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verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

Kleine Bilder aus der Gegenwart.

Wettfahrt von Segelschlitten auf dem Müggelsee bei Berlin.

Der Wassersport hat in Berlin in den letzten Jahren einen ganz bedeutenden Aufschwung genommen. Wie Pilze schießen immer neue Ruder- und Segelvereine empor. Das Wassergebiet der Oberspree eignet sich auch vortrefflich zur Ausübung dieses Sportes; die großen Seen und seeartigen Erweiterungen der Spree bieten die günstigsten Flächen dar, besonders für festliche Veranstaltungen der verschiedenen Klubs, in denen das Bootsmaterial in Konkurrenz treten kann. Selbst der Winter, welcher sonst diesen Vergnügungen ein Ziel setzte, wird jetzt verwerthet, um einem Sportzweige dieser Richtung: dem Segelschlittenfahren, zu dienen. Einige der letzten sehr strengen Winter, welche alle Wasserflächen stets mit etwa 18 Zoll starkem Eise bedeckten, führten diesem schon lange bekannten, aber wenig geübten Eissegeln neue zahlreiche Freunde zu, so daß sich die Anzahl der Schlitten sehr vermehrte. Besonders die mächtige Fläche des bei Köpenik gelegenen Müggelsees eignet sich vorzüglich zu dem gedachten Zwecke.

Hier entstand auch die Idee, Wettfahrten der Schlitten zu veranstalten, und da der Versuch im vorigen Jahre über Erwarten glückte, so wurden im laufenden Winter zahlreiche Fahrten beschlossen und werthvolle Preise für die schnellsten Segler ausgesetzt. Eine solche Wettfahrt giebt das obenstehende Bild wieder. Das Publikum ist in beträchtlicher Zahl aus Berlin herbeigeströmt, die Mehrzahl hat die Fahrt auf Schlittschuhen hinausgemacht. Viele begleiteten die Schlitten während der Wettfahrt, so gut es ihnen eben möglich war, denn der Wind wehte scharf, und die Eisjachten sausten pfeilgeschwind über die spiegelblanke Fläche. Die Bahn ist mit Strohwischen abgesteckt, um Unglücksfälle zu verhüten, da die Fischer zahlreiche Löcher in den See zu schlagen pflegen. Einigen Schlitten passirte es, daß sie umschlugen, zum großen Ergötzen des Publikums, da die Insassen einen Schaden nicht genommen hatten. Die Segelschlitten bestehen aus zwei über einander gesetzten, mit Stützen verbundenen viereckigen Gestellen, welche nach hinten spitz zulaufen. Sie ruhen auf drei Fußgestellen; die beiden vorderen sind unbeweglich, das Hintere dagegen, welches als Steuerung dient, kann nach verschiedenen Richtungen hin bewegt werden. An unsrer Ostseeküste, namentlich in Pommern, sind derartige Schlittenfahrten auf dem Eise längst bekannt, und sie dienen zum großen Theil praktischen Zwecken. Von manchen weht sogar die Regierungsflagge herab; es sind dies Zollschlitten, welche auf Schmuggler scharfe Jagd halten. Die „Gartenlaube“ hat schon einmal im Jahrg. 1880, S. 144, diese „Küstenfahrten auf dem Eise“ ihren Lesern geschildert.

E. Hosang.




Speranza.
Novelle von A. Schneegans.
(Fortsetzung.)


Nicht zu dem armen Hirtenknaben zogen Schwester Speranza’s Gedanken hin in dieser langen, langen Nacht; in andere Ferne schweifte ihre wache Seele. In ihrem jungfräulichen, sonnenbeleuchteten Gemach, wo an den Wänden die lachenden Himmelsstrahlen ein so fröhliches Licht über die auf schimmernden Goldgrund gemalten Märchenvögel und sarazenischen Wunderblumen warfen, trat jetzt der Vater wieder vor sie hin, und streng klang seine Stimme wie damals wieder: „Blandina! der Sohn des spanischen Herzogs von Gonzaga erdreistet sich, um die Hand einer sicilischen Fürstentochter zu werben. Deiner Einwilligung behauptet er sicher zu sein. Lüge ist des Spaniers Wort. Wisse, was ich ihm antwortete: ‚Den Namen ihres Vaters und Siciliens Ehre befleckt meine Tochter nicht, und mit dem Eroberer vermischt sich sicilisches Blut nur auf dem Schlachtfelde!‘ – Sprich, Blandina; hatte Dein Vater Unrecht?“

Des Vaters Kniee umklammerte laut weinend das Mädchen: „Vater! laß Dein Kind nicht wortbrüchig werden und in Jammer und Kummer vergehen! Meine Liebe schwur ich ihm zu. Nur ihm allein will ich angehören!“

Schwer aber legte sich des Vaters Hand auf ihre Schulter:

„Und einen Schwur that auch ich, und wortbrüchig wird ein sicilischer Fürst nimmermehr! Am Tage, als die Spanier dieses mein Land betraten und ein Spanier unsere Königskrone

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verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1887, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_029.jpg&oldid=- (Version vom 13.3.2023)