleiner Briefkasten.

(Anonyme Anfragen werden nicht beantwortet.)

M. L. in P. Vor Kurzem hat Frl. Lamprecht einen Verein deutscher Privatlehrerinnen in Paris gegründet, der ähnliche Zwecke verfolgt wie der bekannte und in der „Gartenlaube“, Jahrg. 1882, Nr. 13, S. 208, erwähnte Verein in London. Nähere Auskunft zu ertheilen, sowie Beitrittserklärungen und Beiträge anzunehmen, ist Frl. B. von der Lage, Berlin SW. Tempelhofer Ufer 12, von dem Komité ermächtigt. Alle Anfragen und Sendungen vom Auslange sind an Frl. Lamprecht, Paris, 40 rue St. Ferdinand aux Ternes zu richten.

B. in Detmold. Die beiden vom Schriftsteller Dr. Karl Ruß in Berlin herausgegebenen Blätter „Isis“, Zeitschrift für alle naturwissenschaftlichen Liebhabereien und „Die gefiederte Welt“, Zeitschrift für Vogelliebhaber, -Zücher und -Händler sind durch Verkauf in den Verlag der Creutz’schen Buchhandlung in Magdeburg (Inhaber die Herren R. u. M. Kretzschmann) übergegangen und werden von Dr. Karl Ruß in der bisherigen Weise fortgeführt.

Anfrage. Wer kauft gebrauchte Korke, Stahlfedern, Cigarrenabschnitte, alte Glacéhandschuhe, alten Gumme etc.? Einige Vereine, die solche Abfälle zu wohlthätigen Zwecken sammeln, ersuchen uns um Angabe von Käuferadressen.

Dr. M. in Ddf. Ihren beachtenswerthen Vorschlag, die zumeist kahlen Wände der Wartesäle unserer Bahnhöfe mit dem Bildnisse George Stephenson’s, des Vaters der Eisenbahnen, zu schmücken, übergeben wir hiermit der Oeffentlichkeit.

Stille Pfarrerstochter in B. bei M. Aus Büchern kann man nicht lernen, wie man mit kleinen Kindern umgehen soll. Das lernen Sie am besten in einer kinderreichen Familie unter Anleitung einer praktischen Mutter. Sonst empfehlen wir Ihnen: „Ranke, die Erziehung und Beschäftigung kleiner Kinder in Kleinkinderschulen und Familien.“ Elberfeld 1870.

H. K. in S. Ub Fikge unsrer in Nr. 7 abgedruckten Antwort meldet ich bei uns das Briefmarkengeschäft von G. Zechmeyer in Nürnberg mit der Erklärung, daß es gebrauchte deutsche Briefmarken mit Ausnahme der rothen 10-PFennig-Marken kaufe.

H. in Mockba. Nicht verwendbar.

K. B. in St. Arnstadt i. Th.

Hermann in G., Eva, A. W. in M., P. H. in C.: Nicht geeignet.

H. Sch. in Hamburg. Vergleichen Sie gefälligst das Hamburger Adreßbuch.

M. D. Die Dame lebt in Sondershausen.

Pase. Vergleichen Sie gefälligst Jahrgang 1867, Seite 655.

Dr. –t in –zi. Sie müssen in Deutschland ein Staatsexamen ablegen.



Inhalt: Die Frau mit den Karfunkelsteinen. Roman von E. Marlitt (Fortsetzung). S. 289. – Bei der Musi’. Gedicht von Karl Stieler. S. 294. Mit Illustration S. 293. – Der Stil in der Wohnung. Von Ferdinand Avenarius (Schluß). S. 294. – Das Jubiläum eines Liedes. Von Karl Siegen. Mit Illustration. S. 296. – Karl Stieler. † 12. April 1885. Von M. Haushofer. Mit Portrait. S. 297. – Unter der Ehrenpforte. Von Sophie Junghans (Fortsetzung). S. 299. Mit Illustration S. 301. – Das russisch-afghanische Grenzgebiet. Von Siegfried. S. 302. – Blätter und Blüthen: Wandlungen der Pflanzenblätter. – Hohes Alter. – Das Sanskrit als Handelssprache im 19. Jahrhundert. – Allerlei Kurzweil: Magisches Tableau: Der zerbrochene Spiegel. – Scherz-Räthsel. – Auflösung der Schachaufgabe 2 in Nr. 17. – Kleiner Briefkasten. S. 304.



Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1885, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_304.jpg&oldid=- (Version vom 30.6.2021)