Seite:Die Gartenlaube (1885) 415.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

anmuthige Landschaftsbilder. Schon das Bad selbst ist sehr malerisch gelegen und bietet anziehende Veduten innerhalb seines Weichbildes. Dazu trägt besonders der tiefe Einschnitt des durchströmenden Baches bei. Ueber ihn hinweg sieht man vom Kurgarten aus die Albrechtshalle mit ihrem säulengetragenen Vorbaue, darüber den schöngeformten Thurm der Kapelle Maria Einsiedel. Ein reizendes Bild giebt das Bielathal vom Garten der beiden Generalhäuser und ihrer schmucken Veranda aus gesehen: die Mühle an der schäumenden Fluth, tief unten im Vordergrunde hohe Gebäude, weiterhin das Seitenberger Thal, im Hintergrunde der Schneeberg, der den schönen Grund majestätisch abschließt. Einen weiteren Rundblick, aber nicht von so intimem Reize, bietet die in den anmuthigen neuen Anlagen gelegene Prinzessin-Karls-Höhe.

In die Waldberge ringsum führen überall Promenadenwege, mit Bänken versehen und mit Angabe der Entfernung. Die Einrichtungen der Musteranstalt des Dr. Brehmer, Görbersdorf in Schlesien, haben an verschiedenen Orten verdiente Nachahmung gefunden. In meist bequemen Krümmungen steigen die Waldwege die steilen Höhen hinan. Da giebt es allerlei Felswunder, wie den Schollenstein, hoch oben den weit sichtbaren Dreiecker, den Zollernfels, den schönsten Aussichtspunkt, von wo der Blick nach der einen Seite den Landecker Thalkessel mit Stadt und Bad übersieht, auf der andern den hochragenden Schneeberg, seine Nachbarberge und das Thal der Biela mit seinen Schlössern, Fabriken und dicht die Hand sich reichenden Dörfern. Höher liegen, vom dichten Walde überwuchert, die Trümmer des alten Raubschlosses Karpenstein, das zweimal von dem Adel und von den Städten Schlesiens zerstört wurde. Einstmals gehörte Landeck den Schloßherren, die dort oben hausten. Wer aber nicht auf die Berge klettern will, der wandert die Promenadenwege im Thal zum Waldschlößchen oder schöpft frische Waldluft im Waldtempel, am rauschenden Bache oder in der offenen Schweizerhalle, wo zwei kräftige Appenzellerinnen, echte Alpentöchter, die Gäste bedienen. Das ist hier ein lauschiges Plätzchen, wenn nicht Musik die lärmende fashionable Welt versammelt, und wer unter dem hohen Kuppeldache des Badetempels seine Nerven beruhigt hat, der mag hier unter dem Tempeldache des Waldes beim Rauschen der Bäume und beim Murmeln des Baches das erquickende Gefühl der Genesung mit doppeltem Behagen empfinden.

Rudolf von Gottschall.     

Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit.

Eine Maschinenküche. Wir Deutsche sind, gleich den Amerikanern, im Erfinden von Küchen- und Hausgeräthen unermüdlich. Ungezählt sind die in den letzten Jahren ausgeheckten Wasch- und Wringmaschinen, Messerputzmaschinen, Obstentkerner, Schälapparate, Kochmaschinen und Kochtöpfe, Flaschenspülvorrichtungen und wie die Geräthe alle heißen mögen. Unseres Wissens ist aber bisher kein Speisewirth im Deutschen Reiche oder im Lande der Yankees auf den Gedanken gerathen, bei den Vor- und Schlußarbeiten in der Küche die Menschenhand nahezu systematisch auszuschließen und obendrein die verschiedenen Küchenapparate durch Gasmotoren direkt oder unter Einschiebung von dynamo-elektrischen Maschinen zu treiben. Dieses Verdienst gebührt dem Pariser Restaurateur Marguery. Verdienst sagen wir. Nicht daß wir für die Maschinenarbeit an sich sonderlich eingenommen wären, sondern weil, wie wir sehen werden, die Sauberkeit, eine bei dem Küchenbetriebe im Großen nur zu oft vermißte Tugend, dabei entschieden gewinnt.

Der Genannte ist der Besitzer eines ausgedehnten Speisehauses, in welchem täglich an tausend Personen den Hunger und Durst zu stillen pflegen. Da kann man sich denken, daß die Küche allein eine zahlreiche Schar von dienstbaren Geistern beschäftigt. Hier werden Gemüse aller Art geputzt, Kartoffeln geschält und zerquetscht, Knochen zerrieben, Krebsschwänze und Schalen zerpulvert etc., während andere Abtheilungen mit Abwaschen der Teller und Gläser, mit dem Putzen von Messern und Gabeln, mit dem Spülen der leeren Flaschen die Hände voll zu thun haben. Daß bei einem so großen Betriebe nicht Alles immer hergeht, wie es sein soll, versteht sich von selbst. Die Materialvergeudung ist eine ungeheure, und das jahraus jahrein zerbrochene Geschirr allein repräsentirt ein kleines Kapital.

Teller-Waschmaschine.

Schließlich wurde es selbst dem doch abgehärteten biederen Marguery zu toll und Staatsstreichgedanken reiften in seinem Gehirne. Von dem Gedanken zur That war nur ein Schritt, und der Rubikon ward kühnen Muthes überschritten. Eines schönen Tages erschien ein Bataillon Arbeiter, welches in dem Hause Alles umkehrte. Bald drehten sich im Keller zwei Gasmaschinen, die ihrerseits mittelst Treibriemen oder gar elektrischer Leitungen mit einer stattlichen Reihe mechanischer Küchenmädchen und Küchenjungen in Verbindung gesetzt wurden. Dort in der Ecke arbeitet jetzt emsig ein kleiner Apparat, welcher die ihm anvertrauten Knochen im Nu zerkleinert; weiterhin dreht sich ein Maschinensieb, dem Marguery’s Gäste die sicherlich unübertrefflichen Saucen und Puréen verdanken, welche mit möglichst unverständlichen Bezeichnungen auf der Karte prangen.

In einem anderen Raume erblicken wir eine ebenfalls durch die Gasmaschine getriebene Kaffee-Röst-Trommel sowie in der eigentlichen Küche zahlreiche Spieße, welche sich mit der größten Regelmäßigkeit drehen.

Noch interessanter sind die Reinigungsmaschinen. Zwar bietet der Messerputz-Apparat an sich nichts Besonderes; desto eigenthümlicher ist die hier abgebildete Tellerwasch-Maschine, welche acht Teller mit einem Male gründlich reinigt. Der von dem Arbeiter in die Maschine gesteckte unreine Teller wird sofort am Rande von einem dreizackigen Greifer gepackt und in kochendes Wasser getaucht, worin er eine Weile verbleibt und dabei tüchtig gerüttelt wird, damit sich die Fetttheile ablösen. Der Teller geräth alsdann von selbst unter Bürsten, die ihn energisch bearbeiten, und gelangt alsdann in fortwährend erneuertes kaltes Wasser, wo er von allen Unreinigkeiten vollends befreit wird. Derselbe Arbeiter ergreift ihn endlich mit der linken Hand und steckt ihn in die rechts sichtbare Abtropf-Vorrichtung. Die Maschine wäscht an 4000 Teller täglich ab und bietet den großen Vortheil, daß das Geschirr stets von frischem Wasser bespült wird, niemals mit einem bereits gebrauchten Spülwasser in Berührung kommt. Auch zerbricht sie, im Gegensatz zu den meisten Dienstmädchen, nichts.

Die in demselben Etablissement aufgestellte Flaschenspülmaschine ist nicht blos an sich, sondern auch durch den Umstand interessant, daß sie von einer kleinen, dynamo-elektrischen Maschine getrieben wird. Die Flaschen drehen sich in dem Apparat 300 Mal in der Minute, was so viel heißt: jeder Theil der Wandung kommt während des 36 Sekunden dauernden Aufenthaltes in der Maschine mit den Bürsten etwa 180 Mal in Berührung! Wenn das nicht genügen sollte, so müßte man auf die Flaschenreinigung überhaupt verzichten. Die Spülung erfolgt mit stets frischem Wasser; ebenfalls ein Vorzug, der ins Gewicht fällt. Mit Hilfe des Apparates können zwei Mann und ein Junge stündlich 400 Flaschen reinigen. Auch diese Maschine zerbricht nichts und liefert Alles unversehrt wieder ab. Daran mögen sich Küfer und Küchenfeen ein Beispiel nehmen!

G. van Muyden.     

Knopflochapparate an Nähmaschinen. Wie eine gelehrige Schülerin unter guter Leitung überraschende Fortschritte macht, so wird auch die „eiserne Nähmamsell“, die Nähmaschine, von Jahr zu Jahr vollkommener und bietet jetzt Leistungen, die unerreichbar schienen. Die schwierigsten Probleme der Nähkunst werden allmählich von der Technik überwunden, und selbst der Zierstich und die überwendliche Naht, die noch vor Kurzem nur von Menschenhand ausgeführt werden konnten, sieht man heute mit staunenerregender Sicherheit unter dem Räder- und Hebelwerk kleiner Apparate entstehen. So ist es auch mit dem mühseligen und zeitraubenden Nähen der Knopflöcher geworden. Schon seit längerer Zeit waren zwar Apparate entstanden, welche der Frauenhand diese Arbeit abnahmen und die besten Knopflöcher in kürzester Zeit lieferten. Diese Maschinen konnten jedoch nur in größeren Etablissements angewandt werden, da ihr Preis für den Familiengebrauch zu hoch war.

Aber auch diesem Uebelstande wurde abgeholfen; man ersann kunstreiche Apparate, die mit den gewöhnlichen Nähmaschinen in Verbindung gebracht wurden, deren Preis ein verhältnißmäßig niedriger ist und die

zu jeder Zeit den Zierstich, die überwendliche Naht und das Nähen der

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Leipzig: Ernst Keil, 1885, Seite 415. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_415.jpg&oldid=- (Version vom 27.3.2024)