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verschiedene: Die Gartenlaube (1885)


Blätter und Blüthen.

Schmückung der Kriegergräber bei Metz. Eingedenk der Mahnung Theodor Körner’s in seinem patriotischen „Aufruf“:

„Doch stehst Du dann, mein Volk, bekränzt vom Glücke,
In Deiner Vorzeit hellem Siegerglanz:
Vergiß die treuen Todten nicht und schmücke
Auch uns’re Urne mit dem Eichenkranz!“

hat es der Turnverein zu Metz auf seine Fahne geschrieben, der im Jahre 1870 vor Metz gefallenen Krieger durch Schmückung ihrer Gräber zu gedenken.

Als kurz nach dem Friedensschlusse der jung gegründete deutsche Verein seine ersten Turnfahrten auf die Schlachtfelder unternahm, da entsprang beim Anblicke der Tausende von weißen Kreuzen wie aus Einem Herzen der Wunsch, das Gedächtniß der tapferen Helden, welche hier ihren ehrenvollen Tod für das Vaterland fanden, durch Niederlegung frisch gewundener Eichenkränze auf ihre Gräber zu feiern.

So entwickelte sich nach und nach der schöne Brauch, jährlich in den Augusttagen eine Gedenkfeier durch Schmückung der Kriegergräber abzuhalten. Nach und nach drang die Kunde davon in alle Gaue Deutschlands, und von nah und fern gingen dem Verein alljährlich in wachsender Anzahl Kränze von Angehörigen gefallener Krieger, von Vereinen und Kameraden zu, die alle ihrer Bestimmung gemäß auf den betreffenden Gräbern niedergelegt wurden, obwohl es oft keine geringe Mühe erforderte, dieselben aufzufinden. Herzerhebend und wahrhaft rührend sind oft die Briefe, welche jene Liebesgaben für die theuren Todten begleiten.

Der Dienst, welchen der Verein solcher Weise den ferne weilenden Angehörigen erweisen konnte, wurde in seinem Werth noch erhöht durch die Nachricht, welche allen Auftraggebern über die erfolgte Niederlegung, über den Zustand der Gräber etc. ertheilt wurde.

Leider ist es ja nur Wenigen vergönnt, die Grabstätten ihrer gefallenen Angehörigen selbst zu besuchen, und so ist es mit Freuden zu begrüßen, daß Alle die Vermittelung des Turnvereins vertrauensvoll in Anspruch nehmen können. Unter der Adresse „Metzer Turnverein (Vereinslokal Zureich)“ erreichen alle Aufträge ihre Bestimmung.

Für dieses Jahr wurde der 16. August zur Hauptgedenkfeier bestimmt, an welchem Tage außer den von auswärts eingehenden eine große Anzahl vom Turnverein gestifteter Kränze auf den Kriegergräbern niedergelegt werden. Aber auch außer dieser Zeit eingehende Aufträge werden gern erledigt werden.

Hervorzuheben ist noch, daß schon seit Jahren auch der Metzer Kriegerverein in gleich pietätvollem Wirken mit dem Turnverein wetteifert. Wünschen wir, daß bald alle in Metz ansässigen Deutschen sich an der Sitte betheiligen, um so eine der großen Vergangenheit würdige Gedenkfeier der unvergeßlichen Augusttage auf künftige Geschlechter zu vererben! G. F.     


Selige Tage, Tage der Jugend. (Mit Illustration S. 472 u. 473.) Gebirge und See, das sind die alten Heimstätten der Romantik, nicht nur für Dichtung und Kunst, auch in der Wirklichkeit. Hoch im Waldgebirge, auf dem blinkenden Spiegel des klaren Wassers weitet sich die Seele, erhebt sich der Sinn, da verliert die Phantasie sich in ein seliges Träumen. Anders aber entfaltet sich alles Sinnesleben in glücklicher Jugendzeit, in jener Frühzeit des Lebens, in der selbst ernstere Herzensempfindungen noch ruhen oder höchstens als unbestimmtes Sehnen das Gemüth durchziehen. Und anders wieder genießt man die seligen Tage der Jugend im ernsten, kalten Norden, anders in dem Zauberlande südlich der Alpen, wo der Sinn freier, das Leben leichter und fröhlicher, wo das ganze Volk ein kindlicheres ist, das in frohem Behagen dahinlebt.

Wenn der Abend seine schrägen Lichtstreifen über den See am Südfuße der Alpen wirft, wenn eine Fülle goldigen Sonnenglanzes durch die Landschaft fluthet, die Hitze vom sanften Abendwinde gemildert wird und allmählich die kräftigen Farbentöne in sanftes Stahlblau übergehen, dann wandelt die Schar junger, eben aufblühender Mädchen hinab durch die schattigen Gänge des Parks dem Gestade zu. Von den blühenden Oleanderbäumen. dem Rosenstrauch und purpurnen Granaten raffen die lieblichen Geschöpfe Blüthenmassen zusammen, die Guitarre wird nicht vergessen, wenn sie den an der Anlände befestigten Nachen lösen und sich hinaustreiben lassen in die Kühlung aushauchende Fluth. Die Ruder werden kaum bewegt, gilt es doch nicht der Erreichung eines Zieles, sondern nur dem wohligen Genießen des herrlichen Abends in großartiger Natur.

Die Gespielinnen lauschen dem Vortrage eines Gedichtes, dem Gesang eines jener entzückenden Volkslieder, mehr aber als dieser gelegentlichen Unterhaltung geben sie sich dem beseligenden Gefühle ihres Jugendglückes, jenem süßen träumerischen Nichtsthun hin, das so nur die sorgen- und pflichtenlose Jugend genießt. Unbenutzt liegt die Laute im Nachen, man achtet nicht der Blumen, die hinab ins Wasser fallen, die Ruder entgleiten den zarten Händen: das ist ein Stück jener echten, wahren Romantik, wie sie nur der glücklichen Jugend beschieden wird.

Tiefer senken sich die Schatten, immer weiter treibt der Nachen in die Fluth hinaus, Einsamkeit und Stille umgeben die glücklichen Kinder, die weltvergessen in Seligkeit schwelgen. Mag man daheim sich sorgen, auf die Rückkehr warten, ihnen schlägt keine Stunde, sie denken an keine Gefahr, denn das wissen sie ja, das gütige Geschick schirmt die glückliche Jugend. Wenn die silberne Mondsichel über den Alpenketten hinaufsteigt, hat ja ein leichter Ruderschlag sie wieder an die Landebrücke des Parkes geführt, der berauschende Duft der Blüthenmassen strömt ihnen entgegen, Lichter erglänzen in der Halle, die jugendliche Romantik hört auf, aber nicht das Glück, das der Jugend treu bleibt in der Einsamkeit auf dem stillen See, wie im schimmernden Festsaale; selige Tage, scheinbar ohne Ende und doch so vergänglich! Fritz Wernick.     


Das Frühstück der Mäher. (Mit Illustration S. 481.) Ein heißer Sommertag liegt über der weiten, fruchtbaren Ebene, auf die der Himmel in durchsichtiger Bläue herniederlacht. In der Ferne, halb verdeckt durch das Grün der Bäume, grüßen die freundlichen Häuser des Dorfes herüber. Dasselbe liegt am Flusse hingestreckt; man erkennt das an den schwellenden Segeln, welche – die Dächer überragend – auf den Fluthen ihre stille Straße ziehen. Ruhe und Frieden allüberall; nur jenes geheimnißvolle Weben der Natur, jenes unbestimmte Singen und Summen von Millionen Insekten, welche zur Zeit des Hochsommers Erde und Luft bevölkern, dringt an unser lauschendes Ohr. Eben vernahm dasselbe noch das klingende Geräusch, welches beim Schleifen der Sensen der Wetzstein auf dem Eisen hervorbringt; jetzt ist auch dieses verstummt.

Die fleißigen Arbeiter ruhen von dem mühevollen Schaffen aus. Die Sensen haben sie an den Zaun gelehnt, um sich in der Nähe desselben zu lagern, Alt und Jung, Alle im Kreise um das weiße Leintuch, auf dem die Tochter des Bauern die Herrlichkeiten ausgebreitet hat, die das Frühstück der hungrigen Gesellschaft bilden sollen. – Dieses Motiv hat sich Ernst Henseler zu seinem Bilde „Das Frühstück der Mäher“ gewählt.

Bis jetzt kannten wir erst ein größeres Bild dieses talentvollen, jungen Künstlers: „Socialdemokrat Donnermaul vorlesend“; auch dieses erregte seiner Zeit durch seinen „berechtigten Realismus“ das Aufsehen aller Kunstfreunde, es war nur in der Technik noch zu wenig fein durchgearbeitet, die überaus charaktervollen, lebenswahren Gestalten waren mit zu festen Pinselstrichen ausgeführt. Bei seinem neuen Werk hat Ernst Henseler diese Fehler vermieden, dagegen sind die Vorzüge, welche jenes Bild hatte, auch diesem eigen. F. 


Kleiner Briefkasten.

J. Tr. in W. Zur Erinnerung an Levin Schücking, der wohl, außer in Ihrem Kreise, noch bei vielen andern Lesern der „Gartenlaube“ durch seine gehaltvollen und fesselnden Romane in guter Erinnerung lebt, soll, wie s. Z. zum Andenken an Annette von Droste-Hülshoff, an einem geeigneten Orte Münsters eine Marmorbüste errichtet werden. Beiträge sind zu richten an den Chefredakteur der „Rheinisch-Westfälischen Zeitung“, Herrn Diedrich Bädeker in Essen a. d. R.


Inhalt: Trudchens Heirath. Von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 469. – Unser Junge beim Momentphotographen. Illustration. S. 469. – Burgen in Bozens Umgebung. Von Ignaz Zingerle. S. 474. Mit Illustrationen S. 474, 475 und 476. – Unruhige Gäste. Ein Roman aus der Gesellschaft. Von Wilhelm Raabe (Fortsetzung). S. 477. – Gordon in Khartum. Eine Charakterskizze nach seinen Tagebüchern. S. 480. – Das Goethe-Archiv und die Goethe-Gesellschaft. Von G. von Loeper. 483. – Blätter und Blüthen: Schmückung der Kriegergräber bei Metz. S. 484. – Selige Tage, Tage der Jugend. Von Fritz Wernick. S. 484. Mit Illustration S. 472 und 473. – Das Frühstück der Mäher. S. 484. Mit Illustration S. 481. – Kleiner Briefkasten. S. 484.




Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.

In unserem Verlage ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:

Bei Friedrich Karl.

Bilder und Skizzen aus dem Feldzuge der zweiten Armee.
Von Georg Horn.
Berichterstatter im Hauptquartier Seiner königlichen Hoheit des General-Feldmarschalls Prinzen Friedrich Karl von Preußen.
2 Bände. 0 gr. 8. 01872. 0 Preis 6 Mk.

Bei dem durch den Tod des Prinzen Friedrich Karl neuerdings geweckten Interesse für das Leben und die Thaten des heldenmüthigen Heerführers dürfte ein Hinweis auf obiges, in unserem Verlage erschienenes Buch, welches Georg Horn, den Berichterstatter der „Gartenlaube“ bei der zweiten Armee im Deutsch-Französischen Kriege, zum Verfasser hat, unseren Lesern angenehm sein.

Dasselbe entrollt ein lebensvolles, unter dem unmittelbaren Eindrucke der gewaltigen Ereignisse hervorgerufenes Bild der großen Zeit und ihrer Heldenthaten.

Leipzig, im Juli 188S. Ernst Keil’s Nachfolger. 


Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
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